50 Jahre Frauenstimmrecht. Группа авторов
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Название: 50 Jahre Frauenstimmrecht

Автор: Группа авторов

Издательство: Bookwire

Жанр: Социология

Серия:

isbn: 9783038552185

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СКАЧАТЬ so viel ändern wird. Wenn der Herr Blocher im Ehebett neben sich schauen würde, würde immer noch seine Silvia neben ihm liegen und nicht der Richter. (lacht)

      Schlagfertig!

      Ja. Das war ein Blitzeinfall, live übertragen in alle Haushalte.

      Wie aber sind Sie mit der Bürde umgegangen, keine Fehler machen zu dürfen, da alle Augen – die der Kollegen, aber auch die der Öffentlichkeit – auf Sie gerichtet waren?

      Mit einem eisernen Willen. Auch auf Äusserlichkeiten musste ich stark achten, viel stärker als die Männer. Ich musste darauf achten, dass ich anständig angezogen war. Ich bin auch ab und zu zum Friseur. Da stand dann gern mal auf der Titelseite einer Zeitschrift: «Frau Kopp mit neuer Frisur!» Da habe ich über die Prioritätensetzung der Medien schon oft den Kopf geschüttelt. Und natürlich war es furchtbar anstrengend, immer unter Beobachtung zu stehen.

      Sie durften keine Schwäche zeigen?

      Niemals. Ich erzähle Ihnen ein Beispiel dazu: Seit meiner Kindheit leide ich an Migräne. Das sind Schmerzen, dagegen ist eine Geburt gar nichts. Für mich kam gar nicht in Frage, deswegen mal eine Sitzung abzusagen. Es hätte sofort geheissen: «Wir haben doch immer gesagt, die Frauen können das nicht, die sind ja immer krank!» Wenn einer meiner Kollegen eine Grippe hatte, dann ist er halt auch bei einer Bundesratssitzung einfach zu Hause geblieben. Ich habe mich sogar einmal mit einer schweren Migräne in den Ständerat gequält. Das war einer meiner schlimmsten Tage überhaupt. Im Rückblick muss man vielleicht sagen, dass ich mich auch fälschlicherweise so unter Druck gesetzt habe. Denn natürlich darf auch eine Frau einmal krank sein. Aber alles, was ich getan habe, wurde stärker beäugt und härter bewertet. Das ging bis zur Geschichte um meinen Rücktritt. Heute weiss man, dass die Vorwürfe damals falsch waren. Die Öffentlichkeit hat sich aber darauf gestürzt, wie es bei einem Mann nie passiert wäre.

      Haben Sie das Gefühl, dass die Bürde, die auf Spitzenpolitikerinnen liegt, inzwischen geringer geworden ist?

      Politikerinnen heute sind schon weniger exponiert. Es ist nicht mehr so etwas Aussergewöhnliches. Das war bei mir schon noch etwas anders. Ich war alleine, die Erste und Einzige – und zwar überall. Und entsprechend exponiert.

      Woher haben Sie die Kraft genommen?

      Ich hatte viel Erfolg. Das Eherecht wäre ohne mich kaum durchgekommen, das haben mir viele gesagt. Und das war ein ganz wichtiges Gesetz. Es war für mich auch sehr schön zu sehen, wie viel Freude die Leute hatten, wenn ich an Anlässen teilgenommen habe. Das war wärmer als eine Bettflasche, dieses Gefühl. Es gab auch Solidarität mit mir, aber weniger auf dem politischen Gebiet. Dort waren wir auch unterschiedliche Parteien. Aber ausserhalb schon.

      Hat sich der Bundesrat durch Sie verändert?

      Heute könnte es sich kein Bundesrat mehr leisten, keine Frau dabei zu haben. Das ist inzwischen selbstverständlich, es ist «a must» geworden. Sollte ein Vakuum entstehen und nur ein Mann aufgestellt werden, käme eine andere Partei und würde sofort eine Frau aufstellen. Und die würde auch gewählt. Das habe ich zusammen mit meinen Nachfolgerinnen erreicht – und das ist sehr wichtig.

      Sie sind für viele Politikerinnen ein Vorbild, hatten oder haben Sie selber auch Vorbilder?

      Wie stehen Sie zum Thema Emotionalität in der Politik? Gibt es hier Unterschiede zwischen Männern und Frauen?

      Ich habe viele Männer gesehen, die in politischen Debatten sehr emotional reagiert haben. Vielleicht ist auch hier einfach die Wahrnehmung von Emotion bei Frauen stärker, weil sie in der Minderheit sind. Gäbe es mehr Frauen, würde sich auch das verbessern.

      Welchen Vorurteilen sind Sie begegnet?

      Als ich mich für die Einführung obligatorischer Katalysatoren eingesetzt habe, hiess es oft: «Was versteht denn die gute Frau überhaupt von Automotoren?» Ich bin damit sehr bewusst umgegangen, war zum Beispiel vier Tage im Autotechnikum in Biel und habe mich umfassend briefen lassen. Und ich habe mich mit einem Ingenieur kurzgeschlossen, der schadstoffarme Motoren entwickelt hat. Ausgerüstet mit dieser Kenntnis konnte ich zurückschlagen und habe mich bei Veranstaltungen der Automobilimporteure, in denen sie gegen mich Stimmung machen wollten, demonstrativ in die erste Reihe gesetzt. Am Ende habe ich es sogar geschafft, dass bei einer europäischen Konferenz auch die anderen Staaten einem Obligatorium zugestimmt haben.

      Wir haben die Gleichberechtigung, aber wir haben noch keine Lohngleichheit. Sie kennen doch bestimmt das «Fair Trade»-Label, für Produkte ohne Kinderarbeit. Mein Vorschlag ist ein «Equal Pay-Label». Hätte ich eine Firma, würde ich gleiche Löhne zahlen – und damit aktiv werben. Und als Kundin würde ich darauf achten.

      Die Idee ist innovativ.

      Ich habe das schon 2014 vorgeschlagen. Aber bisher blieb die Idee komplett echolos. Equal pay und flexible Arbeitszeiten machen Unternehmen ja auch attraktiv.

      Wie schaffen wir es denn, zukünftig mehr Frauen für aktive Politik zu motivieren?

      Das Problem ist immer, dass Frauen, wenn sie eine Familie und einen Beruf haben, kaum mehr Zeit haben. Wenn sie sich zwischen Beruf und Politik entscheiden müssen, nehmen die meisten den Beruf. Sie verdienen dort mehr, und es ist auch nicht so risikobehaftet wie die Politik. Wenn man sieht, wie gewisse Politikerinnen auch angegriffen werden, habe ich für die Zurückhaltung sogar ein gewisses Verständnis. Aber bei Diskussionen mit Frauen sage ich immer: «Genau deshalb müsst ihr mitmachen! Damit sich etwas ändert.»

      Was raten Sie jungen Frauen?

      Man kann in der Politik viel bewirken, und es ist einen Versuch wert. Wenn es ihnen dann nicht gefällt oder sie enttäuscht sind, können sie ja wieder aufhören. Aber probieren sollte man es einmal. Und es ist eine ungeheuer schöne Genugtuung, wenn man sagen kann: Das wäre nicht gekommen oder viel später, wenn ich nicht dabei gewesen wäre. In meinem Fall zum Beispiel das neue Eherecht oder die Katalysatoren. Das macht Freude und macht auch ein wenig stolz. Da denke ich schon: Der Einsatz hat sich gelohnt!

      Anmerkungen