Название: Aufenthalts- und Asylrecht
Автор: Kyrill-Alexander Schwarz
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: JURIQ Erfolgstraining
isbn: 9783811491724
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Beispiel
So zählt beispielsweise die religiöse Überzeugung einer Person zu seinen unabänderlichen persönlichen Merkmalen, soweit kein Zweifel daran besteht, dass die Person seiner Religion mit entsprechender Überzeugung auch nachgeht. Weitere Merkmale können auch Rasse oder Nationalität sein sowie die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe.
d) Verfolger
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Weiter stellt sich auch die Frage, wer oder was überhaupt tauglicher Verfolger sein kann, also von wem die politische Verfolgung ausgehen muss, damit eine solche i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG vorliegt. Nach der oben erläuterten Auslegung des Begriffs „politisch“ anhand objektiver Merkmale scheint es zunächst auf der Hand zu liegen, dass diese nur von staatlichen (politischen) Stellen aus erfolgen kann. Dies entspricht auch dem grundsätzlichen Verständnis des Asylrechts. Allerdings ist mittlerweile auch eine staatsähnliche Verfolgung sowie eine solche von staatsähnlichen Organisationen anerkannt.[15] Während es sich bei staatsähnlichen Organisationen um solche handelt, die über ein eigenes Territorium die Verfügungsgewalt haben und den eigentlichen Staat insoweit verdrängt haben, meint die staatsähnliche Verfolgung Verfolgungshandlungen Dritter, die dem Staat zuzurechnen sind.
Beispiel
Eine solche staatsähnliche Organisation stellte in jüngerer Vergangenheit beispielweise der Islamische Staat dar, der unter anderem einige Teile Syriens unter seine Gewalt brachte und dort wie ein Staat herrschte.
Eine Verfolgung durch Dritte stellt beispielsweise die Verfolgung einer religiösen Minderheit durch eine dominierende Religion dar. Stellt sich der Staat hierbei nicht schützend vor die Minderheit, so ist ihm die Verfolgung unter Umständen zuzurechnen.
e) Verfolgte
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Neben der Klärung der Fragen, wann eine Verfolgung vorliegt und wann diese politisch ist, gibt es einige Merkmale, die sich erst auf den zweiten Blick eröffnen. So ist auch zu klären, ob der Asylsuchende überhaupt ein Verfolgter i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG ist. Es geht also um die Frage, ob er persönlich durch die politische Verfolgung betroffen ist. Zur Klärung dieser Frage kann auf die Verletzung eigener Rechte des Betroffenen abgestellt werden, aus der sich eine individuelle Verfolgung ergeben muss.
Hinweis
Dieses Merkmal hat auf den ersten Blick gewisse Ähnlichkeiten mit der bereits geprüften Eröffnung des persönlichen Schutzbereichs. Während es dort allerdings nur um objektive Kriterien (wie z.B. die fehlende deutsche Nationalität) geht, kommt es hier auf eine konkrete persönliche Betroffenheit des Einzelnen an.
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Darüber hinaus kann aber auch eine Verfolgung ganzer Gruppen denkbar sein. Nämlich immer dann, wenn die Verfolgung an bestimmte Merkmale eines Kollektivs oder einer Gruppe anknüpft. Eine solche Gruppenverfolgung liegt in der Regel dann vor, wenn einzelne Mitglieder der Gruppe Rechtsgutbeeinträchtigungen in asylrechtlich relevanter Intensität und Häufigkeit erfahren, von der sich eine drohende Verfolgung jedes einzelnen Gruppenmitglieds ableiten lässt.[16] Insoweit ist dann die Frage zu klären, ob der Einzelne dieser Gruppe auch angehört.
f) Flucht wegen bzw. vor Verfolgung
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Nicht zu vergessen ist, dass die Flucht auf Grund einer politischen Verfolgung erfolgt sein muss. Das Gesetz fordert hier einen kausalen Zusammenhang. Ausschlaggebend ist hierfür grundsätzlich der Zeitpunkt der Verfolgung, sofern die Verfolgung bereits begonnen hat. Allerdings kann es auch sogenannte Nachfluchtgründe geben, die eine Verfolgung erst im Nachhinein begründen, unter Umständen sogar erst, wenn der Betroffene bereits im Zielstaat angekommen ist (vgl. insoweit auch das Merkmale der Verfolgungsprognose weiter unten). Auf diese Nachfluchtgründe wird weiter unten näher eingegangen (Rn 90).
