Gesammelte Werke. Sinclair Lewis
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Sinclair Lewis страница 7

Название: Gesammelte Werke

Автор: Sinclair Lewis

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4066338121103

isbn:

СКАЧАТЬ saßen sie sechs Zoll voneinander entfernt und taten, als wären sie nie näher aneinander gewesen, während sie versuchte, sachlich zu sein:

      »Ich würde gern – ich würde Gopher Prairie gern sehen.«

      »Auf mich können Sie sich verlassen! Da ist es! Ich hab' ein paar Aufnahmen mitgebracht, um sie Ihnen zu zeigen.«

      Mit der Wange ganz nahe an seinem Ärmel, betrachtete sie ein Dutzend Dorfbilder. Sie waren zum Teil nicht gut, sie sah nur Bäume, Gebüsch, eine Veranda undeutlich im Laubschatten. Als sie aber die Seen sah, stieß sie einen Ausruf aus. Dunkles Wasser, in dem sich bewaldete Höhen spiegelten, ein Flug Enten, ein Fischer in Hemdsärmeln mit einem großen Strohhut zeigte seinen Fang.

      »Aber hier ist das Bild. Hier sollen Sie etwas machen.«

      Die Photographie einer Waldlichtung: schmerzlich neue Ackerfurchen, die sich zwischen Baumstümpfen hinzogen, eine plumpe Holzhütte, mit Lehm verschmiert, mit Heu gedeckt. Davor eine erschöpfte Frau mit straff zurückgekämmtem Haar und ein dreckiges, verschmutztes Baby mit strahlenden Augen.

      »Das sind die Leute, unter denen ich meine Praxis hab', zum größten Teil. Nels Erdstrom, ein prachtvoller junger Schwede. In zehn Jahren wird er eine blendende Farm haben. Aber jetzt – Ich hab' seine Frau auf einem Küchentisch operiert, und mein Chauffeur hat sie anaesthetisiert. Schauen Sie sich das arme Baby an! Das braucht eine Frau, die Hände hat wie Sie. Das wartet auf Sie! Sehen Sie sich nur die Augen von dem Kind an, sehen Sie, wie es bettelt –«

      »Nicht! Seine Augen tun mir weh. Oh, es wäre schön, ihm zu helfen, so schön.«

      Als seine Arme sich ihr näherten, gab sie allen Zweifeln zur Antwort: »Schön! So schön!«

      Drittes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      1

      Unter den jagenden Wolken bewegt sich eine Stahlmasse über die Prärie. Ein unerträgliches Klirren und Rattern, darüber ein unaufhörliches Brüllen. Scharfer Orangenduft zerschneidet den dumpfigen Geruch ungebadeter Menschen und alten Gepäcks.

      Ortschaften, so planlos gebaut, wie wenn man Pappschachteln auf einem Kammerboden verstreut. Die Fläche blaßgoldener Stoppeln wird nur von Weidengebüschen unterbrochen, die um weiße Häuser und rote Scheunen stehen.

      Es ist September, heiß, sehr staubig.

      Der Zug hat keinen bequemen Pullmanwagen, keine Bedienung ist da, keine Kissen, keine Schlafgelegenheit, den ganzen Tag und die ganze Nacht werden sie in dieser langen Stahlschachtel reisen – Farmer mit ewig müden Frauen und Kindern, die alle gleichaltrig zu sein scheinen; Arbeiter, die in neue Stellungen fahren; Reisende mit steifen Hüten und frisch geputzten Schuhen.

      Sie richten sich in verrenkten Stellungen zum Schlafen ein, die Köpfe an den Fensterscheiben oder auf zusammengerollten Mänteln auf den Lehnen, die Beine in den Gang gestellt. Sie lesen nicht; sie scheinen nicht zu denken. Sie warten.

      Für jeden der Mitfahrenden war sein Sitz sein zeitweiliges Heim, und die meisten von ihnen waren nachlässige Hauswirte. Eine Bank aber sah sauber und täuschend kühl aus. Auf ihr saßen ein offenbar wohlhabender Mann und ein schwarzhaariges, feinhäutiges Mädchen, dessen Schuhe auf einer sauberen Roßledertasche ruhten.

      Es waren Dr. Will Kennicott und seine junge Frau Carola.

      Sie hatten nach einem Jahr wortreicher Verlobtheit geheiratet und waren nach einer Hochzeitsreise in den Colorado-Bergen auf der Fahrt nach Gopher Prairie.

      Carola hatte Kopfschmerzen von dem Gerüttel.

