Der Gottstehunsbei. Martin Arz
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Название: Der Gottstehunsbei

Автор: Martin Arz

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783940839602

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СКАЧАТЬ zu den Handelspartnern der Fenggens. Als Begleiter gab er Mathes einen gestrengen Kartäuserpater aus dem Kloster Christgarten bei Ederheim mit. Nun waren die Kartäuser bekannt dafür, dass sie Einsamkeit und Schweigen als bestmöglichen Weg zu Gott sahen. Der Fenggenmuck hatte diesen Orden mit Bedacht gewählt und genug gezahlt, damit selbst der menschenscheuste Eremit seine Kartause verließ. Mit einem wortkargen, jede Gesellschaft verachtenden, alles Weltliche hassenden Geistlichen namens Julius durch Europa zu reisen, war nicht wirklich nach Mathes Gusto. Doch man widersetzte sich den Befehlen des Vaters nicht. Als Mathes nach rund eineinhalb Jahren im November 1429 heimkehrte – übrigens ohne den Kartäuser Julius, der hatte sich nur wenige Wochen vor der Rückfahrt nach München in Turin einfach abgesetzt, warum, darüber schwieg Mathes –, schien er tatsächlich gereift. Zumindest verändert. Und dann holte der Vater zum finalen Schlag aus und setzte Mathes eine Braut vor die Nase. Rosa Pichler, die Tochter eines Salzhändlers aus Reichenhall. Nein, dem Befehl seines Vaters widersetzte man sich nicht. Mathes nahm sogar den Weg nach Reichenhall auf sich, um die Künftige vor Ort pflichtschuldig zu heiraten und nach München zu führen.

      Nicht zuletzt deshalb fand Tassilo, dass ihre Freundschaft gelitten hatte. Die unbeschwerten Zeiten der Adoleszenz waren endgültig vorbei. Gut, wer so viele Monate auf Wanderschaft geht, kehrt niemals unverändert zurück, das war Tassilo klar gewesen. Mathes schien vor allem eines bei seinem Reisebegleiter gelernt zu haben: Schweigen. Wobei er durchaus gerne und viel redete, doch er sagte wenig. Er erzählte kaum von seiner Reise oder seinen Interessen oder den Liebschaften. Tassilo hatte die äußerst zurückhaltende Mitteilsamkeit zunächst gefuchst. Schließlich hatte er damals dem Mathes alles erzählt, als Tassilo einst unsterblich und unglücklich in Prinzessin Beatrix, die Tochter von Herzog Ernst, verliebt gewesen war und wie sehr ihn die Prinzessin gedemütigt hatte. Das empörende Verhalten der Prinzessin, inzwischen durch Heirat eine Pfalzgräfin, zehrte bis heute an Tassilo und insgeheim schmiedete er immer noch verwegene Rachepläne.

      »Wie ich schon sagte«, griff Mathes das Thema wieder auf. »Ich an deiner Stelle würde es machen. Du befragst ein paar Leute, und das war es dann. Einfältige Bauern und dumme Knechte. Die werden dir alle möglichen Erlebnisse mit Dämonen und Geistern berichten. Die sehen ihren eigenen Schatten und beten vor Schreck sofort zum heiligen Korbinian. Vielleicht findest du in den Wäldern fahrende Gaukler, die sich verstecken, weil sie keine Genehmigung haben, das Land zu durchqueren. Ja, und? Was soll passieren? Niemand erwartet ernsthaft, dass du dem Leibhaftigen gegenübertrittst.« Er bekreuzigte sich nachlässig.

      »Ich hatte schon den Eindruck.«

      »Und wenn, dann hast du immer noch deinen Stoffel an deiner Seite, der für dich alles tun würde, inklusive dem Teufel in die Hölle folgen.«

      »Da hast du recht. Aber willst du mich nicht lieber begleiten, Mathes?«

      Da er eben einen Schluck getrunken hatte, prustete Mathes Wein über den Tisch. »Tut mir leid, mein Freund. Das mache ich mit Sicherheit nicht. Das wirst du alleine schaffen. Abgesehen davon wird mich mein Vater nicht weglassen. Pfffh, und mein Weib schon gleich gar nicht. Ich könnte mich ja versehentlich amüsieren … Die Knute des Vaters zu ertragen mag schicklich sein, ist manchmal aber eine schwere Prüfung für einen Sohn. Sei froh, dass du dein eigener Herr bist!«

      »Mein eigener Herr? Du kennst meine ältere Schwester!« Tassilo zog amüsiert die Augenbrauen hoch.

