Share. Michael Weger
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Автор: Michael Weger

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783931560829

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СКАЧАТЬ ihm so, während er kreuz und quer herumwanderte, noch um vieles weitläufiger vor.

      Erst gegen Abend ließ er sich erschöpft auf dem Holzsessel eines rustikalen Straßenlokals nieder. Die auf dem Tisch ausgelegte Speisekarte erinnerte ihn daran, wie hungrig er eigentlich war und dass er den ganzen Tag über noch nichts gegessen hatte. In einem der Straßenläden hatte er gerade mal ein paar Flaschen Wasser erstanden, die er in regelmäßigen Abständen mit kleinen Schlucken geleert hatte.

      Die Kellnerin, eine zierliche Frau mit dunklem Teint, warf, während sie Bestellungen an den anderen Tischen aufnahm, wiederholt verstohlene Blicke auf seinen muskulösen Oberkörper. In dem Trägershirt sah er aus wie einer der Männer aus dem Arbeiterviertel, die sich an den späten Nachmittagen gerne hier sehen ließen. Trotzdem unterschied er sich von ihnen. Ob es an seinen klaren, dunklen Augen lag oder an der Haltung, mit der er am Tisch saß und die Menschen beobachtete, hätte sie nicht zu sagen vermocht. Als sie schließlich vor ihm stand, konnte sie ihre Augen nicht von ihm lassen.

      Er strich sich eine Strähne seiner schwarzen Haare aus dem Gesicht und blickte zu ihr hoch. Das Interesse in ihren Augen war nicht zu übersehen und er erwiderte es mit einem freundlichen Lächeln. Als ihr bewusst wurde, dass sie ihn anstarrte, sah sie verlegen zur Seite, nahm dann aber, ohne weiteren Versuch einer Annäherung, seine Bestellung entgegen.

      Er bestellte ein Steak mit Salat und ein großes Glas Limonenwasser.

      Nach kurzer Zeit, in der er müde dasaß und das Treiben auf dem Platz nur noch an sich vorüberziehen ließ, kam die Kellnerin mit dem Essen zurück.

      Mit Bedacht kaute er lange an jedem Bissen des zu heiß gebratenen Fleisches, um seinen Magen nicht zu überfordern Zusehends kam er wieder zu Kräften.

      Das Abendlicht warf in immer größeren Schatten die Vorboten der Nacht über den Markt. Langsam leerten sich die Stände. Planen wurden aufgezogen, Rollläden heruntergelassen und die Menschen verschwanden in den Nebengassen, als würden sie, nach dem großen Spiel des Tages, eine ganz andersartige Arena verlassen, eine, die nie für den Kampf um Leben und Tod errichtet war, sondern zur puren Lebensfreude und zum fairen Wettstreit, bei dem es nur Gewinner gab.

      Der junge Mann blieb noch länger sitzen und ließ den Tag Revue passieren.

      Nur wenige weitere Kandidaten waren ihm begegnet. Immer wieder hatte er, wenn eine Äußerung, eine Geste oder ein besonderes Funkeln im Antlitz Einzelner seine Aufmerksamkeit erregt hatten, einen Blick auf ihr Seelenfeld geworfen. Doch die in Frage kommende Energie war wie üblich rar.

      Sein Essen bezahlte er mit einer der flachen Goldmünzen in Größe eines Zehncentstückes, die er in einem versteckten Schutzbeutel bei sich trug. Die Kellnerin freute sich über das seltene Geldmittel, war jedoch wenig überrascht. In diesen Tagen wurde mit allem gehandelt, was sich anderenorts wieder eintauschen ließ. Und Gold und Silber waren, wie zu allen Zeiten, die beliebtesten Währungen.

      Langsam musste er sich um einen Schlafplatz kümmern.

      Mit gewohnten Handgriffen langte er in den Rucksack, entfaltete ihn wieder zum Mantel, streifte ihn über, erhob sich und entschwand, nach wenigen Schritten, aus dem trüben Licht, das noch aus den Fenstern des Lokals strömte, ins Dunkel der Nacht.

      3

      Er wählte, den Weisungen des Zufalls folgend, eine Nebengasse aus, deren hellerer Schein ihn anzog.

      Ganz still war es nun in dem Viertel. Nur das stotternde Brummen einzelner Stromaggregate unterbrach den Widerhall der Nacht. Die Bewohner der Häuser hatten ihre Fenster allesamt verschlossen. Sie schützten sich, so gut es ging, vor dem Sand und der Hitze, die schon seit Jahren im beständigen Wandel der Klimazonen auch die Nächte beherrschten.

