Westend 17. Martin Arz
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Название: Westend 17

Автор: Martin Arz

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783940839343

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СКАЧАТЬ ihr wahnsinnig?!«, rief Pfeffer den Kollegen oben auf der Brücke zu. »Runterlassen, nicht raufziehen!«

      »Aber wir haben doch Handschuhe an«, rief einer der Uniformierten.

      »Runterlassen!«, brüllte Pfeffer.

      Sofort ließen die beiden Uniformierten das Seil los, die Leiche rauschte nach unten und landete mit einem unangenehmen Knacksen wieder in ihrer Auffindposition.

      »Das … also wirklich …«, stammelte Kriminaldirektorin Jutta Staubwasser, als sie zu Pfeffer trat. Weder sie noch die Rechtsmedizinerin oder der Staatsanwalt hatten zuvor bemerkt, was vor sich gegangen war. »Wie pietätlos …«

      »Wobei … sie hatten ihn doch schon fast oben«, sagte Oberstaatsanwalt Bauer. »Gut, warten wir eben, bis der Laster mit Hebebühne hier ist und ihn runterholt.«

      Doktor Gerda Pettenkofer verdrehte die Augen und zündete sich eine Zigarette an. »Sie wissen schon, dass die beiden Kasper da oben mit ihrer Aktion meine Arbeit unnötig erschweren«, knurrte sie.

      »Mein Gott«, entgegnete der Staatsanwalt, »Sie werden ja wohl noch feststellen können, welche Verletzungen zum Tode führten und welche danach …« Er brach ab und zuckte mit den Schultern.

      »Ich glaube, falls hier irgendwer mit dem Handy fotografiert oder filmt, macht das keinen guten Eindruck von der Arbeit der Münchner Polizei, wenn sie einen Erhängten am Galgen hochziehen, oder?«, sagte Max Pfeffer. Er hatte ein, gelinde gesagt, schwieriges Verhältnis zu Oberstaatsanwalt Norbert Bauer.

      »Da hat Kollege Pfeffer recht«, sagte Kriminaldirektorin Staubwasser. Inzwischen hatte auch Hauptkommissarin Scholz die Gruppe erreicht. »Sie fragen sich sicher, warum wir heute zu dieser unchristlichen Uhrzeit in großer Runde hier sind«, fuhr die Kriminaldirektorin fort. »Auch wenn unser Opfer noch nicht genau untersucht werden konnte, so ist doch selbst von hier unten eindeutig feststellbar, dass es sich um einen Menschen mit Migrationshintergrund handelt. Dazu diese exponierte Lage! Mitten in der Innenstadt in Sichtweite zum Hauptbahnhof. Und die Art und Weise lässt sofort an eine Hinrichtung denken.«

      »Warum sind wir sicher, dass es kein Selbstmörder ist, der sich spektakulär verabschieden wollte?«, fragte Pfeffer.

      »Weil …«, der Staatsanwalt zögerte. »Weil wir das noch nicht wissen. Es sieht allerdings nicht nach Selbstmord aus.« Er ließ offen, warum. Er hatte keine Ahnung, warum.

      Die Rechtsmedizinerin sprang ein: »Weil ein Selbstmörder hier wohl die leichtere Variante gewählt hätte, Maxl. Wenn er schon mühsam die Absperrung da oben überwunden hätte, die verhindern soll, dass Leute sich hier herunterstürzen, dann wäre er einfach über den Stacheldraht hinweg auf die Gleise vor einen einfahrenden Zug gesprungen. Sich da mit einem Seil zu erhängen, dürfte sich äußerst schwierig gestalten. Aber ich möchte hier auch betonen, dass auch ich einen Selbstmord nicht ausschließen kann, solange ich nicht die Leiche untersucht habe.«

      »Wichtig ist momentan, dass die Öffentlichkeit aufs Äußerste sensibilisiert ist. Nur wenige hundert Meter Luftlinie von hier wurde im Westend Theodoros Boulgarides von diesen Neonazis ermordet und wenige hundert Meter Luftlinie in die andere Richtung findet momentan der Prozess gegen die letzte überlebende Täterin der rechtsextremen Terrorzelle NSU statt! Da schaut die ganze Welt drauf! Wir haben uns schon einmal bis auf die Knochen blamiert, weil wir die Dönermor… die Morde an ausländischen Mitbürgern falsch eingeordnet hatten. Das darf nicht wieder vorkommen, haben wir uns verstanden?«

      »Ich habe das verstanden«, sagte Pfeffer lakonisch mit dem Anflug eines Lächelns. Er wusste, wie alle der Anwesenden, dass nur einer aus ihrer Gruppe bei den blamablen Ermittlungspannen zu den NSU-Morden beteiligt gewesen war: Oberstaatsanwalt Norbert Bauer.