      Sie sah die Prärie – ebene Grasflächen und langgestreckte Hügelwellen. Die Größe und Weite begann sie zu entsetzen. Es dehnte sich so aus; es ging so unkontrollierbar weiter; sie konnte es gar nicht begreifen. Kennicott war in seinen Detektivroman vertieft.

      Nur eine dünne Hecke trennte sie von den Ebenen – herbstlich abgeschorenes Weizenland, jedes Feld etwa hundert Morgen groß, stachlig und grau in der nächsten Nähe, in der verschwommenen Ferne aber wie lohfarbener Samt über die sanften Hügel gebreitet. Die langen Reihen der Weizenpuppen marschierten wie Soldaten in abgetragenen gelben Mänteln. Die frischgepflügten Felder waren schwarze Fahnen, die auf die fernen Hügel gefallen waren. Es war eine kriegerische Unendlichkeit, kraftvoll, ein wenig rauh, ungelindert von freundlichen Gärten.

      Dann schrak sie auf; Kennicott lachte fröhlich: »Weißt du, daß die nächste Station Gopher Prairie ist! Zu Hause!«

      Das eine Wort – zu Hause – erschreckte sie. Hatte sie sich wirklich daran gebunden, ohne Entrinnen, in dieser Stadt, die Gopher Prairie hieß, zu leben? Und dieser dicke Mann neben ihr, der es wagte, über ihre Zukunft zu bestimmen, er war ein Fremder! Sie drehte sich auf ihrem Sitz um, starrte ihn an. Wer war er? Warum saß er neben ihr? Er war nicht von ihrer Art! Sein Hals war schwer; seine Sprache war schwer; er war zwölf oder dreizehn Jahre älter als sie; und nichts von dem Zauber gemeinsamer Erlebnisse und Ziele umgab ihn. Sie konnte nicht glauben, daß sie je in seinen Armen geschlafen hatte. Das war einer jener Träume, die man träumt, sich aber nicht eingesteht.

      Jetzt kam der Zug an dem Speicher vorbei, an den häßlichen Öltanks, an einer Butterei, einem Holzhof, einem schmutzigen, zertrampelten, stinkenden Viehhof. Jetzt hielten sie an einem geduckten hölzernen Stationsgebäude; auf dem Bahnsteig drängten sich unrasierte Bauern und Nichtstuer, platte Menschen mit leeren Augen. Sie war da. Sie konnte nicht weiter. Es war das Ende – das Ende der Welt. Mit geschlossenen Augen saß sie da, am liebsten hätte sie sich an Kennicott vorbeigeschlichen, sich irgendwo im Zug versteckt, wäre sie weiter dem Pacific zu geflohen. Kennicott sah durch das Fenster hinaus.

      »Schau! Schau! Die sind alle gekommen, um uns zu begrüßen! Sam Clark mit seiner Frau und Dave Dyer und Jack Elder, und, wirklich, Harry Haydock mit Juanita, und eine ganze Menge! Ich glaub', jetzt sehen sie uns. Ja, ganz bestimmt, sie sehen uns! Schau, wie sie winken!«

      Gehorsam beugte sie den Kopf, um hinauszusehen. Sie hatte sich wieder in der Hand. Sie war bereit, diese Menschen zu lieben. Doch die Herzlichkeit der freudig rufenden Gruppe verwirrte sie. Durch das Fenster winkte sie ihnen zu, aber dann zögerte sie eine Sekunde am Arm des Bremsers, der ihr hinunter half, bevor sie den Mut aufbrachte, sich in den Katarakt händedrückender Leute zu stürzen – Leute, die sie nicht unterscheiden konnte.

      Sie fühlte, daß sie sie willkommen hießen. Die Hände, das Lächeln, die Rufe, die liebevollen Augen überwältigten sie. Sie stammelte: »Danke, oh, danke!«

      Einer der Männer rief Kennicott zu: »Ich hab' meinen Wagen da, um Sie nach Hause zu bringen, Doktor.«

      Als sie im Wagen saßen, drehte er sich um und sagte zu Carola: »Also, ich bin Sam Clark, der Eisenhändler. Sie können Sam zu mir sagen – auf jeden Fall werd' ich Carrie zu Ihnen sagen, wo Sie doch schon mal den armseligen Nichtstuer von Arzt geheiratet haben, der bei uns ist. Die dicke komische Dame da hinten neben Ihnen, die so tut, als ob sie nicht hörte, daß ich von ihr rede, ist Frau Sam'l Clark; und das hungrig aussehende Eichhörnchen da neben mir ist Dave Dyer, der die Drogerie hat! So. Hören Sie, Doktor, ich werd' Ihnen den Candersen-Platz für dreitausend Dollar verkaufen. Sie müssen schon dran denken, ein neues Haus für Carrie zu bauen. СКАЧАТЬ