Название: Wie man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreibt
Автор: Umberto Eco
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9783846353776
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Die Ratschläge dieses Buches sind vor allem für solche Studenten bestimmt. Ferner auch für solche, die nach dem Abitur auf die Universität kommen und in die Geheimwissenschaft der vorgeschriebenen Abschlußarbeit eindringen wollen.
Ihnen allen will es zumindest zwei Dinge deutlich machen:
– daß man eine anständige Doktorarbeit (oder sonstige Abschlußarbeit) schreiben kann, obwohl man sich in einer schwierigen Situation befindet, in der alte oder neue Benachteiligungen eine Rolle spielen.
– daß man das Schreiben der Doktorarbeit – mag auch im übrigen die Zeit des Studiums enttäuschend oder frustrierend gewesen sein – dazu benutzen kann, die positiven und weiterführenden Seiten des Studiums kennenzulernen – nicht im Sinne einer Anhäufung von Wissen, sondern im Sinne der kritischen Verarbeitung einer selbstgemachten Erfahrung, der Aneignung der für das künftige Leben nützlichen Fähigkeit, sie nach bestimmten Regeln darzustellen.
2. Aus alledem ergibt sich: Dieses Buch will nicht erläutern, »wie man wissenschaftlich arbeitet«, und sich auch nicht mit dem Wert des Studiums auf theoretische Weise befassen. Es stellt nur einige Überlegungen zu der Frage an, wie man einer Prüfungskommission eine vom Gesetz vorgeschriebene Arbeit vorlegen kann, die eine bestimmte Zahl maschinengeschriebener Seiten umfaßt, von der man erwartet, daß sie mit dem vorgesehenen Promotionsfach zu tun hat und daß sie den Doktorvater nicht in einen allzu traurigen Zustand versetzt.
Natürlich kann euch das Buch nicht sagen, was man in die Arbeit einbringen soll. Das bleibt eure Sache. Das Buch gibt Auskunft darüber, (1) was man unter einer Abschlußarbeit versteht; (2) wie man das Thema sucht und die Zeit für seine Bearbeitung einteilt; (3) wie man bei der Literatursuche vorgeht; (4) wie man das gefundene Material auswertet; (5) wie man die Ausarbeitung äußerlich gestaltet. Und es läßt sich nicht vermeiden, [4] daß gerade dieser letzte Teil der genaueste ist, obwohl er doch weniger wichtig erscheinen könnte: gerade er aber ist der einzige, für den es einigermaßen präzise Regeln gibt.
3. In diesem Buch geht es um Abschlußarbeiten an geisteswissenschaftlichen Fakultäten. Da meine Erfahrungen aus philosophischen (und literaturwissenschaftlichen) Fakultäten stammen, sind die meisten Beispiele Bereichen entnommen, die an diesen Fakultäten studiert werden. Aber im Rahmen dessen, was das Buch sich vorgenommen hat, gelten meine Empfehlungen auch für die Arbeiten in den Fächern Politische Wissenschaften, Lehramt, Recht. Soweit es um historische oder allgemein-theoretische und nicht um experimentelle und empirische Arbeiten geht, sollte das Modell auch auf die Bereiche Architektur, Wirtschaftswissenschaften und auf einige naturwissenschaftliche Fakultäten anwendbar sein. Es ist aber Vorsicht am Platz.
4. Während dieses Buch in Druck geht, spricht man viel von Universitätsreform. Und es sind zwei oder drei Abschlüsse von unterschiedlichem Niveau im Gespräch.
Man kann sich fragen, ob diese Änderung nicht die Vorstellung der »Tesi di Laurea« total umkrempeln wird. Dann werden wir Abschlüsse verschiedenen Niveaus haben, und wenn die Lösung der in der Mehrzahl anderer Länder gleicht, stehen wir vor einer Situation, die der im ersten Kapitel beschriebenen nicht unähnlich ist (I.1.). Das heißt wir hätten eine Art Diplom- oder Magisterarbeit (erster Abschluß) und eine Doktorarbeit (zweiter Abschluß).
Die Ratschläge, die wir in diesem Buch geben, betreffen beide, und soweit sich Unterschiede ergeben, wird auf sie hingewiesen.
Was auf den folgenden Seiten gesagt wird, gilt, unserer Meinung nach, auch im Hinblick auf die Reform und insbesondere dann, wenn man die für eine eventuelle Reform nötige Übergangszeit in Betracht zieht.
