Genderlinguistik. Helga Kotthoff
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Название: Genderlinguistik

Автор: Helga Kotthoff

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: narr studienbücher

isbn: 9783823301523

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СКАЧАТЬ aller Regel handelt es sich um spezifische Referenzen.

      Sehr kurz fasst sich Bußmann (2002) bei der Definition des GM: „Gebrauch maskuliner […] Personenbezeichnungen und Pronomina zur Referenz auf beide Geschlechter“ (245). Klann-Delius (2005) liefert außerdem einige Beispiele:

      Unter generischem Maskulinum werden Formen maskuliner Nomina und Pronomina verstanden, die sich auf Personen mit unbekanntem Geschlecht beziehen, bei denen das Geschlecht der Personen nicht relevant ist, mit denen männliche und weibliche Personen gemeint sind oder mit denen eine verallgemeinernde Aussage gemacht werden soll […]. Beispiele sind:

        Die Sendung wird dem Zuschauer gefallen.

        Der Japaner ernährt sich meist gesund. Fast jeder konsumiert häufig Fisch und Gemüse.

        Man sollte wirklich nicht mehr rauchen.

       Jeder, der raucht, kann einen frühen Tod erleiden. (26) [Unterstreichungen: DN].

      Generisch wird somit in der Bedeutung von geschlechtsübergreifend oder -inklusiv, geschlechtsneutral, -indifferent oder -abstrahierend gefasst und bildet die Opposition zu geschlechtsspezifisch oder geschlechtsdefinit. Wir schließen uns Pettersson (2011) an und sprechen ab jetzt von geschlechtsübergreifendem Maskulinum, das wir – nicht unintendiert – ebenfalls unter „GM“ subsumieren, der bereits etablierten Abkürzung für Generisches Maskulinum. Da die Literatur zum generischen Maskulinum in aller Regel geschlechtsübergreifende Maskulina meint, ist diese Gleichsetzung vertretbar.

      Vorab sind verschiedene Arten der Determination zu berücksichtigen (Hellinger 1990, 87–92; Doleschal 1992; Schoenthal 1998, 11; 2000). Es ist nämlich ein großer Unterschied, ob man eine Einzelperson (sprachlich) ausstellt und beleuchtet (dieser Nachbar ist besonders nett) oder ob man von irgendeiner Gruppe von Personen spricht, die womöglich nicht einmal Subjekt oder nur Objekt der Handlung ist, sondern Teil einer adverbialen Angabe (du kannst das Paket nebenan bei den Nachbarn abgeben). Dass dieser Nachbar keine Frau ist, dagegen nebenan bei den Nachbarn Frauen enthalten kann, dürfte weithin geteilt werden. Deutlich wird auch, dass der Numerus (ob Singular oder Plural) eine Rolle spielt, denn bei einer spezifischen Einzelperson (dieser Nachbar) erwartet man eine konkrete und korrekte Geschlechtsangabe, nicht aber von allen Personen einer Gruppe (meine Nachbarn); mehr dazu unten.

      Da nicht-referenzielle Gebräuche von konkreten Eigenschaften der Personen absehen, tritt in solchen Verwendungen das Personengeschlecht am meisten zurück, wird es also irrelevant (dem Zuschauer wird das gefallen). Dies gilt auch für Prädikatsnomen, d.h. Nomen, die nach einer Kopula (einer Form von sein oder werden) stehen: In mein Nachbar ist Bäcker entfaltet ‚Bäcker‘ primär die semantischen Merkmale ‚beruflich backend‘. Ein bestimmter, konkreter Bäcker tritt dabei nicht auf. Gleiches gilt für die Kopula werden: mein Nachbar wird Bäcker. Hier stellt sich die Frage, ob das durch das Maskulinum evozierte Geschlecht soweit herausgefiltert bzw. in den Hintergrund geschoben wird, dass auch bei Frauen solche maskulinen Prädikatsnomen stehen können: ?meine Nachbarin ist Bäcker / wird Bäcker; sie ist Physiker (gemäß Duden-Grammatik 2016, § 1582 geht beides; mehr in Kap. 6.2.2.1).

