Das Urvieh. Margret Jacobs
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Название: Das Urvieh

Автор: Margret Jacobs

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783738048070

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СКАЧАТЬ und zu aufgegeben, auch nur einen Gruß mit ihr zu wechseln. Diese Frau musste man einfach ignorieren.

      Mist! Der Pastor hatte ihn gesehen. Jetzt konnte er nicht einfach still heimlich durch den Hinterausgang verschwinden. Sein Dienst machte es manchmal erforderlich, Dinge für die Gemeinde zu beschaffen. Und die konnte er nur außerhalb der Kirche bekommen. Daher fiel es nicht auf, wenn er ab und zu abwesend war. Aber jetzt hatte der Chef ihn erblickt und wollte bestimmt wieder was von ihm.

      Thomas Baldun versuchte so unauffällig wie möglich aus dem Blickfeld von Pastor Krech zu kommen. Doch er musste wieder durch die quietschende Verbindungstür gehen, und dass würde der Pastor hören und so auf ihn aufmerksam werden. Also ging er leise in die Mitarbeiterküche und hoffte, Pastor Krech hätte ihn schon vergessen. Er öffnete vorsichtig eine der Schubladen und tat so, als würde er nach etwas suchen. Pastor Krech erschien im Türrahmen der Mitarbeiterküche. Das war es heute mit „früher nach Hause gehen“ und sich erneut entspannen.

      Hannelore zwirbelte an einer ihrer Haarsträhnen herum. Sie war heute durch den Wind gegangen und so hatten sich einige Haare aus ihrer Hochsteckfrisur gelöst. Sie mochte es – manchmal – wenn sie etwas unordentlich aussah. Sie war zwar so erzogen worden, dass kein Fältchen an ihrem Rock zu sehen sein durfte, aber es gelang ihr immer öfters, solche rigiden Anforderungen ihrer Mutter zu hintergehen.

      Sie lebte schon lange nicht mehr bei Mutter. Aber diese Frau wohnte in ihrem Kopf, öfters, als ihr das lieb war. Sie fragte sich, ob das der Grund war, warum sie keinen Partner hatte. Mutter dominierte immer noch ihr Leben und war ihr Partner fürs Leben. Zumindest war es bisher so gewesen. Sie hasste es selber, dass es so war. Aber Mutter war allgegenwärtig. Sie wünschte sich, sie könnte die alte Frau mit einem Schlag loswerden.

      Sie stellte sich vor, wie sie mit einem Mann aus Afrika, der so schwarz war, wie das Auto von Pastor Krech, durchbrannte. Ein Asiat wäre auch nicht schlecht gewesen. Hauptsache jemand, der ihre Mutter auf die Palme gebracht hätte. Das hätte ihr gefallen.

      Sie betrachtete ihre schon sehr abgetragenen Halbschuhe. Sie konnte es sich nicht leisten, neue zu kaufen. Viel zu teuer. Manchmal ging sie auf den Trödelmarkt am Wochenende, um billig gebrauchte Kleidung zu erstehen. So hatte sie preisgünstig einige Kleidungsstücke erwerben können und hatte somit Kleidung zum wechseln. Ihr war es peinlich, in abgetragenen Klamotten auf der Arbeit zu erscheinen. Wenn sie einkaufen ging oder Freundinnen besuchte, fand sie es nicht so schlimm, dass man ihr ansah, dass sie kaum Geld hatte. Aber auf der Arbeit. Zum Glück hatte Pastor Krech noch nichts in der Richtung gesagt, wo er doch auch sonst immer so unzufrieden mit dem war, was sie machte oder darstellte.

      Am Sonntag sah es für Pastor Krech obszön aus, wie die Münder der Knieenden sich vor seiner Hand öffneten. Er konnte bei manchen die dunklen Zahnfüllungen sehen und auch, ob sich jemand die Zähne geputzt hatte oder nicht. Das nasse Rosa um die Zähne herum sah aus, wie ekelhafter Fisch. Er mochte keinen Fisch. Und bisweilen hatte er den Eindruck, dass die Münder nach Fisch rochen und der Geruch stieg zu ihm hinauf und erreichte seine Nase. Er war immer froh, wenn dieser Akt vorbei war und er wieder, in sicherer Entfernung von den Menschen, auf seinem Podest stand, um weiter zu predigen.

      Er schob die Hostie schnell in den dafür geöffneten Mund vor sich und schloss die Augen. Warum hatte die Kirche es aber auch vorgesehen, dass man als Pastor den Innereien eines Gemeindemitglieds so nahe kam? Dem Himmel sei dank, passierte das nur ein mal im Monat. Das genügte ihm aber auch voll und ganz. Er konnte sich nicht vorstellen, warum es Menschen mochten, ihre Zunge in den Mund eines anderen zu stecken. Es schüttelte ihn innerlich, wenn er daran dachte. Speichelaustausch. Igitt! Er war froh, dass solche Abarten des Menschen ihn nicht berührten.

