Название: Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen
Автор: Ludwig Bechstein
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742749215
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Wenn sie von Holland nach England wollte, tat sie
nur einen Schritt. Sie hatte große Pferde und Rinderherden,
die weideten am Ufer der Nordsee, da kam ein
Schiff mit Räubern gefahren, die landeten an und nahmen
das Vieh von der Weide und beluden ihr Schiff
damit, das nicht klein war. Als Walberech kam, nach
ihren Herden zu sehen, waren diese fort, und fern auf
der See schwamm das Schiff, wo die Herden darin
waren. Da trat Walberech in das Wasser, langte hin,
nahm ihre Herde wieder, hing die Ochsen und Kühe
auf die eine Seite, die Pferde auf die andere, und die
Schafe setzte sie auf ihren Kopf, die krochen darauf
herum wie die Schafläuse auf einem Schafkopf. Das
Schiff aber nahm Walberech, hob es hoch und schleuderte
es dann mit Gewalt in das Wasser bis zum
Grunde. Die Räuber fraß Walberech und trank ihr
warmes Blut und ging dann wieder nach Hause.
139. Gangolfs Brunnen
Im Lande Languedoc war ein Graf, Gangolf mit
Namen, der zog gegen die Sarazenen und Vandalen
und kam in Welschland auf ein Blachfeld, wo ein klarer
Brunnen sprang. Dort ließ er sich nieder, und ließ
Gezelte schlagen, und trank mit all seinen Wappnern
aus dem Brunnen, und ließ auch die Tiere tränken. Da
kam des Feldes Eigentümer daher und schalt und
sagte, das sei nicht des Landes Gewohnheit und Sitte,
den Leuten das Gras zu vertreten, und sich ungefragt
niederzulassen, und Menschen und Vieh aus fremden
Brunnen zu tränken. Darauf sprach Gangolf sanftmütig
und freundlich also: Es tut mir leid, mein guter
Herr, daß es geschehen, doch zürnet nicht allzusehr,
wenn es Euch genehm, so kaufe ich Euch den Brunnen
ab. – Das, meinte jener Mann, sei ein Wort, das
sich hören ließe, und lachte in seinem Herzen als ein
Schalk, indem er meinte, den Brunnen möge der
Fremde immerhin kaufen, wenn nur der Platz sein
bliebe, auf dem er quelle. Und heischte des Geldes
nicht allzuviel, und Gangolf zahlte es und hob sich
hinweg mit den Seinen, nachdem er seinen Stab in
den Quell eine Weile gestellt hatte.
Da nun Gangolf wieder in seine Heimat nach der
Grafschaft Burgund kam, stieß er seinen Stab in sei-
nem Hof in den eignen Grund und Boden, da sprang
alsbald ein heller, wasserreicher Quell, und jener
Brunnen, den Gangolf im welschen Lande gekauft,
versiegte auf immerdar.
Diese burgundische Sage würde nicht unter den
deutschen Sagen dieses Buches stehen, wenn sich
nicht von ihr ein auffallender Widerhall, sogar bis auf
den Namen, im östlichen Frankenlande fände.
Am Felsenberge Milseburg im Rhöngebirge
springt der von allem Volke wertgehaltene Gangolfsbrunnen.
Da war ein Heiliger, Gangolf geheißen, der
liebte diesen Berggipfel wegen seiner Einsamkeit und
kam hinab nach Fulda, die uralte Bischofstadt, und
fand bei einem Bürger einen klaren Brunnen, kaufte
den dem Bürger ab, und derselbe meinte wunders, wie
er den frommen Mann überlistet; denn, dachte er, der
Brunnen mag immerhin sein eigen sein, mein bleibt
doch der Platz, wo er quillt. Aber St. Gangolf ließ
sich einen kleinen hölzernen Brunnenkasten machen,
füllte den mit Wasser aus dem Brunnen, trug ihn eigenhändig
auf die Milseburg, stellte dort den Kasten
hin und durchstieß mit seinem Stabe den Boden.
Siehe, da quoll das Wasser fort und fort von unten
herauf in den Kasten, daß dieser überfloß, der Brunnen
des Bürgers drunten in Fulda aber versiegte. Der
Gangolfsbrunnen aber quillt noch unversiegbar fort
bis auf den heutigen Tag, sein Wasser, wohl ver-
stopft, soll sich jahrelang frisch erhalten, auch die
sondere Tugend haben, für Frauen ein Kindleinsbrunnen
werden zu können.
140. Die Isabellenfarbe
Es geschahe, daß die Spanier die Stadt Ostende belagerten,
welches aber die Holländer auf das allerhartnäckigste
verteidigten. Wenn jene auch ein Außenwerk
einnahmen, so warfen die Belagerten alsbald ein
neues Bollwerk auf. Isabella, die Gemahlin des Erzherzogs
Albert von Österreich, eine Infantin von Spanien,
die bei ihrem Gemahl im Lager war und kriegslustigen
Gemütes, tat einen Schwur und sagte: Ich
will nicht eher mein Hemde wechseln, bis daß Ostende
über und von uns genommen ist, und meinte, es
würde eine längste Zeit sein, wenn sie das Hemde
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