      (Nicht-)ReferenzialitätReferenzialität ist ein komplexes, abgestuftes Konzept. Am referenziellsten sind Objekte (dazu gehören auch Menschen und Tiere), wenn sie sprachlich identifiziert sind, und das leisten per se Eigennamen am besten, die wir hier ausklammern (Kap. 9). Objekte werden auch identifiziert, wenn man sprachlich auf sie zeigen kann, denn Referenzialität ist an den Grad der Identifizierbarkeit, ‚Sichtbarkeit‘ und Definitheit geknüpft. Dies alles nimmt in Tab. 5-1 von a) nach h) hin ab. Wir verwenden jeweils zwei maskuline Personenbezeichnungen: Gast, wozu keine geläufige feminine Form besteht, und Rentner, wozu das usuelle Femininum Rentnerin existiert. In beiden Klassen dürften sich real so viele Frauen wie Männer befinden, in letzterer eher noch mehr Frauen. Wir schließen damit männlich genderisierte Personenbezeichnungen wie Mörder, Kapitäne, Astronauten bewusst aus, ebenso weiblich genderisierte wie Kosmetiker, Altenpfleger, Erzieher (hierzu später mehr).

Beispiele Kategorien
a Sehr geehrter Gast! Lieber Rentner! adressierend + + Referenzialität – – + + Relevanz von Geschlecht – –
b Dieser Gast / Dieser Rentner bezieht gleich sein Zimmer referierend: spezifisch, demonstrativ, Agens
c Der Gast / Der Rentner sucht noch seinen Koffer spezifisch, definit, Agens
d Ich habe den Gast / den Rentner begrüßt spezifisch, definit, Patiens
e Ich begrüße nachher noch einen [bestimmten] Gast / Rentner spezifisch, indefinit
f Im Wirtshaus kommt nachher sicher noch [irgend] ein Gast / ein Rentner vorbei nicht-spezifisch, indefinit
g Sg.: Ein (der) Gast / ein (der) Rentner ist immer willkommen; Pl.: Gäste / Rentner sind immer willkommen. generisch, Subjekt
h Du bist ein beliebter Gast / jetzt (ein) Rentner prädikativ

      Tab. 5-1: Einige syntaktische und referenzlinguistische Kategorien und ihr Bezug zur ReferenzialitätReferenzialität und Relevanz von Geschlecht

      Tab. 5-1 enthält nur eine kleine Auswahl an syntaktischen und referenzlinguistischen Kategorien. Sie verdeutlicht deren Bezug zur ReferenzialitätReferenzialität und damit zur Relevanz von Geschlecht: Je referenzieller, desto obligatorischer die Geschlechtsangabe. Wir haben unter a) auch die sog. AdressierungAdressierung eingefügt (und vom referierenden Rest abgehoben), da Personen sehr oft angesprochen (und nicht nur besprochen) werden. Bei der Verwendung von Rentner in a) scheinen Frauen sich am wenigsten angesprochen zu fühlen (evt. auch bei Gast). Genau in dieser Adressatenfunktion werden die beiden Geschlechter am häufigsten ausgeflaggt (z.B. durch liebe Rentnerin, lieber Rentner!). Die Konkretheit und Identifizierbarkeit (Referenzialität) des Gastes bzw. Rentners nimmt von a) bis h) sukzessive ab, und in diesem Maß vermutlich auch die Vorstellung eines männlichen Vertreters. Damit ist nicht gesagt, dass in f) bis h) beide Geschlechter gleichermaßen aufgerufen werden, sondern Geschlecht scheint zurückzutreten, irrelevant zu sein. Diese Irrelevanz gilt nicht für a) bis e). Hier erbringen Tests Evidenz dafür, dass kaum Frauen assoziiert werden: Weibliche Rentner müssen hier als movierte Rentnerin erscheinen (Doleschal 1992). Wie dies bei Gast aussieht, wozu nur selten Gästin gebildet wird, ist noch ungeklärt.1 Evozieren nichtmovierbare maskuline Personenbezeichnungen (Gast, Fan) mehr weibliche Vorstellungen als movierbare (Rentner, Kunde), die auf die Existenz einer spezifisch weiblichen Form verweisen? Die Exponierung von Einzelpersonen СКАЧАТЬ