      »Stimmt.« Mathes lachte, beugte sich über den Tisch und flüsterte fast. »Hast du schon gehört, dass es einen interessanten Neuzugang im Haus der gemainen Töchterlein gibt?«

      »Nein.« Tassilo war ganz Ohr. Neuzugänge im Bordell waren immer interessant. Und typisch für Mathes, dass er darüber Bescheid wusste. Trotz Gattin. Vielleicht auch deswegen. Verheirateten war der Besuch im Frauenhaus streng verboten. Aber das hielt kaum einen Verheirateten vom Besuch ab. Die reichen Herren konnten sich die Strafen finanziell leisten. Der Fenggenmathes pflegte sich für die nächtlichen Abenteuer zu verkleiden. Meist als Scheffler.

      »Eine Mohrin«, wisperte Mathes und schnalzte mit der Zunge.

      »Nein!« Tassilo hatte noch nie eine Mohrin gesehen. Wie absolut aufregend und voller Exotik das Leben in der großen Stadt doch war.

      »Wenn ich es dir sage. Eine echte Mohrin aus dem Mohrenland. Ich werde ihr heute noch einen Besuch abstatten. Man muss um Termine ersuchen und diese einhalten. Erwarte also nicht, dass ich dir den ganzen Abend Gesellschaft leiste und morgen früh anwesend bin.«

      »Absolut verständlich!« Es war nicht das erste Mal, dass Mathes Tassilo in seine Fremdgehaktivitäten einweihte. Tassilo beschloss, so bald als möglich den Henker aufzusuchen, der für das Bordell zuständig war und eine Verabredung mit der Mohrin zu vereinbaren.

      »Und du bist sicher, dass du nichts essen möchtest?«, fragte Mathes.

      »Danke, der Appetit ist mir vorhin vergangen.«

      »Schade. Meine Köchin hat für uns Blancmanger vorbereitet.«

      »Blancmanger? Mandelpudding mit Huhn oder Fisch?«

      »Diesmal mit Hecht.«

      »Ach. Hecht. Nein danke. Iss ruhig.«

      »Etwas Leichteres vielleicht? Wir haben sicher noch Veilchenpaste mit Schmalz im Haus. Das hast du doch immer gerne. Oder ein Karbenada hat die Köchin auch schnell gezaubert.«

      »Karbenada klingt jetzt doch verlockend.« Tassilo schnalzte mit der Zunge. Scharf angebratener Bauchspeck, ordentlich gesalzen – »Keine Scheu, salzt ordentlich! Salz wird in diesem Haus nicht mit Gold aufgewogen«, wie Mathes stets zu scherzen pflegte –, zuletzt gewälzt in Zimt und Zucker, darüber reichlich gehackte Petersilie, dazu Brot und Wein … Der Hunger war wieder da.

      4 Die Hochwürdige und die Durchlauchten

      »Wartet hier und setzt Euch, Herr«, sagte die vergrämt blickende Pförtnerschwester des Angerklosters zu Tassilo und wies auf den einzigen Holzschemel, der in dem kahlen Raum stand. Das Parlatorium, nur hier durften weltliche Besucher empfangen werden. Die Schwester war noch jung, doch alles an ihr strahlte Leid aus. »Ich werde die hochwürdige Mutter informieren.« Dann faltete sie ihre Hände unter der weißen Schürze über den dicken Wanst und rauschte davon. Tassilo setzte sich. Er kannte das Prozedere von seinen Besuchen. Es gab nur eine Sitzgelegenheit, damit niemandem einfiel, es sich gemütlich zu machen und damit die Sprechzeiten mit Klosterschwestern kurz blieben.

      »Mein lieber Tassilo!«, rief die Äbtissin erfreut aus, als sie das Parlatorium schwungvoll mit dem nonchalanten Selbstbewusstsein einer Frau von Macht und Einfluss betrat. Hinter ihr schlurfte die Schwester Pförtnerin herein.

      »Hochwürdige Frau Margaretha.« Tassilo verbeugte sich und deutete einen Kuss auf die ihm hingestreckte Hand mit dem Siegelring an. Die Hand roch nach Salbei. Die Pförtnerschwester schenkte ihm einen verachtenden Blick und verließ den Raum.

      »Verzeiht, Hochwürdige, aber kann es sein …«, Tassilo kratzte sich am Kinn, während er der Schwester Pförtnerin hinterherschaute, »… kann es sein …« Er brach ab. Ihm lag eine dumme Frage auf den Lippen, die sich nicht geziemte.

      »Kann was sein, mein lieber Tassilo?«

      »Nichts. Verzeiht.«

      »Gut. Selbstverständlich ist mir der Grund Eures Besuchs bekannt. Doch bei unseren letzten Treffen hatten wir kaum Gelegenheit zu sprechen.«

      »Bei offiziellen Anlässen seid Ihr eine begehrte Gesprächspartnerin, СКАЧАТЬ