Linguistische Stil- und Textanalyse. Lars Bülow
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Название: Linguistische Stil- und Textanalyse

Автор: Lars Bülow

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: narr studienbücher

isbn: 9783823300250

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СКАЧАТЬ bestimmte (häufig hierarchische) Relationen innerhalb eines Textes, sondern können durch den Bezug auf ein Textganzes auch die thematische Verbindung der Textteile bewirken. So ist im Falle von Überschriften, die ebenfalls zur typographischen Gliederung textueller Einheiten beitragen, einerseits zwischen solchen zu unterscheiden, die den Stellenwert der textuellen Einheit für das Textganze angeben. Andererseits gibt es Überschriften, die sich auf das Thema der dazugehörigen textuellen Einheit beziehen, und drittens solche, die gleichermaßen Hierarchie- bzw. Gliederungshinweise sowie Themahinweise darstellen. Im erstgenannten Fall handelt es sich um reine Gliederungsüberschriften, die auf die hierarchische Struktur der Teiltexte eines Textganzen verweisen und sich in einem System der Unter- und Überordnung befinden (z.B. Erster Teil, Erstes Kapitel). Enthalten solche Gliederungsüberschriften neben einer numerischen oder alphabetischen Angabe, die auf den hierarchischen Stellenwert verweist, auch thematische Aussagen, handelt es sich um Mischformen aus Gliederungs- und Themahinweisen, die sowohl der Orientierung des Lesers als auch der Einführung in die textuelle Thematik dienen (z.B. 2.1.1 Textgliederung). Thematische Überschriften stehen wie Titel über der textuellen Einheit und werden graphisch durch verschiedene Mittel hervorgehoben. Charakteristisch für solche thematischen Überschriften ist in sprachlicher Hinsicht eine bestimmte Figuriertheit (vgl. Kap. 3.3).

      Die Ebene der Textgliederung bezieht sich primär auf die Erfassung und Beschreibung wahrnehmungsabhängiger Aspekte von Texten, die sogar dann als Textualitätshinweise erkannt werden, wenn die Sprache in einem Text (einer Fremdsprache) weder gelesen noch verstanden werden kann. Im Vergleich dazu setzen die Elemente der Textkonstitution bereits eine sehr spezialisierte Wahrnehmung voraus, die die Basis für das Verständnis sprachlicher Einheiten ist. Da Hinweise auf Musterhaftigkeit vielfach in der Lage sind, Verknüpfungshinweise zu ersetzen, tragen sie entsprechend auch zur Textkonstitution bei.

      Weiterführende Literatur:

      Adamzik, Kirsten: Textlinguistik. Eine einführende Darstellung. Niemeyer, Tübingen 2004.

      Hausendorf, Heiko/Kesselheim, Wolfgang: Textlinguistik fürs Examen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2008.

      Krause, Wolf-Dieter (Hrsg.): Textsorten. Kommunikationslinguistische und konfrontative Aspekte. Lang, Frankfurt am Main 2000.

      2.1.2 Textkonstitution

      Zur Textkonstitution tragen eine Reihe von verschiedenen Faktoren bei, die bereits in Verbindung mit Verknüpfungshinweisen und Hinweisen auf die thematische Zusammengehörigkeit genannt wurden und traditionell in Zusammenhang mit den Begriffen ‚Kohäsion‘ und ‚Kohärenz‘ stehen. Prinzipiell werden diese bedingt durch Elemente an der Textoberfläche und Wissensbestände, die sich aus dem Kontext und dem Weltwissen des Rezipienten ergeben (vgl. Abb. 6).

      Abb. 6:

      Faktoren der Textkonstitution

      Textkonstitution durch grammatische und lexikalische Elemente an der Textoberfläche: Kohäsion

      Einen wesentlichen Beitrag zur Textkonstitution können grammatische und lexikalische Elemente an der lesbaren Textoberfläche leisten. Obwohl sie natürlich zu einzelnen Sätzen und Satzteilen gehören, bezieht sich ihre Funktion auf die Ebene des Textes, denn sie erlauben Schlüsse über den Zusammenhang der Einzelsätze.

      Beruht der Textzusammenhang auf textuellen Zeichenbeziehungen, die an grammatische Funktionswörter und -zeichen gebunden sind – dazu gehören vor allem diejenigen Wortarten, die mehr oder weniger abgeschlossene Klassen bilden – liegt grammatische Kohäsion vor. Sie bildet die grammatikalische Grundlage für die Verknüpfung von Sätzen zu Texten.

