Название: Rebellen gegen Arkon
Автор: Hans Kneifel
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Atlan: Traversan-Zyklus
isbn: 9783948675264
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Ein Name mehr in den Verlustdateien, an den sich schon in wenigen Jahren niemand mehr erinnern würde. Oros‘ Lippen bebten in ohnmächtigem Zorn. Zu viele brauchten Hilfe und Versorgung; von den vierhundert Männern und Frauen der Besatzung hatten mehr als einhundertachtzig die Strafexpedition gegen Traversan mit dem Leben bezahlt. Der 200-Meter-Kreuzer PADOM war ein Wrack, von Hüllenbrüchen und Energieeinschlägen schwer in Mitleidenschaft gezogen, aus eigener Kraft nicht mehr manövrierfähig.
Mit einem heftigen Kopfschütteln versuchte der Mediziner, den brennenden Schweiß und die Tränen aus den Augenwinkeln zu vertreiben. Verbissen kämpfte er um das Leben der Verwundeten, von denen viele großflächige Verbrennungen erlitten hatten. Doch vielleicht tauchte das Wrack der PADOM ausgerechnet in dieser Sekunde in die Atmosphäre eines der Planeten ein, um wie ein Meteor in den dichteren Luftschichten zu verglühen. Ohne Kontrolle über den Antrieb …
Die zentrale Energieversorgung war ausgefallen. Nur ein Notkonverter arbeitete noch, ausreichend für die medizinische Station und einige wenige lebenserhaltende Funktionen …
Oros drückte die Augen des Toten zu und zog ihm das bleiche Laken über das Gesicht. Tai Ark‘Tussan, wohin des Wegs? – diese Frage stellte er sich nicht erst seit heute. Man musste schon mit Blindheit geschlagen sein, übersah man die vielen kleinen verräterischen Zeichen, die einer verderblichen Selbstzufriedenheit und Lethargie das Wort redeten. Längst fehlten die Kraft und die Aufbruchsstimmung früherer Imperatoren. Das Große Arkon-Imperium war satt und träge geworden, ein Tempel der Macht, dessen Säulen zunehmend knirschten.
Spitze, abgehackte Schreie ließen Oros herumfahren. Noch ehe er den Regenerationstank erreichte, in dem eine junge Frau mit dem Tod rang, verstummte sie wieder. Achtzig Prozent ihrer Haut waren verbrannt und hätten längst abgetragen werden müssen, doch für eine Operation fehlte die notwendige Energie. Außerdem hatte die Frau hohe Strahlendosen abbekommen; ihr Ableben war nur mehr eine Frage weniger Stunden.
Zwei nahezu bloßliegende Augen starrten Oros an, als er sich über den Plasmatank beugte und die Zufuhr des Anästhetikums erhöhte. Das halbe Gesicht war bis auf die Knochen verschmort, ein grauenvoller Anblick.
»Sie ist so gut wie tot«, erklang eine befehlsgewohnte Stimme aus Richtung des Schotts. »Also kümmern Sie sich nicht um die Frau, sondern bringen Sie endlich die Simulanten wieder auf die Beine!«
Der Mediziner war jäh zusammengezuckt. Im letzten Moment unterdrückte er die Regung, Haltung anzunehmen und dem Kapitän erster Klasse Luceiver seine Achtung zu bezeugen – ohnehin eine Farce angesichts des dutzendfachen Leids ringsum.
»Ich habe keinen Wunsch ausgesprochen, sondern einen Befehl«, dröhnte der Kapitän.
»Niemand kann dem Tod Vorschriften machen, Vere‘athor Luceiver; obwohl ich wünschte, es wäre anders.«
Verächtlich spuckte der Kapitän aus. Dann wischte er sich aufreizend langsam mit dem Handrücken über die Lippen. In seinen düsterroten Pupillen brannte ein verzehrendes Feuer. Mit 1,82 Metern war er knapp eine Handbreit kleiner als der Mediziner, dafür aber fülliger, ein Bündel aus Muskeln und Energie. Seine von der Raumstrahlung gegerbte, rissig wirkende Haut kontrastierte hart mit dem schlohweißen Haar, das er im Gegensatz zur Tradition nur fingerlang trug.
Steif schritt Luceiver zwischen den Medoliegen hindurch.
