Der Intellektuelle, der klug genug war, sich nicht dafür zu halten. Joachim Kath
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Название: Der Intellektuelle, der klug genug war, sich nicht dafür zu halten

Автор: Joachim Kath

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783847659433

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СКАЧАТЬ die Zielsetzung, also das, was ich erreichen will. Wenn ich ein Haus bauen will, brauche ich ein Grundstück und einen architektonischen Entwurf und ein Fundament und Kapital. Es müssen immer sehr viele sinnvolle Entscheidungen getroffen werden, die sinnvoll ineinandergreifen. Wenn ich eine Firma gründen will auch, oder eine Familie. Um bei dem Tennis-Beispiel zu bleiben: Ich will im Prinzip so gut spielen können, dass es mir Spaß macht. Dazu muss ich die verschiedenen Schläge wie Vorhand, Rückhand, Aufschlag, Volley nicht perfekt, aber doch ziemlich sicher beherrschen. Das ist mein Ziel! Daran arbeite ich. Drittens an der Konzeption, oder Taktik, wie ich dieses mir selbst gesteckte Ziel am besten erreiche. Das kann man über Trainerstunden verwirklichen, aber ich bin im Grunde meines Herzens ein eingefleischter Autodidakt und setze eben eher auf Spiele gegen gleichwertige oder bessere Gegner. Anfangs habe ich bei Turnieren immer verloren, aber inzwischen gewinne ich auch manchmal. Ja, und viertens, geht es um die Art der Umsetzung des Geplanten und hier habe ich mir einen eigenen Stil ausgedacht. Ich versuche so variabel wie möglich zu spielen, weil die meisten Tennisspieler einen ganz bestimmten Rhythmus haben und den bemühe ich mich frühzeitig zu erkennen und zu durchbrechen.“

      „Das klingt alles ungeheuer rational und total durchgeplant!“

      Jonathan lächelte überlegen und sagte dann: „Ich habe das Spiel so verstanden, dass man den Ball dorthin spielen sollte, wo der Gegner die meisten Schwierigkeiten hat, ihn zu retournieren. Gelegentlich höre ich von Leuten, das wäre gemein, Stopps und Lobs zu spielen. Natürlich gelingt mir nicht alles, aber ich versuche, die dritte Dimension zu nutzen, wenn man mich lässt und nicht zu viel Druck durch schnelle Schüsse auf mich ausübt.“

      „Und haben sich Ihre Ideen ausgezahlt?“

      „Die Realität ist immer anders, als man vorher denkt. Damals vor zwei Jahren, als ich erstmals mit dem Gedanken spielte, mein Leben völlig zu ändern, habe ich nicht berücksichtigt, dass mich ein Journalist, ein hartnäckiger Engländer dazu, der auch noch zum Schriftsteller avancieren will, mit seinen neugierigen Fragen behelligen würde. Allein das hat einiges in mir bewirkt. Außerdem komme ich, was diese irrsinnig schwierige Schlagtechnik im Tennis angeht, viel langsamer voran als ich gedacht habe.“

      „Warum nehmen Sie nicht jetzt doch einmal einen Trainer, um die letzten Feinheiten herauszukitzeln?“

      „Die, von denen ich glaube, vielleicht etwas lernen zu können, sind zu teuer und auf der Profitour mit den Stars unterwegs. Außerdem sind sie gewiss nicht an einem über fünfzigjährigen Narren interessiert, der sich noch nicht zu alt für diesen Sport hält. Die würden doch nur lachen, wenn ich käme. Also soweit bin ich dann doch Realist und außerdem habe ich mich noch nie nach dem gerichtet, was Mode oder Lehrmeinung war.“

      Am nächsten Morgen fuhren Jonathan und ich gleich nach dem Frühstück nach Coral Gables, eine 50.000-Einwohner-Gemeinde, die wie sicherlich einige hundert andere Städte von sich behauptete, die schönste der USA zu sein. Auf ihrem Gebiet befindet sich der Main Campus der Universität von Miami und unmittelbar nördlich davon, umrahmt von Luxusvillen, die beiden Golfplätze Riviera und Biltmore. Letzterer gehörte zum berühmten „The Biltmore Hotel“, einem schloßähnlichen Bau mit dem größten Swimmingpool der Welt. Dieses historische Gebäude ist das Wahrzeichen von Coral Gables, was es nicht davor bewahrte, immer einmal wieder aus finanziellen Gründen von der Spitzhacke bedroht zu sein.

      In dieser sündteueren, extrem gepflegten Wohngegend, direkt neben dem Hotel, stand sie nun, das Objekt von Jonathans Begierde: die größte Tennisübungswand, die irgendein Mensch jemals gesehen hat. Der Professor hatte gehört oder gelesen, dass es üblich wäre, sich an dieser Knallwand einzufinden wenn man keinen Spielpartner hatte, ein paar Bälle zu schlagen und wenn man meinte, zusammen zu passen, ein Match zu vereinbaren. Natürlich musste er unbedingt dorthin. Mir wäre es peinlich gewesen, neben einem wildfremden Menschen an einer Wand Tennis zu spielen und ihn dann vielleicht auch noch anzusprechen. Aber das brauchte er gar nicht. Der andere, der sich bald darauf neben ihm aufbaute und wie wild abwechselnd Vor- und Rückhände gegen die glatte, grüne Betonwand donnerte, ein kräftiger junger Kerl, Typ Produktmanager, schien ganz heiß auf einen Gegner zu sein. Nach noch nicht einmal zehn Minuten packten sie ihre Tennistaschen, mieteten für ein paar Dollars einen Platz, es gab nur Hartplätze, und begannen sich sofort einzuschlagen. Ich war wortlos hinterher getrottet.

      Der andere war, wie sich später herausstellte, kein Produktmanager, sondern Banker, einer von den Investment-Haien, die anderer Leute Geld verspekulieren, wozu Mut gehört. So spielte er auch, immer volles Risiko. Jonathan dagegen, analytisch wie er war, blieb stur bei seinem vorsichtigen Prozent-Tennis, setzte nur die Schläge ein, die er wirklich konnte und gewann deutlich. Der Netzstürmer hatte sich einfach totgerannt, war pausenlos und unvorbereitet in einen Lob nach dem anderen gelaufen, und hatte sonst auf alle Bälle eingeprügelt die in seine Nähe kamen. Ohne auf die Art des Spins zu achten, flogen die Dinger naturgemäß oft über die Grenzen des Platzes. Seine Rechnung mit Power zu gewinnen, konnte so nicht aufgehen.

      Nach dem Matchball forderte er wütend, ich glaube, er hieß tatsächlich Randy, für den nächsten Tag Revanche. „Okay!“ sagte Jonathan, „aber nicht hier, sondern in Key Biscayne. Im International Tennis Center. Ich wollte schon immer mal dort gewinnen, wo es sich auch finanziell lohnt.“

      „Fair genug!“ sagte der schneidige Finanzexperte und „wir sehen uns Morgen früh, nine o’clock sharp!“

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