      Holda wackelte an ihrem Zahn. Sie hatte neulich auf etwas zu Hartes gebissen. Eigentlich wollte sie das leckere Innere essen, aber dabei musste man immer erst das Harte außen herum entfernen. Sie mochte das Mark von Knochen. Abellus ganz und gar nicht und er schimpfte immer, wenn sie Knochen aus ihren Höhlenwänden zog, um sie nach Knochenmark zu untersuchen.

      Abellus war im Laufe der Jahre verweichlicht worden. Das kam daher, dass er sich zu oft in der Menschenwelt aufhielt. Er behauptete doch tatsächlich, dass es nicht recht wäre, die Knochen von toten Menschen auszulutschen. Dabei hatte sie ein großes Vergnügen daran und überhaupt war es nicht ungewöhnlich für Kolis, dass sie sich nach Essbarem in ihrer Umgebung umsahen und die Möglichkeiten, die sich da boten, nutzten. Wenn sie ehrlich war, fand sie das Auslutschen von Knochen lustvoller, als Sex mit Abellus zu haben. Aber das verriet sie ihm natürlich nicht.

      Nun, sie sah ein, dass es eklig war, totes Fleisch von Menschen zu verspeisen. Das war auch häufig durch zu langes Lagern in der Erde giftig geworden und stank zudem ganz fürchterlich. Aber, dass Abellus auch das Mark aus Menschenknochen nicht anrühren wollte, konnte Holda nicht begreifen.

      Abellus hatte sich sehr verändert. Abellus war seltsam geworden.

      Hannelore träumte am Sonntag – während sie auf einer der Holzbänke im Gottesdienstraum ihre Zeit absaß – von einem Mann, der ihr ebenbürtig war. Intelligent, gemütlich und warmherzig. Neugierig und immer darauf aus, etwas Neues zu entdecken. Es mussten ja keine Abenteuer in fernen Ländern sein, es waren die kleinen Dinge, die Hannelore interessierte. Die kleinen Geheimnisse des Lebens.

      Und ja, sie wollte auch mal wieder Sex mit so einem Mann haben. Sie wollte ihren eigenen Körper entdecken und jemanden haben, der Verständnis für ihre ureigensten Bedürfnisse hatte. Sie wollte keinen Akt. Das war ihr zu riskant. Sie war jetzt über vierzig Jahre alt und ihre Periode kam leider immer noch so regelmäßig wie vor zwanzig Jahren. Sie war noch nicht in den Wechseljahren und somit bestand immer noch die Möglichkeit, schwanger zu werden.

      Schwanger. Hannelore hatte nie ein Kind in ihrem Leben vorgesehen. Und das sollte auch so bleiben.

      Doch die Sache mit dem Sex und der Verhütung war schwierig in ihrem Alter. Ihre Frauenärztin Frau Bechler hatte ihr schon vor drei Jahren eröffnet, dass sie zu alt wäre, um noch weiter die Pille zu schlucken. Das Krebsrisiko war zu groß geworden und die Ärztin hatte kurzerhand ihr das Verhütungsmittel gestrichen. Und Kondomen traute Hannelore nicht. Die rutschten zu leicht runter, wenn Mann und Frau Pech hatten.

      Tja. Hannelore war also nun dem Risiko ausgesetzt, ungewollt schwanger zu werden, wenn sie es wagte, mit einem Mann intim zu werden. Daher wünschte sie sich so sehr einen Typen, der mit ihr Sex haben wollte, ohne den Kram mit dem Akt und der Verhütung. Sie wusste, das war ein Wunschtraum. Aber ein schöner.

      Irrungen und Wirrungen

      Pastor Krech entledigte sich seines Gottesdienstgewandes und biss sich auf die Unterlippe. Der Schock saß noch tief. Als er den Becher für das Abendmahl in die Höhe gehalten hatte, konnte er sehen, dass dieser eine Beule hatte. Der Kelch! Der heilige Becher!

      Er war so entsetzt gewesen, dass ihm doch tatsächlich – und das nach so vielen Jahren Dienst als Pastor – die Worte zum Einsetzen des Abendmahls entfallen waren. Stattdessen hatte er nur ungläubig zu dem Becher in seinen hoch gehaltenen Händen und Armen geschaut und die Beule betrachtet. Das Abendmahl war verhunzt gewesen.

      Er hatte keine Ahnung, ob so eine Schändung des heiligen Kelches, Auswirkungen auf das heilige Mahl hatte. Aber er vermutete das. Er hätte am liebsten noch während der Zeremonie, Thomas Baldun angeschnauzt und er musste sich sehr zusammen reißen, dies nicht zu tun. Dieser Tölpel hatte doch tatsächlich den Becher fallen gelassen! Und auch noch wohl gedacht – er, Pastor Krech – würde das nicht bemerken. Und er hatte immer vermutet, dass er seine Crew gut im Griff hat. Und dann das!

      Er СКАЧАТЬ