»Aufstehen!«, herrschte er einen der offensichtlich leichter Verwundeten an. »Im Bereich des Ringwulstes brauche ich jede Hand, die zupacken kann!«
»Tamatos darf sich nicht bewegen«, wagte Oros zu widersprechen. »Eine Tritium-Vergiftung …«
Um Luceivers Mundwinkel erschien eine tiefe Falte des Missfallens.
»Sehen Sie schwerwiegende Verletzungen?«, stieß er hervor. »Der Mann ist verwendungsfähig. Ich hoffe nicht, dass Sie anderer Meinung sind.«
Das klang lauernd und drohend zugleich.
Der Mediziner schien ein kurzes Stoßgebet zu allen Sternengöttern zu schicken; seine Stimme vibrierte hörbar, als er antwortete:
»Mit allem Respekt, Vere‘athor, aber der berstende Stützmassetank hat fünf unserer besten Techniker in den Tod gerissen, und nur Tamatos …«
»Wie viel Zeit brauchen Sie, um die Vergiftung zu neutralisieren?«
Der Mediziner setzte zu einer Antwort an, zog es dann aber doch vor, betreten zu schweigen.
»Also ist er ohnehin so gut wie tot«, folgerte Luceiver. »Alle werden sterben, falls es nicht gelingt, die PADOM wieder in einen kampffähigen Zustand zu versetzen! Ich erwarte Ihre Schützlinge innerhalb von fünf Minuten zum Dienst, Sie eingeschlossen. Noch befinden wir uns im Kriegszustand – und das wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern.«
Luceiver war ein Schinder, einer der Kapitäne, die glaubten, ihre Macht jeden Tag neu unter Beweis stellen zu müssen. Ohne ihn wäre es an Bord der PADOM vielleicht sogar erträglich gewesen. Immerhin war der 12.000 Lichtjahre von Arkon entfernte Brysch-Sektor ein strategisch unbedeutender Sternhaufen, der nicht einmal die Methans wirklich interessierte. Allein schon die Präsenz der Sektoralflotte genügte, potentielle Gegner auf Distanz zu halten – das heißt, bis vor kurzem war es so gewesen, doch inzwischen hatte die Schieflage ein bedrohliches Ausmaß angenommen.
Der Reihe nach deutete Luceiver auf vier Patienten.
»Ich erwarte Sie umgehend in Sektion 14, auf dem Torpedodeck. Aufräumarbeiten. – Noch Fragen, Oros?«
Offenbar zögerte der Mediziner zu lange mit der Antwort, denn Luceivers Rechte schnellte vor und packte ihn am Uniformaufschlag.
»Sie sollten meine Großherzigkeit schätzen, Oros«, herrschte er den Mediziner an. »Was glauben Sie, weshalb ich Sie nicht zu den Konvertern schicke? Weil ich dort Kerle brauche, keine Waschlappen.«
Mit einer unwilligen Bewegung stieß er Oros zur Seite. Dass die hasserfüllten Blicke des jungen Mediziners ihn wie Dolche in den Rücken trafen, bemerkte er nicht mehr, als er mit dröhnenden Schritten die Krankenstation verließ.
Als Oros den Raumanzug schloss und den Helmfunk aktivierte, schlug eine Vielzahl von Stimmen über ihm zusammen. Flüche, Verwünschungen, Befehle – er wurde mitten in die Hektik der Reparaturarbeiten hineingeworfen. Diese fieberhafte Aufregung war so ganz anders als die gedämpfte Stimmung innerhalb der medizinischen Abteilung. Erst nach einer Weile besann er sich darauf, die Empfindlichkeit des Helmfunks neu zu justieren. Plötzlich waren da nur noch die Stimmen seiner Schützlinge, ganz nahe und überdeutlich zu verstehen.
»Wir schaffen das schon, Oros, und wenn nicht …«
Eben dieses wenn nicht erfüllte ihn mit Unbehagen. Seine Aufgabe war es, Leben zu erhalten, nicht sinnlos zu opfern.
Ihr seid mit Schmerzmitteln und Psychopharmaka vollgepumpt!, wollte er ihnen entgegenschreien. Die Euphorie wird nur von kurzer Dauer sein, und danach kommt der Zusammenbruch, dann werden die Schmerzen unerträglich.
»Kommen Ihre Leute voran, Oros?«, dröhnte Luceivers Stimme aus dem Funkempfang. »Ich erwarte Ergebnisse – so schnell wie möglich. Also vergessen Sie Ihre verweichlichten medizinischen СКАЧАТЬ