Habermas leicht gemacht. Georg Römpp
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Название: Habermas leicht gemacht

Автор: Georg Römpp

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Leicht gemacht

isbn: 9783846344255

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СКАЧАТЬ Nunmehr aber wird die Öffentlichkeit [<<15] herangezogen, um seine Politiktheorie zu konkretisieren und zu detaillieren, was wir im vierten Unterkapitel ausführen (5.4). Aber man sollte sich hier nicht täuschen lassen: Die Theorie der Öffentlichkeit ist auch eine Fortsetzung seiner zentralen Gedanken über kommunikatives Handeln, über die Bedingungen sprachlicher Verständigung, über Diskurse und damit über das, was als ‚wahr‘ bzw. ‚richtig‘ bezeichnet werden kann. Dieses weit in die philosophischen Grundlagen von Habermas’ Denken zurückreichende Konzept einer Rationalisierung der Politik wird oft zu wenig beachtet. Wir fassen Habermas’ Politiktheorie deshalb im fünften Unterkapitel besonders unter dieser Perspektive zusammen (5.5).

      Es stellt ein eigenes Problem dar, wie man ein explizit als Einführung in das Denken einer bestimmten Person konzipiertes Buch beendet. Dieses Buch endet im 6. Kapitel mit einer Skizze von vier Perspektiven bzw. Fluchtlinien des Denkens von Jürgen Habermas. Zunächst liegt der Fokus auf dem eigentümlichen Anspruch dieses Denkens (6.1). Dann soll in einigen Zügen deutlich werden, was der viel zitierte Spruch von einem ‚Projekt der Moderne‘ wirklich mit Habermas’ Denken zu tun hat (6.2). Im nächsten Schritt kommen wir nochmals auf das einleitende Thema zurück, mit dem wir im 1. Kapitel das Buch begonnen hatten: auf das ‚Kritische‘ in Habermas’ ‚Kritischer Theorie‘ (6.3). Die letzte Perspektive gilt schließlich dem Anspruch, die in den Bedingungen sprachlicher Verständigung begründete Theorie des Diskurses berge in sich auch den Gedanken einer Einheit der Vernunft – wenn auch in der Vielfalt der Stimmen (6.4). [<<16]

      1 ‚Kritische Theorie‘ – das Interesse an Erkenntnis

      1.1 Der Zusammenhang von Interessen und Erkenntnis

      Es geht in diesem Buch nicht um das Leben von Jürgen Habermas und auch nicht um seine intellektuelle Entwicklung. Alles dreht sich um das Denken, das gerade dieser Denker uns präsentiert und mit dem er sich von anderen Denkern unterscheidet. Es soll uns auch nicht interessieren, auf welche geistige Herkunft und auf welche Schulbildungen dieses Denken in seiner geschichtlichen Herkunft zurückgeführt werden kann. Deshalb wird darauf verzichtet, nun auf jene ‚Schule‘ einzugehen, die als ‚Kritische Theorie‘ bezeichnet wird und in der Regel mit Philosophen bzw. sozialwissenschaftlichen Theoretikern wie Theodor W. Adorno und Max Horkheimer in Verbindung gebracht wird. Stattdessen will dieses Kapitel einen kurzen Vorgriff auf Habermas’ Denken unter der Perspektive geben, warum und wie bei ihm das Denken und die Theorie ‚kritisch‘ genannt werden können – bzw. in seinem eigenen Verständnis sollen. Falls dabei manches noch nicht ganz verständlich sein sollte, so wird es im weiteren Verlauf des ‚Leicht-Machens‘ von Habermas noch dazu kommen. Zunächst geht es nur um einen Vorgriff, der das Selbstverständnis dieses Denkens als ‚kritisch‘ plausibel machen soll.

