Sinclair Lewis: Die großen Romane . Sinclair Lewis
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Название: Sinclair Lewis: Die großen Romane

Автор: Sinclair Lewis

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4066338121196

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СКАЧАТЬ ständigen Assistenten machen sollte, wurde ganz nebenbei erreicht. Er war fest davon überzeugt, daß es mit ihrer Macht aus wäre.

      Doch als sie hineingingen, sagte sie ganz vergnügt, sie müßten früh ins Bett und am nächsten Tag früh aufstehen; und sie würde ihn beim Tennisspiel nur zehn Pfund leichter machen.

      Als er flüsterte: »Wo ist Ihr Zimmer, Liebe?« lachte sie kalt und unpersönlich: »Das werden Sie nie wissen, Sie armes Schaf!«

      Der kühne, der unternehmende Elmer trappte in sein Zimmer und zog sich langsam aus; sehnsüchtig stand er an seinem Fenster, seine Seele fuhr aus auf der Dunkelheit zu unfaßbaren Reisezielen. Er sprang ins Bett und fiel langsam in Schlaf, zu müde vom Kampf gegen ihren Widerstand, um an Möglichkeiten der nächsten Tage zu denken.

      Er hörte ein schwaches kratzendes Geräusch. Es schien ihm, daß der Türgriff sich drehte. Zitternd setzte er sich auf. Das Geräusch hörte auf, begann aber wieder, ein schwaches Scharren; der untere Rand der Tür bewegte sich langsam über den Teppich. Der fahle Lichtstreifen aus dem Korridor wurde größer, und, sich streckend, konnte er sie sehen, aber nur wie einen Geist, einen weißen Hauch.

      Verzweifelt streckte er seine Arme aus, und bald stolperte sie dagegen.

      »Nein! Bitte!« Sie hatte die Stimme einer Schlafwandlerin. »Ich bin nur hereingekommen, gute Nacht sagen und Sie ins Bett bringen. So ein gequältes, unglückliches Kind! Ins Bett. Ich geb' Ihnen einen Gutenachtkuß und geh' wieder.«

      Sein Kopf bohrte sich ins Kissen. Ihre Hand berührte leicht seine Wange, doch aus ihren Fingern, glaubte er zu fühlen, kam ein Strom, der ihn in Schlaf lullte, in einen augenblicklichen, aber tiefen, befriedigenden Schlaf.

      Mit Anstrengung sagte er: »Sie auch – Sie brauchen Trost, vielleicht brauchen Sie auch einen Herrn über sich – wenn ich mal meine Scheu vor Ihnen überwunden hab'.«

      »Nein. Ich muß meine Einsamkeit allein tragen. Ich bin anders, ob's nun ein Fluch oder ein Segen ist. Aber – einsam – ja – einsam.«

      Mit einem Ruck wurde er munter, als ihre Finger seine Wange hinaufkrochen, über die Schläfe, in sein schwarzes Haar.

      »Ihr Haar ist so dick«, sagte sie mit schwerer Stimme.

      »Ihr Herz schlägt so. Liebe Sharon –«

      Plötzlich, seinen Arm packend, rief sie: »Komm! Es ist der Ruf!«

      Voll Verwirrung folgte er ihr, sie schritt voraus, in ihrem am Hals mit weißem Pelz eingefaßten Nachtgewand, aus dem Zimmer hinaus, den Korridor entlang, eine steile, kleine Treppe zu ihren Zimmern hinauf; seine Verwirrung wuchs, als es aus diesem freundlichen Korridor mit den Vergißmeinnichttapeten und den steifen Porträts von virginischen Würdenträgern weiterging, in einen Glutofen aus Scharlach.

      Ihr Schlafzimmer war genau so wahnsinnig wie eine orientalische Koseecke von 1895 – ein hohes Sofa auf geschnitzten Elfenbeinfüßen, bedeckt mit einem Mandarinenmantel; dunkle Messinglampen in der Form von Moscheen und Pagoden; an den Wänden vergoldetes Papiermaché; ein großer Toilettetisch mit einer Unzahl Schönheitsmittel in absonderlich geformten Pariser Flaschen; hohe Leuchter, in denen gedrehte Zierkerzen brannten; und über allem eine Ahnung von Weihrauch.