[5] 5. Cesare Segre hat das Manuskript gelesen und mir Ratschläge gegeben. Da ich viele beherzigt habe, bei anderen hartnäckig an meiner Position festgehalten habe, ist er für das, was herausgekommen ist, in keiner Weise verantwortlich. Natürlich danke ich ihm herzlich.
6. Ein letzter Hinweis: Was im folgenden gesagt wird, gilt natürlich für Studenten und Studentinnen, so wie es für Professoren und Professorinnen gilt. Da das Italienische keinen neutralen Ausdruck hat, der beide Geschlechter umfaßt (in Amerika bürgert sich der Ausdruck »Person« ein, aber es wäre lächerlich, von einer »studentischen Person« oder einer Person, die Kandidat ist, zu sprechen), beschränke ich mich darauf, von Student, Kandidat, Professor oder Berichterstatter zu sprechen. Ich folge dabei grammatikalischem Brauch und bringe keinerlei Diskriminierung wegen des Geschlechts zum Ausdruck. Man kann natürlich fragen, warum ich dann nicht immer von Studentin, Professorin etc. spreche. Dies deshalb, weil ich aus eigener Erinnerung und Erfahrung arbeite und die Darstellung dadurch mehr Unmittelbarkeit vermitteln kann.
[6]
I.Was ist eine wissenschaftliche Abschlußarbeit und wozu dient sie?
I.1. Warum muß man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreiben und was ist sie?
Eine wissenschaftliche Abschlußarbeit ist eine maschinenschriftliche Ausarbeitung, deren durchschnittliche Länge zwischen einhundert und vierhundert Seiten schwankt und in der der Student ein Problem abhandelt, das aus demjenigen Studienfach stammt, in dem er den Abschluß erwerben will. Nach italienischem Recht ist eine solche Arbeit für den Studienabschluß unerläßlich. Nach Abschluß aller vorgeschriebenen Prüfungen legt der Student die Arbeit einer Prüfungskommission vor, die einen zusammenfassenden Bericht des Referenten (desjenigen Professors, »bei dem man die Arbeit schreibt«) und des oder der Korreferenten, die dem Bewerber gegenüber auch Einwände vorbringen (können), anhört. Daraus entwickelt sich eine Diskussion, an der sich auch die anderen Kommissionsmitglieder beteiligen. Das Urteil der Kommission stützt sich auf die Aussage der beiden Referenten über die Qualität (oder die Mängel) der schriftlichen Arbeit und auf die Fähigkeiten, die der Kandidat bei der Verteidigung seiner schriftlich vorgetragenen Thesen beweist. Unter Einbeziehung des Notendurchschnitts aus den einzelnen Prüfungen setzt die Kommission die Note für die Arbeit fest. So wird es jedenfalls in Italien an den meisten geisteswissenschaftlichen Fakultäten gehandhabt.
[7] Mit der Beschreibung der Äußerlichkeiten der Arbeit und des Rituals, in das sie eingebettet ist, ist noch wenig über ihre Natur gesagt. Vor allem darüber, warum die italienische Universität für den Studienabschluß eine wissenschaftliche Abschlußarbeit (»tesi di laurea«) zwingend vorschreibt.
Es ist bemerkenswert, daß die meisten ausländischen Universitäten diese Anforderung nicht stellen. In einer Reihe von ihnen gibt es unterschiedliche Abschlüsse, für die keinerlei wissenschaftliche Arbeit erforderlich ist. In anderen gibt es einen ersten Abschluß, der in etwa dem unseren entspricht, der aber nicht das Recht gibt, den Doktortitel zu führen und den man allein mit Prüfungen oder mit einer Arbeit erreichen kann, die geringen Anforderungen entspricht. In anderen wiederum gibt es verschiedene Stufen der Promotion mit Anforderungen unterschiedlichen Umfangs. Normalerweise ist die wirkliche und eigentliche Doktorarbeit einer Art Super-Abschluß, der Promotion, vorbehalten, zu der nur Zugang hat, wer sich für die wissenschaftliche Forschung weiterbilden und spezialisieren will. Diese Art von Promotion hat verschiedene Bezeichnungen, aber wir nennen sie von jetzt ab mit einem allgemein gebräuchlichen angelsächsischen Ausdruck PhD (was eigentlich so viel wie Philosophy Doctor, Doktor der Philosophie, bedeutet, aber jede Art von Doktor der Geisteswissenschaften bezeichnet, vom Soziologen bis zum Griechischprofessor. In anderen als geisteswissenschaftlichen Fächern werden andere Bezeichnungen СКАЧАТЬ