Spielen und Lernen verbinden - mit spielbasierten Lernumgebungen (E-Book). Cornelia Rüdisüli
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СКАЧАТЬ diesem frühen Alter führt eine elaboriertere Sprache der Mütter zu grösseren Wortschatzumfängen und zu häufigerem Symbol- und Funktionsspiel bei den Kindern (Sung & Hsu, 2009). Sprachkompetenz und das Verstehen verschiedener Zusammenhänge des Lebens sind deshalb in hohem Masse sozial entstanden. Das Spielniveau der Kinder wird von Erwachsenen unter anderem durch die Ausweitung der kindlichen Aufmerksamkeit durch das Einbringen neuer Aspekte und Inhalte nachhaltig entwickelt. Damit erhöhen diese Erwachsenen auch implizit ihre Erwartungen: Sie trauen dem Kind mehr zu und gehen damit näher an die Grenzen des kindlichen Potenzials, fordern sie mehr heraus und aktivieren den Lernprozess intensiver. Auf diese Weise ermutigen Erwachsene ihre Kinder auch, selbst Spiele und Aktivitäten zu initiieren (Newland et al., 2008). Denn je mehr Aspekte und Inhalte Kindern zugemutet werden, desto mehr werden Kinder darin bestärkt, sich selbst Neues zuzutrauen, das zunächst als nicht leist- und lernbar eingeschätzt wurde. Mit einem responsiv herausfordernden Geschick werden Kinder – gerade auch im Spiel und in spielerischen Settings − näher an ihre Grenzen herangeführt; dies ermöglicht es ihnen, sich als sehr wirksam zu erleben. Dieser starke Einfluss erwachsener Modelle zeigt sich auch bei drei- bis vierjährigen Kindern (Rakoczy et al., 2010; Rakoczy et al., 2009). Zudem zeigen Befunde grösserer Studien, dass eine herausfordernde Haltung von Erwachsenen ein wesentliches Merkmal gelingender Pädagogik ist, sowohl in Kindergärten (Siraj-Blatchford & Sylva, 2004) als auch in der nachfolgenden Schulzeit (Hattie, 2003). Dass zu geringe Erwartungen Kinder systematisch benachteiligen und damit zu nachhaltig schlechteren Leistungen führen, konnten gerade kürzlich Neuenschwander und sein Team zeigen (Neuenschwander et al., 2018; Neuenschwander & Niederbacher, 2019).

      Damit zeigen die empirischen Befunde insgesamt: Das Problem der Schule ist viel weniger die Überforderung von Kindern als ihre systematische Unterforderung und die damit verbundene Unterschätzung kindlicher Lernpotenziale. Pädagoginnen und Pädagogen, die warten, bis der «Knopf aufgeht», tragen vor allem in schädlicher Weise dazu bei, dass der Unterschied zwischen den leistungsfähigen und den ohnehin benachteiligten Kindern zu- statt abnimmt; die Schere zwischen oben und unten weitet sich, statt dass sie sich tendenziell schliesst: Deshalb sind Kinder keine Gräser. Die Zone der nächsten Entwicklung, die proximale Lernzone (Vygotsky, 1980), ist oft erheblich grösser als vermutet. Ein Erwachsener muss deshalb oft weitergehen, um zur Grenze dieses Potenzials vorzustossen. Befunde legen zudem nahe, dass zu viele Kinder nicht in der Lage sind, das eigene Potenzial zu aktivieren. Sie sind deshalb auf herausfordernde Interaktionen mit Erwachsenen angewiesen. Solche Forderungen an die Kinder benötigen ein förderliches Klima, das geprägt ist von Wärme, hohen Anforderungen, Feedback-Qualität (Hattie et al., 2014), und viel Anerkennung für nachfolgende Erfolge. Auf diese Weise verstetigt sich das Sich-selbst-Herausfordern zu Verhaltensmuster die Kinder entwickeln eine ertragreiche und autonome, intrinsisch motivierte Selbstregulation. Intrinsische Motivation ist vermutlich nichts anderes als ins eigene Selbst übernommene Erwartungen und Haltungen naher Erwachsener, vor allem der Eltern (Bauer, 2007). Damit aber kommt diesen frühen Erwachsenen-Kind-Interaktionen eine hohe Bedeutung zu und damit auch den Interaktionen zwischen pädagogischen Fachkräften und Kindern; ganz besonders gilt dies im Zyklus 1, d. h. für 4- bis 8-Jährige.

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