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Eine Flucht i.S.d. der GFK und damit auch des Art. 16a Abs. 1 GG liegt vor, wenn der Betroffene auf Grund der politischen Verfolgung sein Herkunftsland verlässt, um im Zielstaat Schutz zu suchen. Es bedarf also eines Kausalzusammenhangs zwischen Ausreise und Schutzsuche. Herkunftsland ist dabei dasjenige Land, welches für den Schutzsuchenden eigentlich staatsrechtlich verantwortlich wäre.
g) Verfolgungsprognose
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In der Regel stellt ein Betroffener gerade auf Grund einer politischen Verfolgung in seinem Herkunftsland einen Asylantrag. Allerdings ist zu beachten, dass eine solche tatsächliche Verfolgung nicht zwingend nötig ist. Dies würde dem Schutzzweck des Asylrechts widersprechen. Denn einem Betroffenem kann es nicht zugemutet werden, eine Verfolgung erst zu erdulden, um im Anschluss Asyl zu erhalten. Aus diesem Grund genügt bereits eine gegenwärtig drohende Verfolgung.[17] Damit einher geht aber das Erfordernis einer Prognoseentscheidung durch die zuständigen Stellen und daran anschließend eine eventuelle gerichtliche Überprüfung. Demnach ist im Einzelfall zu untersuchen, ob im hypothetischen Falle der Rückkehr der Betroffene Verfolgungsmaßnahmen i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG zu erwarten hat. Es kommt also darauf an, ob bei Würdigung aller Umstände mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Herkunftsstaat droht und deshalb die Rückkehr nicht zumutbar ist.
3. Teil Das materielle Asylrecht › B. Asylrecht für politisch Verfolgte › IV. Gesetzliche Einschränkungen
IV. Gesetzliche Einschränkungen
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Nutzen Sie diese Gelegenheit und wiederholen die Grundsätze zur Beschränkbarkeit von Grundrechten.
In der Anwendung des Art. 16a Abs. 1 GG ist zu beachten, dass dieser geschriebenen (Abs. 2 und 3) sowie ungeschriebenen verfassungsimmanenten Einschränkungen unterliegt. Zu beachten ist nicht nur die genaue Terminologie, sondern auch die inhaltliche Unterscheidung. Es handelt sich gerade nicht um verfassungsimmanente Schranken, also Regeln zur Einschränkbarkeit des Grundrechtsschutzes auf Grund eines zunächst eröffneten Schutzbereichs. Vielmehr handelt es sich hierbei um Einschränkungen bereits auf Schutzbereichsebene bzw. einer Modifizierung des verwaltungsrechtlichen Verfahrens.[18]
1. Die Drittstaatenregelung
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Nach Art. 16a Abs. 2 GG sind bereits einige Schutzsuchende vom Anwendungsbereich des Art. 16a Abs. 1 GG ausgenommen, wenn sie aus einem bestimmten (normierten) Drittstaat eingereist sind. Hierbei wird unterschieden zwischen einer Einreise aus anderen EU-Ländern (Abs. 2 S. 1 Alt. 1) und anderen Ländern (Abs. 2 S. 1 Alt. 2). Da es sich bei der Herkunft aus einem solchen Land um ein in der Person des Schutzsuchenden liegenden Merkmals handelt, ist bei Vorliegen dieser Einschränkung bereits der persönliche Schutzbereich nicht eröffnet.[19]
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