      Erst in der weiteren Entwicklung entstand der ‚Schein‘ einer von der Praxis gelösten und insofern tatsächlich ‚reinen‘ Theorie, wie wir sie heute noch kennen und als ‚Erkenntnis‘ von der Praxis unterscheiden, auch wenn die Letztere im Zuge der intensiven Technisierung heute immer mehr auf die Erstere zurückgreift – einerseits nimmt der Einsatz von Wissen in Lebensbereichen zu, die immer schon erkenntnisorientiert waren, andererseits werden heute wissenschaftliche Erkenntnisse auch auf Gebieten verwendet, auf denen früher traditionales und Erfahrungswissen aus der Praxis ausreichte. Gegen jenen Schein bringt Habermas nun drei verschiedene Erkenntnisinteressen zur Geltung, die er drei verschiedenen Wissenschaftsbereichen zuordnet:

      

„In den Ansatz der empirisch-analytischen Wissenschaften geht ein technisches, in den Ansatz der historisch-hermeneutischen Wissenschaften ein praktisches und in den Ansatz kritisch orientierter Wissenschaften jenes emanzipatorische Erkenntnisinteresse ein, das schon den traditionellen Theorien uneingestanden … zugrunde lag.“ (TW 155)

      Dass den empirischen Wissenschaften ein technisches Erkenntnisinteresse innewohnt, weil sie sich an technischer Verwertbarkeit und Verfügung über die Natur orientieren, ist ein Gedanke, der bereits bei Descartes deutlich war und schließlich bei Heidegger ausführlich ausgearbeitet wurde. Habermas’ eigenes Denken und seine Konzentration auf ‚kommunikatives Handeln‘ – also Handeln auf der Grundlage der Verständigung zwischen Menschen – wirft jedoch bereits einen deutlichen Schatten voraus, wenn er das Erkenntnisinteresse der historisch-hermeneutischen Wissenschaften als die „Erhaltung und … Erweiterung der Intersubjektivität möglicher handlungsorientierender Verständigung“ bestimmt, d. h., in ihnen geht es letztlich um den „möglichen Konsensus von Handelnden“ (TW 158).

      Der Anschluss an die Tradition der ‚Kritischen Theorie‘ wird jedoch an dieser Stelle noch stärker durch die Bestimmung eines dritten Erkenntnisinteresses hergestellt, das eine dritte Gruppe von Wissenschaften prägt, die nicht in die übliche Einteilung in Natur- und Geisteswissenschaften passt, nämlich die ‚kritischen Sozialwissenschaften‘, [<<20] worunter vor allem Ideologiekritik, Psychologie, Soziologie und Politikwissenschaften zu verstehen sind, aber auch die Philosophie im Habermas’schen Verständnis. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie theoretische Aussagen über Gesetzmäßigkeiten des sozialen Handelns so untersuchen, dass Veränderungsmöglichkeiten von Macht und Abhängigkeit im sozialen Zusammenhang deutlich werden können.

      Erkenntnis und Interesse verhalten sich also zueinander auf eine komplexe Weise. Zunächst sind wissenschaftliche Erkenntnisse einerseits von partikularen Interessen frei bzw. sie verdanken sich geradezu einem Abstrahieren von solchen Interessen. Nichtsdestoweniger geht es in ihnen um die „fundamentalen Interessen“, denen die Wissenschaft gerade „die Bedingungen möglicher Objektivität“ verdankt (TW 160). Bei dem Ausdruck ‚Bedingungen möglicher Objektivität‘ wird jeder, der die Anfangsgründe des kantischen Denkens kennt, sofort an die ‚Transzendentale Analytik‘ der ‚Kritik der reinen Vernunft‘ denken. Dort war als zentraler Zusammenhang für die Begründung der Kategorien als gegenstandskonstituierender ‚reiner (d. h. nichtempirischer) Begriffe‘ der Gedanke eingeführt worden, dass die Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung gleichzeitig die Bedingungen der Möglichkeit der Gegenstände der Erfahrung sind. Unsere Erfahrung ist so strukturiert wie die Gegenstände, die in dieser Erfahrung zur Geltung kommen können, weshalb die Strukturen unserer Erfahrung als apriorische Erkenntnisse über alles gelten können, was unserer Erfahrung in der Form von Objekten zugänglich werden kann.

      Für Kant war dies ein СКАЧАТЬ