Das unerträgliche annehmen. Joanne Cacciatore
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Название: Das unerträgliche annehmen

Автор: Joanne Cacciatore

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежная психология

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isbn: 9783962572549

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      Entscheidungen, die wir als Trauernde treffen, verdienen den Respekt der anderen.

      Trauernde müssen von ihrem Umfeld respektvoll gefragt werden, ob und wie ihr Schicksalsschlag öffentlich gemacht werden soll. Wir sollten unseren Schmerz so zum Ausdruck bringen und unserer Lieben so gedenken können, wie wir es wollen. Wenn wir Glück haben, schenkt unser Umfeld uns Großzügigkeit ohne die Erwartung von Gegenleistungen, Privatsphäre, ohne uns dabei zu isolieren, selbst gekochtes Essen, ohne dafür unseren Dank zu erwarten, und das gut gemeinte „Ich bin für dich da“, ohne dass wir darauf eingehen müssen.

      Beistand wie dieser, so vergleichsweise selten es ihn gibt, ist allerdings oft nur von kurzer Dauer, die Trauer aber bleibt. Die Leute kehren rasch wieder in ihren gewohnten Alltag zurück. Normalität stellt sich ein, zumindest für diejenigen, die nicht trauern.

      Aber wenn wir Angst haben und leiden, brauchen wir andere, mit denen wir ehrlich sein können. Wir brauchen andere, die mit uns gemeinsam durch das Tal der Tränen gehen, manchmal immer und immer wieder. Wir brauchen jemanden, an den wir uns wenden können, der vertrauenswürdig ist, nicht urteilt, nicht dichtmacht oder unserem Leid ausweicht. In unserem Schmerz brauchen wir vielleicht auch erst einmal den Mut, uns überhaupt an andere zu wenden. Und all das brauchen wir auf unbestimmte Zeit.

      Trost und Zuwendung kommen aus vielerlei Richtungen. Aufmerksame, achtsame, nicht urteilende Zuhörer sind oftmals dort zu finden, wo wir es am wenigsten erwarten. Achten Sie auf Menschen, die bereit sind, Ihnen beizustehen, und suchen Sie ihre Hilfe.

      Die Zeit mit solchen Menschen kann Ihnen in unwegsamem Gelände Halt geben.

      3

      Ritueller und künstlerischer Umgang mit Trauer

      Zu lieben bedeutet, uns sowohl Trauer, Kummer und Enttäuschung als auch Freude, Erfüllung und somit einer Intensität des Bewusstseins zu öffnen, die wir zuvor nicht für möglich gehalten haben. Rollo May

      Je nach der Region, in der wir leben, unserer Religion und unserer ethnischen Zugehörigkeit können wir Trauer auf unterschiedliche Weise ritualisieren, verstehen und verarbeiten, doch gleichzeitig ist Trauer der am meisten verbindende Aspekt der menschlichen Erfahrung. Jede Kultur und jede Religion weiß von der Trauer.

      Siddhartha Gautama, der zum Buddha wurde, verlor bereits im Säuglingsalter seine Mutter Mayadevi. Mit der Kreuzigung Jesu wurde die Jungfrau Maria zur trauernden Mutter. Jesus trauerte, als sein Freund Lazarus starb, auch wenn er an das ewige Leben glaubte. Mohammed verlor seinen jungen Sohn Ibrahim und seinen Enkel. Abraham begrub seine Frau Sarah und der Thora zufolge brauchte ihr Sohn Isaak nach ihrem Tod drei Jahre, bis er wieder Liebe und Trost in den Armen seiner Frau Rebekka fand. In der Bahai-Tradition starb Bahá’u’lláh’s Vater in dessen früher Jugend.

      Über Zeiten, Kulturen und Religionen hinweg berührt Trauer uns alle. Trauer ohne festes Verfallsdatum ist eine unausweichliche Wahrheit der menschlichen Existenz. Trauer ist von Natur aus labyrinthisch und rätselhaft; sie hat emotionale, körperliche, soziale, zwischenmenschliche, wirtschaftliche, spirituelle und existenzielle Auswirkungen.