      Durch einzelne Glasscheiben fiel Licht auf die Pflastersteine. Helle Rauten breiteten sich als schräges Muster vor ihm aus. Er folgte den Lichtstellen, trat mit seinen Schritten hinein, empfand immer mehr Freude dabei und hüpfte bald, verspielt wie ein Kind, über das Schachbrett der abendlichen Stunde.

      Es erinnerte ihn an seine Eltern, an gemeinsame Abende in der Jugendzeit, als sie am offenen Kamin über einem Brettspiel um die Wette geeifert, miteinander gelacht und sich unterhalten hatten.

      Dann fiel ihm seine Geliebte ein, eine junge dunkelhaarige Frau, mit der er so gern seine Nächte verbrachte, die ihm nun jedoch seltsam fern und wie entfremdet schien.

      An die Freunde dachte er, den nächsten, vertrauten Kreis seiner Weggefährten. Je länger seine Reise angedauert hatte, desto schwerer war es ihm gefallen, ihre Ströme und inneren Bewegungen im großen, kosmischen Feld nachzuvollziehen. Umso mehr freute er sich auf das Wiedersehen mit den geliebten Menschen. Vor allem, da ihn jetzt nur noch wenige Tage von seiner Inselfamilie trennen sollten. Allerdings hatten die Erinnerungen die kurze ausgelassene Stimmung gedämpft. Er empfand einen Anflug von Einsamkeit. Gedankenverloren schritt er weiter durch eine der Gassen, die nun in einen nächsten, um vieles kleineren Platz mündete.

      Sein Blick fiel auf einen vierschrötigen Mann, der eben erst seinen Marktstand mit Holzplanken sicherte. Es handelte sich wohl um einen der Bauern aus den umliegenden Landstrichen, von denen ihm auch am großen Platz einige begegnet waren. Dieser hier hatte scheinbar besonders lange ausgeharrt, um seine exotischen Früchte und Getreidewaren anzubringen.

      Der junge Mann wollte seinen Weg eben im Schatten der angrenzenden Häuserfronten fortsetzen, als plötzlich ein seltenes Leuchten hinter dem Laden aufflackerte.

      Er sah genauer hin und erkannte im dämmrigen Licht einer Gaslaterne ein Mädchen, das hinter der Rückwand zum Vorschein gekommen war. Ihre Energie strahlte aus sich heraus quer über den Platz. So ein Feld war ihm lange nicht begegnet. Er hielt inne und beobachte die Kleine.

      Ihr verschlissenes Kleidchen flatterte im Wind. Sie mied das Licht, hielt sich versteckt und spähte mit großen Augen verstohlen um sich.

      Eine ganze Weile beobachtete sie gespannt den Bauern, wie er noch einige Steigen seiner Waren in das Heck eines verbeulten Kombis verlud. Dann, als sie glaubte, seine Abläufe einschätzen zu können, trat sie auf Zehenspitzen hervor, griff mit beiden Händen in den noch offenen Laden, entnahm ihm so viele Paradiesäpfel, wie sie in Armen und Händen tragen konnte, und wollte ebenso schnell wieder verschwinden. Plötzlich erschien der Mann auf der anderen Seite des Holzverschlags. Er baute sich direkt vor ihr auf. Sie hatte sich getäuscht, er hatte sie schon lange bemerkt. Ausdruckslos blickte er sie an, holte mit seiner Pranke aus und schlug ihr ins Gesicht.

      Das Mädchen flog ein paar Meter nach hinten, mit ihr die roten Äpfel, die auf ihrer Flugbahn einen Streifen des Laternenlichts querten und seltsam in der Luft tanzten, als hätte jemand mit ihnen jongliert. Der Kopf des Mädchens schlug hart auf dem Steinsockel eines Brunnens auf. Ein scharfes Knacken schoss über den Platz. Ihr Schädel war gebrochen. Sie blieb regungslos liegen. Die Äpfel kullerten noch hinterher und sammelten sich, als würden sie zu ihr wollen, nahe an dem verkrümmten Körper.

      Dann war es still.

      Der Bauer starrte auf die Kleine. Sekunden vergingen. Wie in Zeitlupe stapfte er schließlich auf sie zu, beugte sich hinunter, wollte sie berühren, hielt jedoch, als ihm bewusst wurde, was er angerichtet hatte, in der Bewegung inne. Er sank lautlos auf die Knie, stürzte seinen Kopf in die Hände und ein heftiges Schluchzen, einem Aufschrei gleich, schüttelte den groben Körper. Im nächsten Moment riss er seinen Kopf hoch, jagte mit den Blicken über den Platz, taumelte rückwärts, raffte hastig noch übrige Waren zusammen, sprang in den Wagen und raste mit jähem Aufheulen des Motors davon. Die roten Bremslichter warfen einen letzten Schein auf den Platz, als er um die Ecke der nächsten Gasse СКАЧАТЬ