50 Jahre Frauenstimmrecht. Группа авторов
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Название: 50 Jahre Frauenstimmrecht

Автор: Группа авторов

Издательство: Bookwire

Жанр: Социология

Серия:

isbn: 9783038552185

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СКАЧАТЬ 50 Jahre Frauenstimmrecht. Was bedeutet Ihnen das persönlich?

      Es ist ein Jubiläum. Aber ich hätte das Frauenwahlrecht lieber 50 Jahre früher gehabt. Zumindest ist es 1971 gekommen. Das war sehr spät – aber das können wir jetzt nicht mehr ändern. Das ist unsere Geschichte, und wir müssen das Beste daraus machen.

      Können Sie sich noch an die erste Abstimmung über das Frauenstimmrecht 1959 erinnern?

      Oh ja. Ich war damals in einem der letzten Semester meines Jurastudiums an der Universität Zürich. In einer Pause haben wir in einer Gruppe von Studentinnen und Studenten über das Frauenstimmrecht und die anstehende Abstimmung diskutiert. Ich war natürlich dafür – und viele Männer dagegen, hauptsächlich einer. Ich erinnere mich noch genau, wie dieser junge Mann zu mir gesagt hat: «Also weisst du, Elisabeth, ich verstehe das überhaupt nicht, dass du dich so einsetzt für das Frauenstimmrecht. Du bist doch sonst eine ganz normale Frau.» Ich habe ihn angeschaut und geantwortet: «Ja, ich bin eine ganz normale Frau – und genau darum setze ich mich für das Frauenstimmrecht ein!» Das muss man sich mal vorstellen: So etwas kam von einem jungen Mann, der Jura und die Menschenrechte studierte – und der fand es abnormal, dass eine Frau sagt: «Wir wollen die gleichen Rechte wie Männer!» Meine Antwort ist ihm eingefahren. Gescheitert ist die Abstimmung 1959 trotzdem.

      Wann haben Sie festgestellt, dass Frauen und Männer nicht dieselben Chancen und Möglichkeiten haben?

      Ich wurde vom Feminismus schon als Teenager infiziert. Ich kann mich an zwei Begebenheiten erinnern: Einmal hat mich der Rektor meiner Schule in Bern ins Rektorat bestellt und mich gefragt, was ich eigentlich in einem Gymnasium verloren hätte: Ich würde doch nur einem Jungen den Platz wegnehmen und selber nicht für mehr als eine Eisrevue taugen. Eislaufen war damals meine grosse Leidenschaft. Ich war so wütend auf meinen Rektor. Wenn er gesagt hätte, ich würde jemandem den Platz wegnehmen, der – geschlechtsneutral! – mehr für die Schule arbeitet, dann O.K. Aber diese Argumentation war für mich damals schon nicht in Ordnung.

      Dann haben Sie den Feminismus aber schon ganz schön früh entdeckt.

      Als ich 14 oder 15 Jahre alt war, hat mein Vater einmal in Muri, wo wir wohnten, einen Vortrag gehalten über irgendeine Finanzreform. Er war damals Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung. Ich habe ihn gefragt, ob ich mitkommen kann, und er meinte: «Du wirst zwar nichts davon verstehen, aber wenn du willst, kannst du mitkommen.» Da bin ich mit. Als ich in den Vortragsraum gekommen bin, war der Saal schon ziemlich voll. Ich habe mich in die hinterste Reihe in die Ecke gesetzt, so konnte ich den ganzen Raum sehen. Und mir ist aufgefallen, dass nur zwei weibliche Wesen anwesend waren: Ich und die Serviertochter. Da trat der Veranstaltungsleiter ans Podium und weil er mich hinten in der Ecke sitzen sah, begann er seine Rede mit «Meine Damen und Herren». Dabei habe ich vor mir nur so «beglatzte» Köpfe gesehen, die sich erst verwundert und dann zunehmend empört zu mir umsahen. Sie fragten sehr offen, was denn eine Frau hier drinnen verloren habe. Wieder zu Hause habe ich das meiner Mutter erzählt. Ihre Antwort: «Das ist halt, weil Frauen kein Stimmrecht haben. Darum gehen sie auch nicht an solche Veranstaltungen.» Ich weiss noch, wie ich zu meiner Mutter gesagt habe: «Aber das geht doch einfach nicht! Das muss man doch ändern.» Und meine Mutter hat geantwortet: «Ja, das wird sich auch einmal ändern irgendwann. Aber wahrscheinlich dauert es noch lange.»