      Doktor Gerda Pettenkofer trat ihre Zigarette aus. »Da kommt der Kranwagen endlich! Ich fahr am besten gleich mit den Jungs rauf zu unserem Kunden, damit die nicht wieder irgendwelche Dummheiten mit ihm anstellen, bevor sie ihn runterbringen.« Die Medizinerin setzte ihren umfangreichen Leib in Bewegung und ging mit energischem Schritt zu den Kollegen, die den Transporter mit ausfahrbarer Arbeitsbühne von der Deutschen Bahn unter dem Erhängten in Position brachten. Oranges Licht zuckte von den Warnleuchten auf dem Fahrerkabinendach durch den Morgenhimmel.

      Kriminaldirektorin Staubwasser sah der Pettenkoferin mit gespitzten Lippen und missbilligend gerunzelten Augenbrauen hinterher. Dann drehte sie sich zur Gruppe zurück. »Wie der Herr Oberstaatsanwalt bereits gesagt hat, scheint es so, als sei hier absolutes Fingerspitzengefühl gefragt.«

      »Und warum hat sie dann ausgerechnet uns herbestellt?«, sagte Bella Scholz leise. Der Kommentar wurde vom »Rattattrattattrattatt« eines vorbeifahrendes Zuges geschluckt. Doch Max Pfeffer, der neben ihr stand, hatte es gehört und schmunzelte.

      »Finden Sie meine Ausführungen so witzig, Kollege Pfeffer?«, fragte die Kriminaldirektorin spitz.

      »Nicht doch«, antwortete Pfeffer, »ich habe nur an etwas gedacht, was mich zum Schmunzeln brachte.« Er verstand sich in der Regel gut mit seiner Chefin.

      »Ach«, Oberstaatsanwalt Bauer mischte sich ein. »Vielleicht wollen Sie uns dann alle daran teilhaben lassen?«

      »Nein«, antwortete Pfeffer gelassen.

      »Zurück zum Thema, meine Herren.« Jutta Staubwasser versuchte, an ihrer blondierten, festbetonierten Frisur herumzutuffen. »Die Öffentlichkeit wird uns haargenau auf die Finger schauen, wenn wir es hier tatsächlich mit einer Art Hinrichtung eines Aus… eines … eines Mitmenschen mit Migrationshintergrund zu tun haben. Wir stehen zwar erst ganz am Anfang der Ermittlungen, aber Oberstaatsanwalt Bauer und ich sind uns einig, dass wir auf alles vorbereitet sein müssen. Darum wird es, sobald wir die Ergebnisse aus der Rechtsmedizin haben, eine Besondere Aufbauorganisation geben, von der wir schnellstmögliche Ergebnisse erwarten. Wie bereits gesagt, dürfen Fehler wie bei den NSU-Ermittlungen nicht mehr vorkommen. Dazu kommt dann noch die Pikanterie, dass einer der beiden Jungs, die die Leiche gefunden haben, Benno Althaus ist.«

      »Ja, und?«, fragte Pfeffer.

      »Benno Althaus!«, schnaubte der Oberstaatsanwalt ungehalten. »Mensch, denken Sie doch mal mit, Pfeffer. Der Sohn vom Zweiten Bürgermeister! Doktor Guido Althaus von den Grünen!«

      »Ich bleibe dabei: Ja, und?«

      Der Oberstaatsanwalt warf entnervt die Hände in die Höhe.

      »Sie möchten, dass ich diese Sonderermittlungskommission leite?«, fragte Pfeffer ungerührt.

      Jutta Staubwasser schmunzelte und sagte süffisant: »Wie nicht anders zu erwarten, denken Sie mit, Kollege Pfeffer. Ja. Ich habe Oberstaatsanwalt Bauer davon überzeugen können, dass Sie der richtige Mann dazu sind. Stellen Sie sich bitte schnell ein Team für eine Sonderkommission zusammen, damit Sie loslegen können, wenn die Rechtsmediziner fertig sind.«

      »Wenn oder falls es sich um Mord und nicht um Selbstmord handelt«, sagte Hauptkommissarin Scholz.

      »Richtig.« Die Kriminaldirektorin lächelte verbindlich. »Falls. So, und nun entschuldigen Sie mich bitte. Meine Anwesenheit dürfte sich hier erübrigt haben. Wir sehen uns im Büro.« Jutta Staubwasser verabschiedete sich und bemühte sich so damenhaft wie möglich über die Gleise und den Schotter zu stöckeln. Es fiel ihr nicht ganz leicht, denn das taubenblaue Kostüm, das sie heute gewählt hatte, hatte einen recht engen Rock, der ihre Schrittgröße drastisch einschränkte.

      »Mich brauchen Sie ja auch nicht mehr.« Der Oberstaatsanwalt СКАЧАТЬ