Название: Kommunalrecht Baden-Württemberg
Автор: Matthias Müller
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: JURIQ Erfolgstraining
isbn: 9783811491717
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Lösung
A. Zulässigkeit der Klage
I. Verwaltungsrechtsweg – § 40 VwGO
Bei der Klage gegen den Bescheid der Gemeinde G handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art i.S.d. § 40 VwGO.
II. Statthaftigkeit
Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren. Die Klage richtet sich gegen einen belastenden VA (§ 35 LVwVfG) der Gemeinde, so dass die Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft ist.
III. Klagebefugnis – § 42 Abs. 2 VwGO
Als Adressatin des belastenden VAs ist R möglicherweise in eigenen Rechten (Art. 12 Abs. 1 GG) verletzt. Die Klagebefugnis ist demnach zu bejahen.
IV. Vorverfahren – § 68 VwGO
Ein Vorverfahren gem. § 68 VwGO wurde ordnungsgemäß durchgeführt.
V. Klagefrist – § 74 VwGO
Die einmonatige Klagefrist des § 74 VwGO wurde gewahrt.
VI. Zuständiges Gericht
Das VG ist in vorliegendem Fall gem. § 45 VwGO sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ist laut Sachverhalt gegeben.
VII. Zwischenergebnis
Die Klage der R ist zulässig.
B. Begründetheit
Die Klage ist begründet, wenn sie sich gegen den richtigen Beklagten wendet (§ 78 VwGO), der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
I. Passivlegitimation
Die Klage ist gem. § 78 Nr. 1 VwGO gegen den Rechtsträger der den VA erlassenden Behörde zu richten.
Der angefochtene Bescheid wurde vom Bürgermeisteramt erlassen. Aus diesem Grunde ist die Gemeinde G die richtige Beklagte.
II. Rechtswidrigkeit des angefochtenen VAs
1. Ermächtigungsgrundlage
Mit Bescheid der Gemeinde G wurde gegen R ein Vertretungsverbot verhängt. Zutreffende Ermächtigungsgrundlage hierfür ist § 17 Abs. 3 GemO.
2. Formelle Rechtswidrigkeit
Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid der Gemeinde G formell rechtswidrig ist, sind im Sachverhalt nicht ersichtlich. Insbesondere wurde die Entscheidung über die Verhängung des Vertretungsverbots gemeindeintern von dem hierfür zuständigen Organ – dem Gemeinderat – getroffen (§ 17 Abs. 3 S. 3 GemO).
3. Materielle Rechtswidrigkeit
Der Bescheid der Gemeinde G wäre dann materiell rechtswidrig, wenn das gegen R verhängte Vertretungsverbot nicht von § 17 Abs. 3 GemO gedeckt wäre.
a)
§ 17 Abs. 3 GemO lässt die Verhängung eines Vertretungsverbots in den Fällen zu, in denen der ehrenamtlich tätige Bürger Ansprüche oder Interessen eines Dritten gegen die Gemeinde geltend macht.
b)
Vorliegend bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des VA vor allem deshalb, weil fraglich ist, ob die Tätigkeit in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren eine Geltendmachung von Ansprüchen oder Interessen i.S.d. § 17 Abs. 3 GemO ist.
aa)
Nach Ansicht des VGH Baden-Württemberg[2] ist die Vertretung in Bußgeldsachen durch einen dem Gemeinderat angehörenden Rechtsanwalt kein Geltendmachen von Ansprüchen oder Interessen eines anderen gegen die Gemeinde. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Gemeinde die Befugnisse einer Strafverfolgungsbehörde im Rahmen eines strafrechtsähnlichen Verfahrens wahrnimmt. In diesem Verfahren tritt ihr der Rechtsanwalt des wegen einer Ordnungswidrigkeit verfolgten Bürgers nicht als Bevollmächtigter, der Ansprüche oder Interessen seines Mandanten gegen die Gemeinde geltend macht, gegenüber. Er hat vielmehr eine dem Strafverteidiger vergleichbare Rolle.
bb)
Beide – sowohl der Rechtsanwalt in seiner Funktion als Verteidiger als auch die Gemeinde in der ihr zugewiesenen Rolle der staatlichen Strafverfolgungsbehörde – haben die für das Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz maßgebende Aufgabe zu erfüllen, als Organe der Rechtspflege nach der Wahrheit zu suchen, d.h. sich mit objektiven Kriterien um die Richtigkeit des gegen den Bürger erhobenen Vorwurfs zu bemühen. In dieser Funktion kann der Interessenkonflikt, den der Gesetzgeber mit der im § 17 Abs. 3 S. 1 GemO getroffenen Regelung im Auge hat, nicht eintreten. Hieran ändert sich auch nichts vor dem Hintergrund, dass die verhängten Bußgelder in die Gemeindekasse fließen. Denn bei der Aufgabe, die den Gemeinden mit dem Ordnungswidrigkeitengesetz auferlegt worden ist, handelt es sich im Kern um eine solche der Strafverfolgung als staatliche Aufgabe und nicht um eine Aufbesserung des Gemeindehaushalts.
c)
Im Ergebnis hätte die Gemeinde G gegenüber der R kein Vertretungsverbot verhängen dürfen, da dieses nicht durch § 17 Abs. 3 S 1 GemO rechtlich gedeckt ist. Die dem Bescheid zu Grunde liegende Auslegung dieser Vorschrift sprengt den Rahmen der mit § 17 Abs. 3 S. 1 GemO bezweckten Regelung und ist deshalb mit den Grundrechten der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar.
C. Ergebnis
Da die R durch den rechtswidrigen VA in eigenen Rechten verletzt wird, ist die Klage begründet.
Anmerkungen
Der Fall ist einer Entscheidung des VGH Mannheim nachgebildet (Urteil vom 22.2.1979 – I 745/78).
VGH BW Urteil vom 22.3.1979 – I 745/78.
6. Teil Beteiligung von Einwohnern und Bürgern
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