      Was hat diese Aussage in Ihnen ausgelöst?

      Und? Was war seine Reaktion?

      Er wurde rot wie ein Granatapfel. Plötzlich war ihm klar, dass ich dieselbe Funktion und Stellung hatte wie er. Aber meine Reaktion war doch ziemlich elegant, oder? (lacht)

      Was war Ihre Motivation, in die Politik zu gehen?

      Zwei Jahre, bevor die Frauen auf Bundesebene das Stimmrecht bekamen, hatten sie in einigen Gemeinden ein Stimmrecht, wenn es um Gemeindeangelegenheiten ging. Als dies bei uns 1969 in Kraft trat, haben die Zumiker Frauen sofort geschnallt, was das für die anstehenden Gemeinderatswahlen im Ort bedeutet. Die Präsidentin des Frauenvereins kam auf mich zu und sagte mir, dass sie mich aufstellen wollten.

      Und wie haben Sie darauf reagiert?

      Ich war überrascht und habe um Bedenkzeit gebeten. Ich hatte zwar mein Studium mit einem Summa cum laude abgeschlossen – übrigens als erste Frau der Fakultät! –, aber ich hatte noch kein Anwaltsexamen. Das wollte ich damals machen. Und ich wollte diese Frage auch mit meinem Mann besprechen. Der schaute mich nur mit grossen Augen an und sagte: «Hör mal, du kannst dich doch nicht jahrelang fürs Frauenstimmrecht einsetzen und dann eine Kandidatur ablehnen, wenn du gefragt wirst!» Da hatte er natürlich recht – und so habe ich der Kandidatur zugestimmt und wurde 1970 in den Gemeinderat gewählt.

      Und wie ging es weiter?

      Drei Tage nach der Wahl war schon die konstituierende Sitzung. Dort wurden als erstes die Ressorts verteilt. Die Männer haben sich auf die Finanzen gestürzt und auf Hochbau. Für mich blieb «Gesundheit und Fürsorge» übrig. Mein erster Impuls war, das als typische Frauenthemen abzutun. Ich habe aber meine Meinung sehr schnell revidiert, denn zu meinen ersten Aufgaben gehörte auch die Planung und die Baubegleitung von einem Schwimmbad in Zumikon. Nach dem Willen des Gemeinderats sollte es ein Hallenbad werden, bei dem eventuell später mal ein Freibad angegliedert werden konnte. Aus meiner Sicht war das Blödsinn. Was sollten denn die Frauen mit kleinen Kindern im Sommer machen? Da nutzte doch ein Hallenbad gar nichts. Und irgendwann einmal vielleicht ein Freibad – das hielt ich für reine Aufschieberei. Ich wollte alles gleichzeitig bauen. Dem Gemeinderat passte das nicht, aber sie liessen sich auf eine Abstimmung in der Gemeindeversammlung ein – und diese Abstimmung habe ich haushoch gewonnen. Für mich ist das ein Beispiel, das ich auch bei Vorträgen oft erwähne, denn es zeigt: Frauen setzen in der Politik oft andere Prioritäten, weil sie Auswirkungen auf Frauen und Kinder stärker im Blick haben. Darum ist es so wichtig, dass Frauen und Männer gleichermassen in der Politik vertreten sind.

      War das nicht eine absurde Situation, gewählte Gemeinderätin zu sein mit Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten – und gleichzeitig formal nicht dieselben Rechte wie ein Mann zu haben?

      Absolut. Es war ein grosses Ärgernis.

      Warum hat es so lange gedauert, das zu ändern?

      Damals hiess es in der Verfassung: Jeder Bürger ist vor dem Gesetz gleich. In der Praxis hiess das: Die Männer konnten abstimmen und wählen, aber die Frauen nicht. Es war eine kleine Gruppe, ich war auch dabei, die der Meinung war, dass der Sinn dieses Passus sei: Jeder Mensch ist vor dem Gesetz gleich – nicht spezifisch Männer oder Frauen. Aber die Auslegung war Gewohnheitsrecht – und um das Gewohnheitsrecht zu ändern, muss man die Verfassung ändern. Dazu braucht es eine Mehrheit der Kantone und eine Mehrheit der Stimmberechtigten, und das war ein dickes Brett.

      Können Sie sich noch an den 7. Februar 1971 erinnern, als die Männer tatsächlich СКАЧАТЬ