Название: Kulturbezogenes Lernen in asynchroner computervermittelter Kommunikation
Автор: Christine Becker
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik
isbn: 9783823300847
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Aufgrund der hohen Anzahl an Möglichkeiten, digitale Medien in den Fremdsprachenunterricht zu integrieren, weisen Rösler und Würffel (2010a, 9) außerdem darauf hin, dass keine allgemeingültigen Aussagen darüber getroffen werden können, welche „Methoden, Inhalte, Aufgaben- und/oder Sozialformen etc. besser für Präsenzphasen oder Online-Phasen geeignet sind“ (ebd.), auch wenn Aussagen wie „Selbstlernphasen mit selbstkorrigierenden Übungen machen mehr Sinn in Online-Phasen, da die Präsenzphase eher zum interaktiven Austausch […] genutzt werden sollte“ (ebd.) durchaus einleuchtend sind. Die Abwägung, wie ein Blended-Learning-Szenario konkret ausgestaltet werden soll, hängt nicht nur von dem ab, was vermittelt werden soll, sondern auch von dem Kontext, d.h. z.B. den technischen Vorkenntnissen der Beteiligten, den technischen Voraussetzungen sowie den Lernzielen.
Aufgrund der schnellen Entwicklung der digitalen Medien, die es inzwischen ermöglichen, präsenzähnliche Kontakte auch über Distanz aufzubauen, wird daher in der Forschung vielmehr zwischen asynchronen und synchronen Phasen unterschieden (vgl. Rösler/Würffel 2010a, 9, vgl. Nguyen 2008, 4). Diese Modi besitzen unterschiedliche Potenziale:6 Synchrone Phasen, zu denen neben Voice-Chat und Text-Chat auch Präsenzunterricht gezählt werden kann (vgl. Nicolson/Murphy/Southgate 2011, 14), eignen sich besonders für informelles Tutorieren oder Lerner-Lerner-Interaktion in informellen Arbeitsgruppen (vgl. ebd.), während asynchrone Phasen, weil sie den Lernenden die Möglichkeit geben, intensiver zu reflektieren, für entsprechende Aufgaben als sinnvoll angesehen werden.
Das folgende Unterkapitel widmet sich im Anschluss daran zunächst in aller Kürze Merkmalen asynchroner und synchroner computervermittelter Kommunikation im Allgemeinen, dann dem lerntheoretischen Hintergrund für den Einsatz von computervermittelter Kommunikation und fokussiert daraufhin den Einsatz asynchroner Formen im Fremdsprachenunterricht.
2.1.2 Computervermittelte Kommunikation im Fremdsprachenunterricht
Die Frage, was computervermittelte Kommunikation (CMC) ist, wird je nach zugrundeliegender Perspektive unterschiedlich beantwortet, d.h. beispielsweise technisch differenziert, mit einem Fokus auf CMC als Werkzeug, als Prozess oder interpersonale Interaktion: „In other words, CMC is a generic term that embodies all forms of communication between individuals and among groups via networked computers“ (Nguyen 2008, 2).
Besondere Merkmale von CMC werden häufig auf der Folie von Face-to-Face-Kommunikation beschrieben, so wie es auch in der folgenden kurzen Darstellung geschieht, die auf Nguyen (ebd., 3) beruht und die Vorlage für die weiteren Ausführungen zu CMC im Fremdsprachenunterricht liefert:1
Technische Merkmale: Interpersonale Kommunikation wird durch CMC erleichtert, sie kann zwischen einzelnen oder vielen stattfinden. Die Kommunikation kann synchron, d.h. nahezu zeitgleich, und asynchron, d.h. zeitversetzt, stattfinden. In beiden Fällen ist die Kommunikation insofern ortsunabhängig, als diejenigen, die miteinander kommunizieren, nicht am gleichen Ort sein müssen. Die zeitliche Flexibilisierung wurde bereits in Kapitel 2.1.1 kommentiert, ist aber, generell gesprochen, beim synchronen Modus weniger gegeben als beim asynchronen Modus.2 Während CMC in den Anfangsjahren zunächst ausschließlich textbasiert stattfand, gibt es heute auch audiobasierte Möglichkeiten wie Video- oder Voice-Chat bzw. die Möglichkeit, text- und audiobasierte Kommunikation zu mischen,3 wobei die Beiträge zu einem späteren Zeitpunkt gelesen/gehört werden können. Die Ausführungen in den folgenden Kapiteln beziehen sich, sofern nicht anders angegeben, auf textbasierte computervermittelte Kommunikation.
Sprachliche Merkmale: Die sprachlichen Merkmale von CMC unterscheiden sich stark je nach Modus (asynchron oder synchron). Übergreifend lässt sich feststellen, dass die Sprache von CMC sowohl „konzeptionell schriftlich“ als auch „konzeptionell mündlich“ (vgl. Koch/Oesterreicher 1994) sein kann.
