Gesammelte Werke. Sinclair Lewis
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Sinclair Lewis

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4066338121103

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СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      Fräulein Ella Stowbody, die jungfräuliche Tochter der Bank, rieb ihre trockenen Handflächen aneinander und errötete: »Ach, ihr wollt das alte Zeug doch nicht wieder hören.«

      »Und ob wir wollen! Na klar!« versicherte Sam.

      »Ich bin heute abend nicht bei Stimme.«

      »Papperlapapp! Fangen Sie an!«

      Sam erklärte Carola laut: »Ella ist unser großes Tier im Rezitieren. Sie hat eine richtige Berufsausbildung gehabt. Sie hat ein Jahr Gesang, Redekunst, Schauspielkunst und Stenographie in Milwaukee studiert.«

      Fräulein Stowbody trug vor. Als Zugabe brachte sie nach »Meinem süßen Lieb« ein außerordentlich optimistisches Gedicht über den Wert des Lächelns.

      Es folgten vier weitere »Nummern«: eine jüdische, eine irische, eine Kindersache und Nat Hicks Parodie auf Marc Antons Leichenrede.

      Im Verlauf des Winters hörte Carola Dave Dyers »Hennenfang« siebenmal, »Mein süßes Lieb« neunmal, die jüdische Geschichte und die Leichenrede zweimal, aber jetzt war sie voll Eifer, und weil sie glücklich und einfältig sein wollte, war sie ebenso enttäuscht wie die anderen, als die Darbietungen vorüber waren und die Gesellschaft unverzüglich wieder in ihre Schlafsucht zurücksank.

      Sie gaben es auf, festlich sein zu wollen; sie begannen natürlich zu reden, wie sie es daheim und in ihren Geschäften taten.

      Männer und Frauen trennten sich, worauf sie schon den ganzen Abend gewartet hatten. Carola wurde von den Männern verlassen und einer Gruppe von Matronen übergeben, die geruhig von Kindern, Krankheiten und Köchinnen plapperten. Sie ärgerte sich. Es fiel ihr wieder ein, daß sie sich in Visionen als elegante verheiratete Frau in einem Salon mit klugen Männern Wortgefechte führen gesehen hatte. Ihre Niedergeschlagenheit wurde von der Überlegung abgelöst, was die Männer wohl in der Ecke zwischen dem Klavier und dem Grammophon besprechen mochten. Erhoben sie sich über diesen Hausfrauenklatsch zu einer größeren Welt abstrakter Gedanken und wichtiger Angelegenheiten?

      Sie machte Frau Dawson ihre schönste Verbeugung, sie zwitscherte: »Ich will nicht, daß mein Mann so bald schon wo anders ist als ich! Ich gehe hinüber und ziehe ihn an den Ohren.« Sie erhob sich mit einem Jungmädchenknicks, ging quer durch das Zimmer und setzte sich zum interessierten Wohlgefallen aller, die es sahen, auf die Lehne von Kennicotts Stuhl.

      Er plauderte mit Sam Clark, Luke Dawson, Jackson Eider von der Hobelwerkstatt, Chet Dashaway, Dave Dyer, Harry Haydock und Ezra Stowbody, dem Bankdirektor.

      Ezra Stowbody gehörte zu den Ureinwohnern. Er war im Jahre 1865 nach Gopher Prairie gekommen. Er war ein vornehmer Raubvogel – geschwungene schmale Nase, dünne Lippen, starke Augenbrauen, Portweinwangen, eine weiße Haarmähne, hochmütige Augen. Er war nicht zufrieden mit den sozialen Veränderungen der letzten dreißig Jahre. Vor drei Jahrzehnten waren Dr. Westlake, der Rechtsanwalt Julius Flickerbaugh, der Kongregationalistenpastor Merriman Peedy und er selbst die Führer gewesen. Das war, wie es sein sollte; die schönen Künste – Medizin, Jus, Religion und Finanz – als aristokratisch anerkannt; vier Yankees, die mit den Leuten aus Ohio und Illinois und mit den Schweden und Deutschen, die es riskiert hatten, mit ihnen zu kommen, wohl demokratisch plauderten, sie aber auch regierten. Doch Westlake war alt, fast emeritiert; Julius Flickerbaugh hatte viel von seiner Praxis an tätigere Anwälte verloren, Reverend Peedy war tot; und kein Mensch in diesem miserablen Zeitalter der Automobile hatte Interesse für die »schnellen Grauschimmel«, die Ezra noch immer fuhr. Die Stadt war ebenso in zwei verschiedene Hälften gespalten wie Chicago. Norweger und Deutsche besaßen Läden. Die Führer der Gesellschaft waren gewöhnliche Kaufleute. Nägelverkaufen galt als ebenso heilig wie Bankier sein. Diese Emporkömmlinge – die Clarks, die Haydocks – hatten keine Würde. In der Politik waren sie vernünftig und konservativ, aber sie redeten von Automobilen, Luftdruckgewehren und, weiß der Himmel, was für anderen neumodischen Firlefanzereien. Herr Stowbody kam sich bei ihnen nicht heimisch vor. Aber sein Ziegelhaus mit dem Mansardendach war immer noch das größte Gebäude in der Stadt, und er bewahrte sich seine Position als Edelmann, indem er unter den jüngeren Leuten auftauchte und sie durch einen frostigen Blick daran erinnerte, daß ohne den Bankier keiner von ihnen sein ordinäres Geschäft fortführen könnte.