      Zahlreiche Faktoren beeinflussen, wie Trauer sich manifestiert: unsere Beziehung zum Verstorbenen, die Todesart, die Intensität unserer Liebe und Verbindung, gegenseitige Abhängigkeiten, Totenrituale bei frühzeitigen Todesfällen, wie während des Trauerfalls mit uns umgegangen wird, wie wir darüber benachrichtigt werden, das Verhalten anderer uns gegenüber in der Zeit danach, unsere Weltsicht, unsere geistige und spirituelle Orientierung, frühere Verluste und Traumata und wer wir in unserem Innersten sind. All das beeinflusst unsere Trauererfahrung zutiefst – und ebenso einzigartig können auch Trauerrituale sein.

      Es ist eine Herausforderung, Studenten etwas über das Trauern beizubringen, wenn sie selbst noch nie getrauert haben, aber es ist auch kein Ding der Unmöglichkeit. Als Professorin an der Arizona State University liegt mein Schwerpunkt in der Forschung, aber ich leite auch vier Kurse im Jahr. Am beliebtesten ist mein Kurs über traumatische Todesfälle und Trauer. Die Studenten schreiben sich für ein Semester Erlebnispädagogik ein, weil sie offenbar verstehen, dass ihnen später als Berater, Therapeuten, Fachkräften oder einfach als Menschen, die lieben, irgendwann einmal die Trauer begegnen wird. Als Teil der Lehrveranstaltungen bitte ich die Studenten darzulegen, was sie unter Trauer verstehen, woraus sich dann ein kreatives Kunstprojekt entwickelt.

      Ein hervorragendes Beispiel kam von einer zurückhaltenden, feinfühligen Studentin namens Theresa:

       Aus Theresas Herzküche

       1 Portion

       Zutaten:

       1 gehäufte Tasse Ungläubigkeit

       1 Esslöffel von dem Unwillen, Abschied zu nehmen

       16 Unzen qualvoller Schmerz

       3 Tassen brutale Traurigkeit

       2 Esslöffel Verwirrung (ersatzweise Zweifel)

       ½ Tasse permanente Qual

       8 Unzen Wut (ersatzweise Unverstandensein)

       2 Teelöffel quälende Schuldgefühle

       ¾ Tasse Scham

       1 Liter Einsamkeit

       1 Prise Vorzeitigkeit und Sinnlosigkeit

      Zubereitung: Ofen auf 1200 Grad vorheizen. In einer kleinen Schüssel Ungläubigkeit mit dem Unwillen, Abschied zu nehmen, mischen. Dann aus qualvollem Schmerz Binsenweisheiten schneiden und beiseitelegen. Den Schmerz mit der Mischung überziehen. In heißer Eisenpfanne braten, bis alles schwarz ist. Zur Seite stellen. Großen Topf mit Tränen füllen und zum Kochen bringen. Hitze herunterschalten; brutale Traurigkeit in den Topf gießen und abdecken. Wochenlang köcheln lassen. Wenn die Traurigkeit taub geworden ist, vom Herd nehmen und Tränen abgießen. Verwirrung und permanente Qual in Traurigkeit einrühren und zur Seite stellen. Wut mit einem Hammer weich schlagen. In mundgerechte Stücke schneiden. Mit quälenden Schuldgefühlen und Scham bei starker Hitze in einer Pfanne braten. Wenn die Wut rot wird, Pfanne vom Herd nehmen. Nun den Schmerz auf dem Boden einer Auflaufform verteilen. Die Traurigkeitsmischung darauf geben und mit Wut, Schuldgefühlen und Scham bedecken. Mit Einsamkeit abschließen. Mit Vorzeitigkeit und Sinnlosigkeit würzen. In den Ofen stellen und backen, bis die Einsamkeit zu heftiger Sehnsucht wird. Ein Leben lang ziehen lassen.

      Hinweis: Passt gut zu totaler Angst. Am besten erstickt in Liebe und Mitgefühl servieren (braucht eventuell etwas Unterstützung). Mit einem Hauch Frieden garnieren.

      Ähnlich wichtige Aspekte wurden von vielen weiteren Studenten angesprochen.

      Eine junge Frau schrieb einen Brief an ihre Schwester, die schon vor fast dreißig Jahren gestorben war, als sie selbst noch gar nicht lebte. Sie schrieb ihrer Schwester, dass sie erst jetzt durch diesen Kurs wirklich nachvollziehen konnte, was ihre Eltern durchgemacht hatten, als sie ihren Tod ertragen mussten. Sie entschuldigte sich bei ihrer Schwester, dass sie sie an Feiertagen und wenn andere fragten, ob sie eine Schwester hatte, nicht gewürdigt hatte. Sie entschuldigte sich СКАЧАТЬ