Название: Pearls of Bulgarian Folklore
Автор: Ivanka Ivanova Pietrek
Издательство: Bookwire
Жанр: Изобразительное искусство, фотография
isbn: 9783844287530
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Kull und seine Kameraden können sogar den „Austritt des Geschosses aus dem Riesenrohr“ genau verfolgen. Die einschlagenden Granaten reißen Löcher von der Größe eines Wohnhauses.
Während seines Einsatzes auf der Krim wird Kull allerdings auch Zeuge eines anderen niederschmetternden Ereignisses. Als die Flak-Kanoniere neue Stellungen schanzen, stoßen sie auf ein Massengrab mit männlichen Leichen. Kull und seine Kameraden erhalten Befehl, die Toten wieder mit Erde zu bedecken und sich ihre Deckungslöcher woanders zu graben …
Im Herbst 1942 soll die düstere Ahnung aus dem Sommer durch ein weiteres Vorkommnis indirekt bestätigt werden. Diesmal kann Kull durchs Fernrohr beobachten, wie SS-Angehörige 30 bis 40 kniende Männer durch Genickschuss liquidieren. Als der Frankfurter seinem Hauptmann Reichert gutgläubig Meldung über die Exekution macht, antwortet dieser schroff:
„Kull, vergessen Sie, was Sie gesehen haben!“
Aber der 20-jährige mit dem Bubi-Gesicht kann das Verbrechen nicht so einfach verdrängen, leidet seither unter Albträumen.
Derweil zermürbt das tagelange Trommelfeuer die Verteidiger Sewastopols. Allein die 8,8-Batterien des Flakregiments 18 verschießen im Laufe der 27-tägigen Schlacht 181.787 Granaten. Und das Artillerieregiment 22 der 22. Infanteriedivision verfeuert über 100.000 Granaten. Kann sich da überhaupt noch wer zur Gegenwehr erheben, wenn die deutsche Infanterie zum Sturm antritt?
*
Am 7. Juni beginnt der Vorstoß der 11. Armee auf Sewastopol. Den Hauptschlag führt das LIV. Armeekorps unter General der Artillerie Hansen mit der 22., 24., 50. und 132. Infanteriedivision von Nordosten her. Aber trotz des tagelangen Vernichtungsfeuers gibt es erbitterte Gegenwehr – erst im waldigen Berggelände, dann in den Festungswerken. Mörderischer Hitze liegt über dem rauchgeschwängerten Schlachtfeld. Am 13. Juni zeigt das Thermometer 38 Grad Celsius. In den Sturmgeschützen, die den vorgehenden Stoßtrupps zugeteilt sind, herrschen über 50 Grad. Schweiß fließt in Strömen, und bald auch Blut. Ein Mitkämpfer der Infanterie beschreibt seine Eindrücke der Schlacht:
„In einer kleinen Senke plötzlich ein feindliches MG-Nest. Auf unser Feuer hin stehen drei Mann auf und heben die Hände. Als wir langsam näher gehen, schießen zwei andere, die noch in Deckung liegen, mit dem MG auf uns. Ein weiterer stellt sich tot. Als wir vorbei sind, flitzt er hoch und will uns in den Rücken fallen. Das ist die bolschewistische Kampfmethode. Sie alle sprechen sich ihr Urteil selbst. Auf dem Boden Minen über Minen. Neben mir fliegt ein Kompanieführer in die Luft, fällt zurück und – steht, beinahe unverletzt wieder auf den Füßen. Aber nicht alle haben solches Glück.“10
Und wer meint, dass rumänische Offiziere nur Sonderrechte gegenüber der ihnen anvertrauten Truppe besitzen, Untergebene schlagen, sich gar feige vor dem Feinde zeigen, erlebt bei Sewastopol auch die andere Seite der Verbündeten. Die Männer der Sturmgeschützabteilung 197 bezeugen, wie todesmutige Führer aufrecht gegen die russischen Bunker vorgehen und ihre Soldaten durch das persönliche Beispiel mitreißen. Tapfere Offiziere und Männer braucht es unter diesen heiklen Kampfbedingungen ganz gewiss. Da sind zum Beispiel diese bis zu drei Meter tiefen russischen Laufgräben, die gegen Beschuss ziemlich unempfindlich und nur schwer aufzurollen sind. Zumal sie von entschlossenen, fanatisch kämpfenden Gegnern geschickt verteidigt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die sowjetischen Batterien an den Schwerpunkten der deutschen Stoßgruppierungen auf den Meter genau eingeschossen sind. Ihr Sperrfeuer kostet Blut und Zeit. Beides ist knapp auf deutscher Seite.
