Название: Frauen und ihr Erbe
Автор: Marianne Peternell
Издательство: Bookwire
Жанр: Социология
isbn: 9783753182216
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Hier zeigt sich ein nach wie vor unerlöster Streit, denn die auf prinzipielle Gleichheit pochenden, sich auf ein allgemein Menschliches berufenden Theorien leugnen die unterschiedliche Geschichtlichkeit der Geschlechter. Nicht selten bestehen sie darauf, die Frau zu dem zu machen, was der Mann schon ist, nämlich Mensch in der von der abendländischen Kulturtradition vorgeprägten Begriffsgeschichte. Die Suche nach einer Selbstbestimmung des Weiblichen als Differenz wird andererseits jedoch wieder unter Berufung auf ein „Wesen oder eine Natur der Frau“ zu fixieren versucht, womit wiederum der reale Status des Weiblichen festgeschrieben wird. Der Versuch im Sinne einer Egalitätstheorie Geschlecht als Kategorie grundsätzlich zu dekonstruieren, will großteils den gesellschaftlichen Status der Frauen verändern und ihn dem der Männer anpassen, ohne die ungleichgewichtigen geschichtlichen und ideengeschichtlichen Voraussetzungen der Geschlechter zu beachten, was zu einer Verabsolutierung männlicher , scheinobjektiver, von Frauen mitkonstruierter Kultur beitragen könnte, in der das Weibliche nicht einmal mehr als Absenz, als Schweigende, als noch in ihrem Anspruch Einzulösende denkbar ist, was in etwa den gegenwärtigen inneren Globalisierungsprozess beschreibt. Dagegen stellen sich die Bedürfnisse der Männer weiterhin ihre Sehnsüchte und Ängste auf Frauen als das Andere zu projizieren und gleichzeitig die Frauen in ihrem Schweigen zu belassen. Klaus Theweleit leistete Bedeutendes, Inhalte und Formen dieser Sehnsüchte und Ängste in ihrer Vermitteltheit mit dem männlichen „Sein in der Welt“ zu präsentieren. (Klaus Theweleit: “Männerphantasien“; Frankfurt am Main 1977). Aus diesen Bedürfnissen, Sehnsüchten und Ängsten entwickeln sich ‚Ergänzungstheorien’, die das Weibliche als Ergänzung und Erfüllung, aber auch Bedrohung des Männlichen begreifen.
Silvia Bovenschen zeigte an konkreten Beispielen der Literaturgeschichte des 18.Jahrhunderts klar, wie reale Frauen gegen die fiktionalen Bildproduktionen vom Weiblichen ausgespielt bzw. in diese zu integrieren versucht wurden.
Eine der wesentlichen Konstituenten zur Bestimmung des eigenen Weltbildes in der abendländischen Kulturtradition ist die Kategoriebildung und die Zergliederung des Ganzen in seine Bestandteile zum Zwecke der Benennung und Ordnung, wie dies schon in der griechischen Antike erfolgte. Es erfolgte eine positive Bestimmung und Benennung dessen, was Natur, was natürlich sei, was der Geist sei, wie er sich zur Materie verhalte, Materie wurde als Begriff eingeführt um eine unbeseelte Natur zu definieren, die man erkennen, mit der man operieren, mit der man planvoll umgehen konnte. Es gibt von Aristoteles bis herauf in die jüngsten Produktionen der Philosophiegeschichte und seien es die Versuche der feministischen Philosophie wie Herta Nagl-Docekal zahllose Publikationen, was denn nun das Wesen dieses Natürlichen der Natur und des Natürlichen des Menschen ausmache. Es gab die lebendige Auseinandersetzung und den Streit, welche der Positionen denn nun noch vernünftiger und geistreicher, der Sache selbst gerecht werde. Zugrunde liegt eine Auffassung von Welt, die ich als eine Art der Festkörperphysik benennen möchte. Es scheint als wäre das Benannte und Erkannte in seinem Sosein verfügbar, es wäre nun leichter möglich sich in dieser Welt zu bewegen, da eine gewisse Ordnung geschaffen wäre. Im Verstand wurde sozusagen aufgeräumt. Ob man sich die Welt nun dynamisch aktiv wie Hegel (und Hegel leistet mit seiner Philosophie selbstverständlich einen wichtigen Beitrag zum Verständnis, was Weisheit ist und wie sie entsteht, auch wenn er die Frauen ausschließt.) oder starr wie Aristoteles vorstellte, es schien leichter möglich mit der wirklichen Wirklichkeit, deren Chaos nun in der Erkenntnis gebannt schien, zu verfahren. Die Benennung schafft Orientierungshilfe.
Natur scheint das Andere zu sein und ist doch dem Geist gleich, der in ihr seine eigene Logik erkennt.
