Название: Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen
Автор: Christoph Hillebrand
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Lehr- und Handbuch
isbn: 9783811488540
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d) Abgrenzung zur Haftung bei angemaßter Eigengeschäftsführung (§ 687 Abs. 2)
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Die unerlaubte Behandlung fremder Angelegenheiten als eigene begründet, wie bereits dargestellt, nicht das gesetzliche Schuldverhältnis der GoA. Sie führt vielmehr zur vollen deliktischen Schadenshaftung des Handelnden. § 687 Abs. 2 gibt dem Geschäftsherrn jedoch das Recht, alle Ansprüche aus berechtigter GoA geltend zu machen – ohne dadurch zugleich die Übernahme der Geschäftsführung zu genehmigen. Vielmehr wird der Geschäftsherr dann seinerseits wie im Fall der unberechtigten GoA behandelt und schuldet nach § 684 S. 1 lediglich die Herausgabe noch vorhandener Bereicherung.
In seinem Verlangen nach Herausgabe des Erlangten vom Geschäftsführer liegt jedoch konsequenterweise eine Genehmigung aller Verfügungen des Geschäftsführers nach § 185 Abs. 2.
Diese Vorgehensweise des Geschäftsherrn führt im Falle von Verfügungen des Geschäftsführers über Sachen oder Rechte hinsichtlich der Herausgabepflichten zum gleichen Ergebnis wie ein Kondiktionsverlangen nach § 816 Abs. 1, sofern mit der h.M. letzterer Anspruch auch die Herausgabe eines über dem Wert der verfügten Sache liegenden Gewinns (commmodum ex negotiatione) umfasst. Gleiches gilt im Falle des Forderungseinzugs im Hinblick auf § 816 Abs. 2.
Zusätzlich geben §§ 687 Abs. 2, 681, 666 jedoch auch einen Anspruch auf Rechnungslegung, was im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes, etwa bei Urheberrechtsverletzungen, für eine erst dadurch überhaupt ermöglichte Feststellung des herauszugebenden Gewinns erforderlich sein kann.
Bedeutung kann auch die Zufallshaftung des § 678 im Rahmen der Ersatzansprüche haben, als diese über § 848 dadurch hinausgeht, dass sie nicht nur die unerlaubte Sachentziehung betrifft.
a) Erstattungsansprüche
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§ 683 gibt dem Geschäftsführer im Fall der berechtigten Übernahme den Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen nach § 670; dies gilt auch, wenn die Übernahme der Geschäftsführung zwar gegen den Willen des Geschäftsherrn erfolgte, dieser aber nach § 679 unbeachtlich ist (vgl. § 683 S. 2). Der Anspruch besteht außerdem im Falle der unberechtigten Übernahme der Geschäftsführung, sofern der Geschäftsherr sie genehmigt (vgl. § 684 S. 2).
Der Aufwendungsersatz umfasst eine Tätigkeitsvergütung des Geschäftsführers (nur), wenn er im Rahmen seines Berufs oder Gewerbes gehandelt hat (in entsprechender Anwendung von § 1835 Abs. 3). Dies ist schon deshalb zutreffend, weil dieser sich derweil um anderweitiges Berufseinkommen gebracht hat (z.B. beim Einsatz von Baumaschinen für Rettungsmaßnahmen).[26]
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Auch eigene Schäden des Geschäftsführers können als Aufwendungen ersatzfähig sein, nämlich sofern sich in der Schädigung das typische Risiko der übernommenen Geschäftsführung realisiert hat. Anderes gilt für Schäden, die lediglich dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen sind, ohne dass die vorgenommene Geschäftsführungsmaßnahme das Risiko erhöht hätte. Im Rahmen der danach ersatzfähigen Schäden kann eine Kürzung des Ausgleichsanspruchs nach dem Rechtsgedanken des § 254 (Mitverschulden) in Betracht kommen, allerdings ist jedenfalls bei Rettungsmaßnahmen wiederum die Wertung des § 680 zu berücksichtigen, wonach dem Geschäftsführer nur grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz zur Last gelegt werden können.