      Pro-Formen

      Als häufiger und deshalb zentraler Typ der Kohäsionsherstellung gilt im Deutschen eine spezifische Form der Wiederaufnahme, die Verknüpfung durch Pro-Formen. Dafür muss jeweils ein Ausdruck vorhanden sein, der den Satz rückwärts, d.h. zum Vorgängersatz bzw. -teilsatz anschließt (Substituens) und einer, der die Möglichkeit eröffnet, einen Nachfolgesatz bzw. -teilsatz anzuhängen (Substituendum). So zeigt etwa das folgende Beispiel eine durchgehende pronominale Verkettung, die erheblich zur Konstitution des Textes beiträgt:

      Es war einmal eine kleine, süße Dirnej, diej hatte jedermannk lieb, derk siej nur ansah, am allerliebsten aber ihrej Großmutterl; diel wusste gar nicht, was siel alles dem Kindej geben sollte. Einmal schenkte siel ihmj ein Käppchen von rotem Sammet, und weil ihmj das so wohl stand und esj nichts anderes mehr tragen wollte, hieß es nur das Rotkäppchenj. („Die besten Märchen der Gebrüder Grimm“ 2001, S. 113 [Indizes zur Identifikation von Referenten nicht im Original])

      Pro-Formen sind kurze Stellvertreterwörter, die auf andere Elemente des Textes verweisen, um einen semantischen Zusammenhang zu signalisieren. Typische Vertreter sind Pronomina, die in der Regel mit dem Ausdruck, den sie vertreten, in Genus und Numerus übereinstimmen. Für den entsprechenden Vorgang hat sich der Terminus ‚Pronominalisierung‘ etabliert, er bezeichnet die Vertretung eines sprachlichen Ausdrucks durch ein referenzidentisches Pronomen.1

      Den Begriff ‚Referenz‘ haben Halliday/Hasan (1976) für die Funktion der Personal- und Demonstrativpronomina eingeführt. Er bezieht sich darauf, dass zwei- oder mehrmals auf denselben außersprachlichen Gegenstand oder Sachverhalt Bezug genommen wird, wobei zwischen einer Pro-Form und ihrem Bezugselement sog. „Koreferenz“ (also ein eindeutiger referentieller Bezug) besteht.

      Hinsichtlich der Verweisrichtung sind prinzipiell außersprachliche von innersprachlichen Verweisen zu unterscheiden. Letztere fungieren textverknüpfend und sind damit phorische Verweise, während die zuerst genannten deiktisch zu interpretieren sind. Deiktisch fungieren in Texten etwa selbständig gebrauchte Pronomina.2 Sagt im Falle eines Autokaufs ein Sprecher zu seinem Gegenüber beispielsweise Ich nehme diesen hier und zeigt bei dieser Äußerung gleichzeitig auf ein bestimmtes Fahrzeug, so wird er auf jeden Fall verstanden. Möglicherweise versteht der Hörer durch die Wahl des Maskulinums ‚Ich nehme diesen Wagen hier‘ oder auch etwas anderes wie ‚Ich nehme diesen BMW hier‘, denn es gibt in einer solchen Situationen kein Substantiv, das eindeutig als das Bezugssubstantiv identifiziert werden kann. Weil mit dem Pronomen eindeutig auf einen bestimmten Gegenstand referiert wird, kann auch die Genuswahl zweitrangig sein: z.B. Ich nehme dieses hier (‚Ich nehme dieses Auto hier‘). Beim selbständigen Gebrauch erhält das Pronomen also seine grammatischen Eigenschaften (insbesondere Genus und Numerus) nicht durch eine formale Korrelation mit einem Bezugsausdruck, sondern aus anderen Quellen wie den Eigenschaften des Bezeichneten (vgl. Eisenberg 2006b, S. 167f.). Im Rahmen der Textanalyse sind solche Ausdrücke, bei denen sich das, was sie bezeichnen, nur unter systematischem Bezug auf die Äußerungssituation interpretieren lässt, also als deiktische, als außersprachliche Verweise einzustufen. Sie haben in der Regel die Neuorientierung des Adressaten auf ein Objekt, einen Sachverhalt usw. zum Ziel. Deiktisch gebrauchte Ausdrücke haben eine zeigende Bedeutung.3 Sie werden organisiert mithilfe des Begriffs ‚Origo‘, der die in Raum und Zeit situierte Äußerungssituation bezeichnet. Die Origo ergibt sich durch den Sprecher (ich), der an einem bestimmten Ort (hier) und zu einer bestimmten Zeit (jetzt) spricht. Diese urdeiktischen Ausdrücke ich, hier und jetzt bilden jeweils die Zentren eines Systems von Deiktika, die Personaldeixis, die Raumdeixis und die Zeitdeixis, die die Person-, Raum- und Zeitstruktur von Äußerungen betreffen.

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