Soziale Merkmale: Nguyen (2008, 3) nennt mit Bezug auf verschiedene Studien, die untersuchten, wie Benutzer/-innen CMC empfinden, Unpersönlichkeit („impersonality“) als das hervorstechende Merkmal. Dies kann auf die sogenannte Kanalreduktion zurückgeführt werden:
Bei computervermittelter Kommunikation via getipptem Text sind […] die meisten Sinnesmodalitäten im interpersonalen Zusammenhang ausgeschlossen: Man kann zwar den Computer riechen und die Computertatstatur fühlen, doch diese Sinnesmodalitäten sind nicht auf das kommunikative Gegenüber anzuwenden – dieses ist vornehmlich nur textuell präsent. Die im Vergleich zur Face-to-Face- bzw. Body-to-Body-Situation drastische Kanalreduktion auf der physikalischen Reizebene gehe auf psycho-sozialer Ebene mit einer Verarmung der Kommunikation […] einher. (Döring 2003, 149, Hervorhebung im Original)
Die Unpersönlichkeit computervermittelter Kommunikation kann so zu Missverständnissen führen, da wichtige nonverbale und paraverbale Aspekte wegfallen. Durch das Herausfiltern sogenannter sozialer Hinweisreize wie Gestalt, Kleidung, Geschlecht, Alter, laute Stimme etc. kann sowohl prosoziales als auch antisoziales Verhalten (sogenanntes flaming) gefördert werden (vgl. ebd., 54f).
Bei Kanalreduktion und Filtertheorie handelt es sich aber auch um die Gründe, die in den 1990er Jahren zum Einsatz von besonders synchroner computervermittelter Kommunikation in den Fremdsprachenunterricht führte: Da Sprachenlernende nur in den seltensten Fällen einen PC besaßen, wurde synchrone computervermittele Kommunikation (SCMC) in Form von didaktisierten Chats in den Face-to-Face-Unterricht integriert. So kann nachgewiesen werden, dass SCMC für eine gleichberechtigtere Teilnahme aller Lernenden sorgen kann: Studierende, die in Face-to-Face-Diskussionen eine zurückhaltendere Rolle einnehmen, nehmen verschiedenen Studien zufolge (vgl. z.B. Beauvois 1992, Bump 1990) häufiger an Online-Diskussionen teil, wobei die gesteigerte Teilnahme der Tatsache zugeschrieben wird, dass Aspekte wie z.B. Geschlecht, Klasse und Akzent in den textbasierten Umgebungen der Online-Kommunikation nicht zu erkennen sind (vgl. auch O’Dowd 2007, 2). Beauvois und Eledge können bestätigen, dass zurückhaltende Studierende von dem Einsatz von SCMC profitieren: Sie beziehen das Verhalten während Online- und Face-to-Face-Diskussionen auf Persönlichkeitstypen von Myers-Briggs4 und zeigen so, dass introvertierte Typen aktiver an den Online-Diskussionen teilnahmen als an Face-to-Face-Diskussionen (vgl. Beauvois/Eledge 1994, 35).5
Lerntheoretischer Hintergrund
Interaktionistisch-kognitivistische und interaktionistisch-soziokulturelle Fremdsprachenerwerbstheorien bilden die Basis für den Einsatz computervermittelter Kommunikation im Fremdsprachenunterricht (vgl. z.B. Lamy/Hampel 2007, 19–30, Warschauer 1997, 470–472, Brandl 2012, 2–4), wobei beide Theorien auch, in Abwandlungen, für Lernprozesse im Allgemeinen gelten (vgl. Nückles/Wittwer 2014, 231–235). In letzter Zeit kann zudem von einer Koexistenz beider Perspektiven gesprochen werden (vgl. ebd., 231, Aguado 2010, 822).
Interaktionistisch-kognitivistische Ansätze basieren zunächst auf Krashens Input-Hypothese (1982, 1985), nach der ein sprachlicher Input, der nur minimal über dem Kenntnisstand des Lernenden liegt, für den erfolgreichen Fremdsprachenerwerb ausreicht. Ausgehend von Krashens Input-Hyothese fokussiert Long (1983) in der Interaktions-Hypothese die Interaktion mit L1-Sprechern und fortgeschritteneren Lernern, da diese den Lernenden helfe, Bedeutung auszuhandeln, indem verschiedene Strategien wie z.B. Vereinfachung, Nachfragen etc. angewendet werden und der Input so besser angepasst und aufgenommen werden kann. Ergänzt wurden diese interaktionistisch-kognitivistischen Ansätze durch СКАЧАТЬ