Möglicherweise ist es stärker eine Geschichte des Vollzugs, in dem Sprache Handlungselement in der Kommunikation oder Sakralelement im Sinne von Sprachmagie darstellt, weniger jedoch Ordnen von Begriffen oder Benennen von Sein und seinen Elementen. Im Handeln natursichtiger Völker der Gegenwart wie sie von Ethnologen untersucht, aber auch von Schamanen selbst bezeugt werden, spielt Sprache eine völlig andere Rolle als in der Welt der abendländischen Kulturtradition. Im Sinne unmittelbarer Präsenz im gegenwärtigen Augenblick, die durch Trancepraktiken verstärkt wird, werden alle Sinne geöffnet für die sinnerfüllte Wahrnehmung im außerbegrifflichen Raum, in dem das Wort einen Bestandteil des Tuns darstellt und beispielsweise dazu genützt wird, Bildwelten hervorzurufen, um unmittelbare Erkenntnisse zu ermöglichen und die Seele, den Geist und den Körper im Sosein zu erreichen, in Schwingung und somit in Wandlung zu versetzen, um Veränderung zu bewirken.
In der Interaktion mit dem begrifflosen Kind, das wie z.B. Selma Fraiberg oder Bruno Bettelheim untersuchten, was auch bereits Jean Piaget feststellte, in einer magischen Beziehungsstruktur von Welt lebt, die auch als Animismus bezeichnet werden könnte, ist Benennen stets performatives Setzen von Sprechakten, stets Vollzug, was mir aus der nahen Erfahrung im Umgang mit Kindern völlig vertraut ist. Ich weiß nicht, auf welchen Wegen John L. Austin zur Theorie der Performativität von Sprechakten gefunden hat, denn tatsächlich wird überall auf der Welt bei allen so genannten, ‚Magie’ praktizierenden Völkern bewusstes performatives Sprechen praktiziert, um Veränderungsprozesse in Gang zu setzen und Erwünschtes in der Welt zu materialisieren. Über diesen Weg haben performative Sprechakte auch Eingang in die Schrift und das Ritual der Weltreligionen gefunden, sind aber auch auf Theaterbühnen konstituierend, wo sie helfen ‚Fiktion’ zu realisieren, denn auch das Theater und die Poesie entstammen ursprünglich dem Ritus des Beschwörens.
Eine Methode dieses performativen Tuns, das im Übrigen nicht auf das Sprechen beschränkt bleibt, sondern auch das Schweigen und das Handeln, also alle Ebenen der Kommunikation umfasst, ist beispielsweise der nun in der Netzwerktheorie enthaltene Begriff des Empowerment, eine Methode, die eindeutig aus dem Bereich bewussten weiblichen und magischen Handelns stammt. Es ist dies die Methode in allen Lebensäußerungen des Sprechens, Schweigens und Handelns jemandem ein gutes Bild von sich zu vermitteln. Auch unausgesprochen in kleinsten Gesten, im Unterton, in Mimik und Gestik, vermittelt sich dieses Bild, sofern der oder die BildspenderIn sich bewusst darauf eingestimmt hat. Dieses Bild entfaltet im Anderen performative Energie und materialisiert sich. So wurde beispielsweise festgestellt, dass Schüler, deren Lehrer - ob gerechtfertigt oder nicht - überzeugt waren, dass diese intelligent sind, nach einer bestimmten Zeitspanne einen wesentlich höheren Intelligenzzuwachs aufwiesen als Schüler, von denen angenommen wurde, dass sie unterdurchschnittlich begabt sind. Das ergibt sich dadurch, dass die Sprechhandlungen, die nonverbalen Gesten, die Aufmerksamkeit, die Zeiträume, die die Lehrer einem so positiv eingeschätzten Kind zuführten, dieses intensiv fördern. Durch bewusste und aktive Imagination und Meditation besteht die Möglichkeit sich auf ein positives Bild einzustimmen, das den Anderen in seinem Sosein bestmöglich erreicht. Im Sinne destruktiver Schadensmagie besteht natürlich auch die Möglichkeit ein völlig negatives oder abwertendes Bild einzuspeisen, das dann ebenso Wirkung entfaltet, was sich zumindest darin äußert, dass die so auf allen Ebenen „behandelte“ Person zu leiden beginnt, da sie die dunkle Empfindung hat, dass sie nicht vorkommt, dass sie nicht wahrhaft erkannt wird, sie kann Schuldgefühle entwickeln, Selbst- oder Fremdhass entwickeln oder geistig oder/und körperlich erkranken. Eine völlig neutral und sachlich, ausschließlich in Begriffen der Logik behandelte Person jedoch wird zutiefst verunsichert. Ist es nicht so, dass von vielen Frauen diese Kunst des Performativen bis in die kleinste Geste perfekt beherrscht wurde und teilweise noch wird? Sowohl, was die „Schadensmagie“ im Konkurrenzkampf betrifft wie auch das Empowerment, das sich im Stärken der Kinder oder anderer Familienmitglieder, vor allem aber der Männer äußert, die dies meist nicht reflektieren, waren oder sind teilweise noch immer Frauen außerordentlich wissend, sodass im Volksmund die Weisheit herrscht: „Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine Frau.“ Beleuchtung, Nahrung, Berührung, Heilmittel sind weitere Bereiche performativen Handelns, die, ob bewusst oder unbewusst gesetzt, Situationen und Stimmungen wandeln. Dass ein Teil dieser Kunst nun von Frauen bewusst zur Netzwerkbildung in eigener Sache verwendet wird, gehört zu den Entwicklungen der Moderne und den Möglichkeiten des Gender-Managements. Im Übrigen sind Klang, Ton, Musik, und auch Bild, Mythos/fantastische Erzählungen und Symbol auf den feineren Ebenen des performativen Tuns weitere Möglichkeiten СКАЧАТЬ