Название: Systematische Theologie
Автор: Christian Danz
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: utb basics
isbn: 9783846346136
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1 Informieren Sie sich in einer neueren Dogmengeschichte über die Lehrentwicklung in der Alten KircheKircheAlte.
2 Informieren Sie sich über die christologischen Streitigkeiten im fünften Jahrhundert sowie die Konzilsbeschlüsse von Chalzedon.
3 Vergleichen Sie Harnacks These, die Dogmenbildung im frühen Christentum sei dessen Hellenisierung, mit neueren Deutungen der dogmengeschichtlichen Entwicklung. Benennen Sie grundlegende Unterschiede.
2.2 Das Zeitalter der großen Summen
Von hoher Bedeutung für die Formierung der Theologie im lateinisch sprechenden Westen des römischen Reiches sowie des Theologieverständnisses im Mittelalter ist Aurelius AugustinAurelius AugustinAugustinus, Aurelius (354–430) aus Nordafrika. Streng chronologisch gesehen gehört der afrikanische Denker in die Alte KircheKircheAlte, aber aufgrund seines überragenden Einflusses auf die Theoriebildungen der westlichen Theologie markiert er den Anfang des mittelalterlichen theologischen Denkens. Genaue Abgrenzungen des medium aevum sind ebenso umstritten und unzureichend wie die Unterscheidung von Früh-, Hoch- und Spätscholastik. In den Jahrhunderten, die man in der Regel mit dem Epochenbegriff Mittelalter zusammenfasst, wurde der Begriff Theologie erst zur Bezeichnung der gedanklichen Bearbeitung der christlichen Lehre. Die altkirchlichen Denker verwendeten hierfür eher den Begriff Philosophie oder gar GnosisGnosis, Gnostizismus (griechisch: Erkenntnis). Mit dem griechischen Lehnwort theologia meinen sie heidnische Mythendichter wie HomerHomer (vermutlich um 850 v. Chr.) und HesiodHesiod (vor 700 v. Chr.).
Bei AugustinAugustinus, Aurelius, dem Bischof der Nordafrikanischen Stadt Hippo Regius, treten die Grundzüge des theologischen Denkens, die für die lateinische Christenheit zentral sind, prägnant hervor: Sünden- und GnadenlehreGnadenlehre, PrädestinationPrädestination, Erwählung, Kirche und SakramentSakramente. Als Denker verknüpfte er die biblische Überlieferung und Platonismusbiblische Überlieferung mit dem PlatonPlatonismusPlatonismus. Gott ist ihm, freilich im Unterschied zu Platon, die ewige WahrheitWahrheitewige. Aus der Verschmelzung von Bibel und Platonismus geht eine Art kontemplatives Denken hervor. Gottdenken ist in erster Linie Weisheit (lateinisch: sapientia). Es richtet sich auf das Unvergängliche und Bleibende und kehrt sich von der Welt des Vergänglichen ab. Der SündenfallSündenfall des Menschen besteht geradezu in seiner Ausrichtung auf das Sinnliche. Dadurch wird die von Gott geschaffene OrdnungOrdnung des KosmosKosmos, der Afrikaner versteht sie in den Spuren Platons und der StoaStoa, verkehrt. Das Vergängli[36]che wird an die Stelle des unveränderlichen Gottes gesetzt. Von sich aus kann der von Gott abgefallene Mensch sich Gott nicht wieder zu wenden. Der späte Augustin vertritt in Auseinandersetzung mit den Pelagianern, einer auf den englischen Mönch PelagiusPelagius (ca. 350–420) zurückgehenden theologischen Strömung, die den freien Willefreier WilleWillefreiern des Menschen betont, nach 396 eine Gnaden- und ErwählungslehrePrädestinationslehre, Erwählungslehre, in der Gott allein das Heil und das Unheil des Menschen wirkt. Von einer FreiheitFreiheit des Menschen im Hinblick auf die Herstellung seines Heils kann keine Rede sein.
Das augustinisch-platonische Denken bestimmte zunächst die Theologen des frühen MittelaltersTheologen des frühen Mittelalters. Die Zentren der theologischen Arbeit, also der Auseinandersetzung mit den biblischen Schriften und deren Kommentierung durch die KirchenväterKirchenväter, waren Klöster, in den Städten Kathedralschulen und später Universitäten. Hier wurden die Lehrmeinungen der alten Theologen gesammelt, kommentiert und überliefert. Auf diese Tätigkeit geht der Begriff ScholastikScholastik (von lateinisch: scholasticus, Gelehrter) zurück. Er bezeichnet sowohl Theologen und Philosophen, deren moderne Unterscheidung dem Mittelalter noch unbekannt ist.