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Der Vermögensschaden, der etwa risikotypisch aus einer Unfallverletzung des Geschäftsführers im Rahmen einer rettenden Geschäftsbesorgung erwächst, ist ersatzfähiger Aufopferungsschaden (z.B. durch Absturz eines Mitglieds der Bergwacht bei einer Rettungsaktion aus Bergnot). Hierzu zählen bei tödlicher Unfallverletzung des auftragslosen Retters – anders als im Fall vertraglich verabredeter Geschäftsführung (z.B. beim gebuchten Bergführer, wenn dieser bei der Rettung eines Mitglieds seiner Bergsteigergruppe verunglückt) – allerdings nicht Aufwendungen und Unterhaltsschäden von Angehörigen des zu Tode gekommenen Retters; während beim beauftragten Nothelfer eine Haftungserstreckung analog §§ 844 f. mittels eines Vertrags zugunsten Dritter durch ergänzende Vertragsauslegung möglich ist, scheidet solches bei der Geschäftsführung ohne Auftrag aus (ergänzende Vertragsauslegung setzt einen Vertrag voraus und für eine direkte Anwendung von §§ 844 f. mangelt es an einem Delikt).[27]
b) Bereicherungsansprüche
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Handelt der Geschäftsführer zwar mit Fremdgeschäftsführungswillen, ist die Übernahme der Geschäftsführung dem Geschäftsherrn jedoch unwillkommen und steht gegen sein Interesse (zur Problematik von Interesse und mutmaßlichem Willen s.o. Rn. 593), so richtetet sich der wechselseitige Ausgleich zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn nach Bereicherungsrecht. Dies ist für die Herausgabe dessen, was der Geschäftsherr aus der Tätigkeit des Geschäftsführers erlangt hat, in § 684 S. 1 bestimmt;[28] umgekehrt unterliegt auch der Geschäftsführer in solchen Fällen der Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2) hinsichtlich des mit Mitteln und auf Kosten des Geschäftsherrn Erlangten.
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Der Geschäftsherr hat allerdings nach § 684 S. 2 die Möglichkeit, die Geschäftsführung nachträglich (vgl. § 184) zu genehmigen,[29] die dadurch zur berechtigten GoA wird (Rechtsfolgenverweisung auf §§ 683, 677). Geht man allerdings zurecht davon aus, dass auch die unberechtigte GoA ein gesetzliches Schuldverhältnis und etwa § 681 auch auf sie anwendbar ist, hat diese Wahlmöglichkeit für den Geschäftsherrn keinen Vorteil und damit jedenfalls praktisch keinen Anwendungsbereich.
c) Außenverhältnis bei der GoA
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Die GoA ist ein gesetzliches Schuldverhältnis nur zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn. Sie betrifft lediglich das Innenverhältnis. Davon zu trennen ist die Frage nach der Wirksamkeit etwaiger Rechtsakte des Geschäftsführers im Verhältnis zu Dritten. Dies richtet sich allein nach der Verfügungsmacht des Geschäftsführers (vgl. § 185), welche auch im Falle berechtigter und also willenskonformer Geschäftsführung nur aus gesonderter Erteilung durch den Geschäftsherrn folgt.
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Verfügungen des Geschäftsführers werden deshalb in aller Regel nur durch nachträgliche Genehmigung (vgl. § 185 Abs. 2) berechtigt sein. Diese Genehmigung liegt regelmäßig im Herausgabeverlangen des Geschäftsherrn auf den Veräußerungserlös als notwendige Konsequenz (so anerkannt im Fall des § 816 Abs. 1 und auf den Herausgabeanspruch nach §§ 681, 667 übertragbar; umstritten). Einen Anspruch auf Genehmigung seiner Verfügungen hat der Geschäftsführer jedoch grundsätzlich nicht.
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Gleiches gilt in Bezug auf die rechtsgeschäftliche Vertretung des Geschäftsherrn, zu der es dem Geschäftsführer stets an der Vertretungsmacht СКАЧАТЬ