Der von seinem Oberarm-Durchschuss schnell wiedergenesene Pionier-Unteroffizier Josef Wimmer von der 50. Infanteriedivision erzählt von erbitterten Nahkämpfen gegen einen „sich zäh verteidigenden Iwan“ und erwähnt angesichts der eigenen blutige Verluste „unsere aufwallende Wut“ sowie die anschließende „brutale Reaktion. Wir machten sechs Gefangene, und fünf andere Russen wurden erschossen.“11
Im Vorfeld des Alten Forts sieht Wimmer plötzlich einen russischen Stahlhelm blitzen – „in etwa einhundertfünzig Meter Entfernung. Ich ließ mir rasch einen Karabiner reichen, entsicherte, zielte und schoss. Der Helm flog durch die Luft; man konnte es gut sehen.“ Der Unteroffizier vermutet, einen Späher getroffen zu haben. Kurz darauf wird Josef Wimmer durch 33 Granatsplitter schwer verwundet.
Bis zum 17. Juni toben die schweren, verlustreichen Kämpfe. Dann endlich gelingt die Wegnahme von sechs Festungswerken. Im Gefechtsbericht der 22. Division heißt es über die Kämpfe des Infanterieregiments 16 um das Fort Stalin: „Der »Andrejew-Hügel« war nur besetzt von Mitgliedern der kommunistischen Partei, dem wohl zähesten Feind, den wir je erlebt haben. Ein Bunker wurde von der Pak beschossen, ein Treffer in die Scharte verursachte 30 Tote, aber die überlebenden Russen wehrten sich weiter! Endlich, um 15 Uhr, kam der Gegner aus den Trümmern heraus. Die eigenen Offiziere waren sämtlich ausgefallen. Leutnant Zwiebler aus der Führerreserve erhielt die gesamten Teile des I. und III. Bataillons zur Führung. Ein Schwerverwundeter sagte, auf seinen zersplitterten Arm und verbundenen Kopf deutend: »Das ist nicht so schlimm – wir haben den Stalin!« Das war der Geist der Besessenheit, ein Ziel erreichen zu wollen. Erbarmungslos brannte die Sonne auf die Stahlhelme. Leichengestank lag über dem wüsten Schlachtfeld. Eine unbeschreibliche Menge Fliegen verekelte die reichliche Verpflegung.“
Beim Schwesterregiment 47 sind am 18. Juni noch 17 Offiziere, 50 Unteroffiziere und 372 Mann einsatzfähig. Damit hat nur jeder sechste Angreifer dieses im Schwerpunkt eingesetzten Verbands die ersten 12 Tage der Großoffensive auf Sewastopol unversehrt überstanden. Für Manstein „scheint das Schicksal des Angriffs in diesen Tagen auf des Messers Schneide zu stehen“.12 Neben den hohen Verlusten ist es vor allem der Zeitdruck, der dem Oberbefehlshaber der 11. Armee Kopfzerbrechen bereitet. Das OKH drängt bereits auf den Abzug des VIII. Fliegerkorps vom Nebenkriegsschauplatz Sewastopol an den Nordflügel der Heeresgruppe Süd ...
Viele Opfer fordert auch das Ringen der 132. Infanteriedivision um das mit überschweren Geschützen vom Kaliber 30,5 Zentimeter bestückte Fort „Maxim Gorki“. Immer wieder müssen Artillerie und Bomber der festliegenden Infanterie den Weg frei schlagen. Ein Mitkämpfer berichtet:
„Wiederum bot sich das ungeheuerliche Schauspiel eines fast dreiviertelstündigen Stuka-Angriffs auf den felsigen Berg. Turmhoch standen die Rauch- und Staubsäulen über dem Werk und verdichteten sich allmählich zu einer gewaltigen Wolke, deren langsamer Abzug für das gesamte Schlachtfeld das hervorstechendste Merkmal war.“13
Von den 1.000 Mann Besatzung des „Maxim Gorki“ ergeben sich schließlich noch ganze 40 Rotarmisten, allesamt verwundet – der Rest ist gefallen.
Am 21. Juni nimmt der Infanterist Walter Winkler14 an der Erstürmung der Bunker des Nordforts teil. Der Angehörige der 11. Armee berichtet:
„Die Zugänge zu den Stollen und Berghallen waren durch Panzertore gesichert […] Der wohlgemeinte Versuch, mit Hilfe von Gefangenen die Besatzungen zur Aufgabe zu bewegen – schon wegen der vielen Zivilisten in den Stollen – schlug fehl […] Ein junger Freiwilliger eines Pionierbataillons ließ sich schließlich vom Felsrand abseilen, um mit einer geballten Ladung einen der Eingänge aufzusprengen. Doch noch während er am Seil hing, ereignete sich eine gewaltige Explosion: Die Besatzung dieses Stollens hatte sich mit, wie sich später herausstellte, 1.400 Zivilpersonen in die Luft gesprengt.“
*
Der tiefe deutsche Einbruch an der Nordfront wird schließlich sechs Tage später zum Durchbruch auf die Sewernaja-Bucht erweitert. Pulverdampf und Staub, Hitze und Verwesungsgestank liegen über dem infernalischen Schlachtfeld. Der Kampf um die Seefestung auf der СКАЧАТЬ