      Als Carola dem Anstand trotzte, indem sie sich zu den Männern setzte, fragte Herr Stowbody gerade Herrn Dawson: »Sagen Sie, Luke, wann hat Biggins sich im Winnebagohof niedergelassen? War das nicht achtzehnhundertneunundsiebzig?«

      »Aber nein, gar keine Spur!« Herr Dawson war empört. »Er ist achtzehnhundertsiebenundsechzig – nein, warten Sie, achtzehnhundertachtundsechzig muß es gewesen sein – aus Vermont gekommen und hat sich einen Claim am Rum River genommen, ein ziemliches Stück oberhalb von Anoka.«

      »Gar keine Rede!« schrie Herr Stowbody. »Er hat sich zuerst in Blue Earth angesiedelt, er und sein Vater!«

      (»Wovon reden sie denn?« fragte Carola flüsternd Kennicott.)

      (»Ob der alte Biggins einen englischen Setter oder einen anderen Hund gehabt hat. Sie streiten schon den ganzen Abend drüber!«)

      Dave Dyer unterbrach sie, um zu berichten: »Hab' ich euch schon erzählt, daß Clara Biggins vor ein paar Tagen hier war? Sie hat sich eine Wärmflasche gekauft – eine teure noch dazu – zwei Dollar und dreißig Cents!«

      »Ja!« schnaubte Herr Stowbody. »'türlich. Sie ist genau so, wie ihr Großvater war. Nie einen Cent sparen. Zwei Dollar und zwanzig – dreißig waren's, nicht? – zwei Dollar und dreißig Cents für eine Wärmflasche! Ein Ziegel in einem Flanellunterrock ist genau so gut! Mindestens!«

      »Was machen Ellas Mandeln?« gähnte Chet Dashaway.

      Während Herr Stowbody einen somatischen und psychischen Abriß darüber lieferte, überlegte Carola: »Haben sie wirklich solches Interesse für Ellas Mandeln, oder auch für Ellas Speiseröhre? Ob ich sie wohl vom Klatsch abbringen könnte? Ich will's mal probieren.«

      »Hier hat es nicht viel Arbeiterunruhen gegeben, nicht wahr, Herr Stowbody?« fragte sie unschuldig.

      »Nein, Ma'am, Gott sei Dank, wir sind davon verschont geblieben, abgesehen vielleicht von den Dienstmädchen und den Landarbeitern. Es gibt Scherereien genug mit den ausländischen Landarbeitern und den Farmern. Wenn man die Schweden nicht im Auge behält, kehren sie einem im Augenblick den Sozialisten, den Populisten oder sonst etwas Albernes hervor. Natürlich, wenn sie Kreditschulden haben, kann man sie zur Vernunft bringen. Dann lass' ich sie ganz einfach zu einer Unterredung in die Bank kommen und erzähl' ihnen ein paar Sachen. Ich hab' nichts dagegen, daß sie Demokraten sind, gar nichts, aber Sozialisten kann ich hier in der Gegend nicht brauchen. Aber, Gott sei Dank, wir haben hier nicht die Arbeiterunruhen, wie sie in den Städten waren. Sogar Jack Eider kommt mit seinen Leuten in der Hobelwerkstatt ganz gut aus. Nicht wahr, Jack?«

      »Ja. Freilich. Ich brauch' nicht allzuviel tüchtige Arbeiter bei mir, und meistens sind's ja diese verrückten, lohntreibenden, halbgrünen gelernten Mechaniker, die Unruhen anfangen – lesen eine Menge von der anarchistischen Literatur und Gewerkschaftszeitungen und so weiter.«

      »Halten Sie etwas von den Gewerkschaften?« fragte Carola Herrn Eider.

      »Ich? O nein! Die Sache ist so: ich hab' gar nichts dagegen, mit meinen Leuten zu verhandeln, wenn sie glauben, daß sie irgendwelche Sorgen haben – obwohl der Himmel wissen mag, was heute über die Arbeiter gekommen ist – sie haben für einen guten Posten nichts übrig. Aber trotzdem, wenn sie anständig zu mir kommen, als ein Mann zum anderen, besprech' СКАЧАТЬ