Die von AugustinAugustinus, Aurelius geschaffene Verbindung von biblischem und platonischem Denken wird aufgenommen von Anselm von CanterburyAnselm von CanterburyAnselm von Canterbury (1033/34–1109). Der frühscholastische Denker bezeichnet die Auslegung der christlichen Lehrüberlieferung noch nicht als Theologie. Ganz im Sinne des Bischofs von Hippo Regius geht es ihm um eine gedankliche Durchdringung der Glaubensgehalte. In seinen bekannten Schriften Proslogion (1077/78) und Cur Deus Homo (1098) unternimmt er den Versuch, die ExistenzExistenz Gottes sowie die MenschwerdungMenschwerdung Gottes mit den begrifflichen Mitteln der VernunftVernunft zu begründen. Dadurch soll der Skeptiker, der solchen Glaubenswahrheiten mit dem Herzen zuzustimmen geneigt ist, im Kopf mit Argumenten überführt werden. Die von ihm geglaubte WahrheitWahrheitgeglaubte soll nicht nur eine solche sein, sie soll vielmehr auf einsichtige Weise verstanden werden (lateinisch: fides quaerens intellectum). Den gedanklichen Rahmen hierfür bietet der PlatonPlatonismusPlatonismus. Er ist die Voraussetzung für das sogenannte eine Argument (lateinisch: unum argumentum) von Anselm, mit dem er die Existenz Gottes aus dessen Begriff ableitet. Gott ist ihm das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann (lateinisch: id, quo nihil maius cogitari potest). Zum Begriff Gottes gehört jedoch dessen Existenz bereits hinzu, da die platonischen IdeeIdeen [37]das wahre Sein darstellen. Denkt man Gott als nicht existierend, dann – so die Konsequenz – hat man nicht ihn gedacht.
AnselmAnselm von Canterbury benutzte zur Durchführung seines philosophisch-theologischen Programms die didaktische FormForm (Philosophie) des Dialogs, Petrus AbaelardusPetrus AbaelardusPetrus Abaelardus (1079–1142) die DialektikDialektik. In seinem Werk Sic et non (Ja und Nein) stellt er konfligierende Lehrmeinungen der KirchenväterKirchenväter mit dem Ziel zusammen, deren Widersprüchlichkeit aufzuweisen. Solche Divergenzen können allein durch Interpretationen gelöst werden und nicht durch eine Berufung auf AutoritätenAutorität. Die von ihm geschaffene Methode regte die sogenannte Quaestionenliteratur (von lateinisch: quaestio, Frage) an. Abaelards Schüler Petrus LombardusPetrus LombardusPetrus Lombardus (1095/1100–1160) schuf mit seiner Schrift Liber sententiarum (Sentenzenbücher, von lateinisch: sententia, Meinung) eines der einflussreichsten Lehrbücher des Mittelalters. Bis hin zu Martin LutherLuther, Martin (1483–1546) wurden dessen Sententien im Lehrbetrieb von angehenden Theologen immer wieder kommentiert und um neue Fragestellungen erweitert. In den vier Teilen der Schrift erörtert der Lombarde durch eine Zusammenstellung von Meinungen der Kirchenväter die Gottes-, Schöpfungs-, Inkarnations- und SakramentslehreSakramentslehre. Jetzt etabliert sich auch der Begriff Theologie zur Bezeichnung der kirchlichen Lehre im Ganzen.
Zu einem Umbruch im WissenschaftsverständnisUmbruch im Wissenschaftsverständnis mit gravierenden Folgen für die Auffassung der theologischen Arbeit kam es im 13. Jahrhundert. Dem lateinisch sprechenden Abendland waren die Schriften des AristotelesAristoteles nur zu einem Teil bekannt. Ein wichtiger Übermittler von dessen Denken war BoethiusBoethius (480/485–524/526). Infolge der Expansion des IslamIslam wurde den lateinischen Gelehrten des Westens im 13. Jahrhundert das Corpus Aristotelicum vermittelt. Die Bekanntschaft mit dem Werk des Stagiriten löste zunehmend das platonische Paradigma des theologischen und philosophischen Denkens ab und führte zu einem neuen Verständnis der Theologie als Wissenschaft. Aristoteles zufolge hat jede Einzelwissenschaft Prinzipien, von denen sie ausgeht. Von welchen, so musste man in dem neuen aristotelischen Wissenschaftsparadigma fragen, geht die Theologie aus, wenn sie eine scientia (lateinisch: Wissenschaft) sein soll? Thomas von AquinThomas von AquinThomas von Aquin (um 1225–1274) gab auf die Frage die Antwort, die Theologie geht von den Glaubensartikeln aus. Diese sind deren Prinzipien. Die Artikel des Glaubens beziehen sich auf das Wissen, welches Gott von sich selbst hat, sind diesem jedoch untergeordnet. Gott hat [38]sein Wissen von sich selbst den Menschen zwar durch seine Offenbarung bekannt gemacht, es ist aber nur dem Glauben und nicht der VernunftVernunft zugänglich. Die Theologie ist folglich eine untergeordnete oder subalternierte Wissenschaft.
In seinem Hauptwerk, der unvollendet gebliebenen Summa theologica, hat Thomas in Anknüpfung an seinen Lehrer Albertus MagnusAlbertus Magnus (1193/1200–1280) sein neues Verständnis von Theologie als Wissenschaft etabliert. Die Aufgabe der Theologie besteht darin, die Lehrgehalte der Bibel, die nicht der VernunftVernunft zugänglich sind, auf eine vernünftige Weise auszulegen. Der Aquinate verknüpft СКАЧАТЬ