Название: Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen
Автор: Ludwig Bechstein
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742749215
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mühlstein und in der Hand ein Büschel Kräuter, und
sprach: Magst den Käs mit heimnehmen und deiner
Mutter von den Kräutern einen Tee kochen, sollst
nicht mehr hülflos weinen. – Hoch droben im Gebirg
aber tobte das Unwetter noch fort, über alle Maßen
greulich, und war ein Donnern, Tosen und Krachen,
als ginge die Welt unter. Wie das Maidli zur Mutter
kam, war der Käs ein Stück so schweres Gold geworden,
und vom Kräutertee wurde die Mutter ganz gesund.
Über die Kastelen-Alp aber hatte sich im Gewitter
ein Bergsturz geschüttet, die Matten verwüstet,
die Herden erschlagen und ein Stein, etwa so groß wie
ein Alpenkäs, hatte dem geizigen Vetter einen Fuß
abgeschlagen. Später ist er noch zu seiner Muhme
Haus gehinkt gekommen und hat gebettelt.
17. Blümelis-Alpe
Im Berner Oberland liegt ein Bergzug, die Klariden
geheißen, darauf waren herrliche Weiden, alle voll der
kräftigsten Alpenkräuter und Blumen, so daß jede
Kuh des Tages dreimal gemolken werden konnte und
jedes Melken dritthalb Maß in den Milcheimer gab.
Da war auch eine Alp, die war absonderlich schön,
triftreich und ganz voll Blumen, deswegen hieß man
sie auch die Blümelis-Alp. Darauf hatte ein reicher
Hirte sein Haus, das war ihm weit nicht schön genug,
wollt's schöner haben, baut' ein großes neues, baute
eine Treppe von eitel Käsen, darüber ging er mit seiner
liebsten Sennerin, seinem Hund und seiner Kuh,
und wenn die Käsetreppe schmutzig geworden war,
so ließ er sie mit Milch abwaschen. Im Tale wohnte
des Hirten fromme Mutter, die wußte nichts von ihres
Sohnes Frevel und gottlosem Tun, ging einmal eines
Sonntags hinauf auf die Blümelis-Alpe, wollte die
Sennerei besuchen, und erdürstete sehr, bat deshalb,
als sie kam, um einen Labetrank. Die Sennerin sah
die Alte gar ungern kommen, und der Sohn desgleichen,
und beide fürchteten deren Vorwürfe und wollten
sie gern bald wieder hinab haben. Und als die Alte
trank, fand sie, daß eine ruchlose Hand Sand auf die
Milch gestreut hatte. Da wandte sich die Alte alsbald
von hinnen, schritt die Alpe hinunter, stand drunten
still, hob die Hände empor und verwünschte die Gottlosen.
Alsbald brach ein Wetter los, wie wenn der
Jüngste Tag käme, und der kam auch für die Blümelis-
Alp und für alles, was auf ihr lebte, Hirt und Sennerin,
Kuh und Hund – Haus und Gehöft – alles fand
seinen Untergang, und über die Alpe lagerten sich
Gletschereis und Felsentrümmer. Auf diesem öden
Gefild spukte nachher der Geist des Hirten umher und
klagte:
Ich und min Kathryn,
Min Kuh Brandlin,
Und min Hund, der Rhyn
Müssen stetig uf Klaride syn!
Es geht die Sage, diese umirrenden Geister wären
zu erlösen, wenn einmal an einem Karfreitag ein
frommer Senne die gespenstige Kuh ganz stillschweigend
ausmelke, der Dornen an den Handschuhen
habe. Einstmal wagt' es einer, ob die Kuh sich wegen
der Dornen noch so wild stellte, und hatte schon den
Eimer halb voll. Da klopft' ihn ein Mann auf die
Schulter und fragte: Schäumt's auch wacker? – Der
Senn vergaß des Schweigens Bedingung und sagte: O
ja, es schäumt wohl. – Da riß mit einem Ruck die
Kuh sich los, trat den Eimer um und verschwand, und
die Geister der Blümelis-Alp blieben unerlöst.
18. Der ewige Jude auf dem Matterhorn
Hoch im Alpengebirge, ohnweit Welschlands Grenzen
und dem hohen Monte Rosa, des Name schon italienisch
genannt wird, hebt sich ein mächtiger Bergstock,
das Matterhorn geheißen, darunter liegt der
Matterberg mit einem Gletscher, dessen ablaufendes
Gewässer die Visper bildet, welche noch ihre Wellen
nach deutschem Boden herabrollt. Da droben, wo
jetzt nur das Schweigen der Öde lagert oder das Eis
der Gletscher donnernd kracht, habe voreinst, so geht
die Sage, eine blühende Stadt gelegen. Dahin sei auf
seiner ewig rastlosen Wanderung auch der ewige
oder, wie man in der Schweiz sagt, der laufende Jude
gekommen, da haben die Leute ihm angesehen, daß er
der laufende Jude war, und kein Mensch habe ihn in
sein Haus aufnehmen wollen. So habe der laufende
Jude gesagt, indem er bekümmert über der Menschen
Härte hinweggegangen: Jetzt finde ich hier eine Stadt,