      Sie öffnete einen Wandschrank, warf ihm ein Gewand zu, rief: »Für den Dienst am Altar!« und verschwand in ein Ankleidezimmer. Schüchtern, sich einigermaßen wie ein Narr vorkommend, zog er das Gewand an. Es war aus purpurrotem Sammet, mit schwarzen Symbolen bestickt, die er nicht kannte, mit einem Kragen aus schweren Goldfäden. Er war nicht ganz sicher, was er tun sollte, und wartete gehorsam. Sie stand theatralisch in der Tür, er staunte. Sie war ganz schlank und hoch, ihre Hände – den Rücken nach oben, die Finger gekrümmt – bewegten sich neben ihr wie Lilien auf einem Strom. Sie sah phantastisch aus, in einem purpurroten Gewand, das mit goldenen Sternen, Halbmonden, Gnostiker- und Antoniuskreuzen geschmückt war; ihre Füße staken in Silbersandalen; und auf dem Haar hatte sie eine Tiara aus Silbermonden, mit Stahlflittern besetzt, die im Kerzenlicht funkelten. Ein Nebel von Weihrauch umflutete sie, schien von ihr aufzusteigen, und als sie langsam die Arme hob, fühlte er in kindlichem Entsetzen, daß sie wirklich eine Priesterin war.

      Wieder war ihre Stimme unter dem Bann des Schlafwandels, als sie seufzte: »Komm! In die Kapelle.«

      Sie ging auf eine Tür zu, die zum Teil vom Sofa verdeckt war, und führte ihn in einen Raum –

      Jetzt war er nicht mehr zum Teil verliebt, zum Teil neugierig, er verspürte nichts als Unruhe.

      Was für einen Hokuspokusbau man da ausgeführt hatte, begriff er nicht; vielleicht war nur der Fußboden über diesem kleinen Zimmer entfernt worden, so daß es sich über zwei Stockwerke erstreckte; aber auf jeden Fall war es da – ein Heiligtum, das unten hell strahlte, sich aber durch Dunkelheit bis in den Himmel zu erheben schien. Die Wände waren mit schwarzem Sammet verhängt, es gab keine Stühle; der Brennpunkt des ganzen Raums war ein großer Altar. Es war ein grotesk wahnsinniger Altar, drapiert mit chinesischen Tüchern, purpurrot, aprikosenfarben, smaragdgrün, gold. Zwei Stufen aus blaßrotem Marmor. Über dem Altar hing ein riesiges Kruzifix, auf dem der Christus aus den Nagelmälern und der Seitenwunde blutete; und auf der oberen Stufe standen Gipsbüsten der Jungfrau Maria, der Heiligen Theresa, der Heiligen Katharina, ein kitschiges Heiliges Herz, ein sterbender St. Stephanus. Aber auf der unteren Stufe stand ein wahnsinniger Haufen von Dingen, die Elmer »heidnische Götzen« nannte: Götter mit Affenköpfen, Götter mit Krokodilsköpfen, ein Gott mit drei Köpfen und ein Gott mit sechs Armen, ein Buddah aus Jade und Elfenbein, eine nackte Venus aus Alabaster, und im Zentrum aller dieser die schöne, entsetzliche, furchtbare, lockende Statuette einer Silbergöttin mit dreifacher Krone und einem Gesicht, das ebenso schmal und lang und leidenschaftlich war wie das Sharon Falconers. Vor dem Altar lag ein langes Sammetkissen, sehr dick und weich. Hier kniete Sharon plötzlich nieder, zog ihn auf die Knie und rief:

      »Es ist die Stunde! Heilige Jungfrau, Mutter Hera, Mutter Frigga, Mutter Ishtar, Mutter Isis, hehre Mutter Astarte mit den bewegten Armen, deine Priesterin ist es, sie ist es, die nach Jahrhunderten der Blindheit und Jahren des Umhertappens der Welt kund tun wird, daß ihr eins, daß ihr alle in mir geoffenbart seid, und daß in dieser Offenbarung allgemeiner Friede und Weisheit kommen wird, das Geheimnis der Sphären und der Brunnen des Erkennens. Ihr, die ihr euch über mich gebeugt und eure unsterblichen Finger auf meine Lippen gedrückt habt, nehmt diesen meinen Bruder an eure Brust, öffnet seine Augen, befreit seinen gefesselten Geist, macht ihn den Göttern gleich, auf daß er mit mir die Offenbarung weitertrage, nach der die Welt tausend mal tausend kummervolle Jahre geseufzt hat.

      »O Rosenkreuz und mystischer Turm von Elfenbein –

      »Erhöre mein Gebet.

      »O erhabener Aprilmond –

      »Erhöre mein Gebet.

      »O höchst treffliches Schwert aus untadeligem Stahl –

      »Erhöre du mein Gebet.

      »O Schlange mit den unergründlichen Augen –

      »Erhöre mein Gebet.

      »Ihr Verschleierten und ihr Strahlenden – in Höhlen vergessen, die Gipfel der Zukunft, das klirrende Heute – vereinigt euch in mir, erhebet ihn, empfanget ihn, hehre Namenlose; ja, erhebet uns, Mysterium auf Mysterium, Sphäre über Sphäre, Reich auf Reich, bis zum Thron!«

      Sie nahm eine Bibel auf, die neben ihr zu Füßen des Altars СКАЧАТЬ