Mordgelüste in der Schlossklinik Buchenhain. Herbert Seibold
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Название: Mordgelüste in der Schlossklinik Buchenhain

Автор: Herbert Seibold

Издательство: Автор

Жанр: Юриспруденция, право

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isbn: 9783957448330

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СКАЧАТЬ gibt es ja einen Mörder, einen Arzt oder Pfleger – bei der Beliebtheit des Geschäftsführers? Warten wir doch die Laborwerte ab. Ich glaube, die Wahrheit liegt in greifbarer Nähe“, gab der naseweise Jungspund Doktor Gscheidle aus Ulm, der „Kaliumforscher“, von vorhin nicht nach. Schwaben können sehr stur sein.

      „Du schaust wohl zu viele Krimis“, wies ihn der OA zurecht. Seine Gereiztheit tat ihm im gleichen Moment leid, weil der Kollege eigentlich wirklich gut war.

      Der junge Assistent, der gerade aus der Uni kam, blickte ernst und nachdenklich den reanimierten Geschäftsführer an, dessen Gesichtsfarbe nicht mehr graudunkelblau war. Alle freuten sich über die zunehmende Rötung, besonders an den Ohren sichtbar.

      Doktor Gscheidle beugte sich über die linke Armbeuge des Liegenden und deutete mit einem versteckten Lächeln auf eine winzige verwischte Blutspur und eine Stelle an der Vene, die klein wie ein Mückenstich aussah. Die umstehenden älteren Assistenten schüttelten zwar den Kopf, das aber veranlasste den Ulmer Jungspund nur zu der Bemerkung: „Mal säha!“, was wohl „Schauen wir mal“ bedeuten sollte. Sein Vater war Chefarzt und hatte ihm neben einem finanziellen Polster ein gnadenlos unbeirrbares Selbstbewusstsein eingeimpft.

      Nach fünf Minuten reichte eine Schwester dem Oberarzt einen Zettel – es war das Ergebnis der Blutgasanalysebestimmung, die neben der Messung des Blutfarbstoffs Hämoglobin und der Sauerstoffsättigung auch die Elektrolyte, die Mineralien im Blut, beinhaltete. Der Kaliumwert war tatsächlich über sechzig Prozent erhöht, was die Zufuhr von außen bewies und nicht durch den Herzstillstand an sich zu erklären war. Der OA war jetzt doch sehr überrascht und sagte zu Gscheidle: „Gratuliere, Kollege! Wie Figura zeigt, sind die Schwaben zwar langsam, aber gescheit – manche wohl schon vor dem vierzigsten Geburtstag. Jetzt keimt Hoffnung auf! Kein Rieseninfarkt, sondern Kaliumvergiftung! Weitermachen mit der Herzdruckmassage und Transport auf die Intensivstation unter Reanimationsbedingungen“, entschied Doktor von Risseck mit schon leichterem Herzen.

      Nach zwanzig Minuten Reanimation und einer weiteren Ampulle Adrenalin war jetzt ein regelmäßiger Rhythmus von fünfzig Schlägen pro Minute auf dem Monitor sichtbar – zudem war der Puls kräftiger tastbar.

      „Die Vorhöfe sind noch nicht eingesprungen, also Knotenrhythmus von fünfzig pro Minute, nur der Blutdruck muss noch medikamentös gestützt werden“, verkündete von Risseck erleichtert. Er beugte sich zu Muniel und sprach ihn laut an: „Nicken bitte, wenn Sie mich hören!“ Muniel nickte und der Oberarzt zeigte lächelnd mit dem Daumen nach oben. Der Patient schien also nicht mehr tief bewusstlos zu sein.

      Nach fünf weiteren Minuten konnte er auf einfache Fragen nicken oder verneinend den Kopf schütteln. Der Geschäftsführer lag jetzt seit zwanzig Minuten auf der Intensivstation, nicht mehr auf dem Teppich – aber noch beatmet –, langsam wacher werdend.

      Eine besorgte Frau von Hess, die die Chefsekretärin der Anästhesieabteilung schon früh telefonisch benachrichtigt hatte, stand jetzt mit am Bett und zeigte Muniel den Terminkalender. Sie redete beschwörend und zugleich hilflos auf ihn ein: „Herr Doktor, wissen Sie nicht mehr, Sie hatten doch einen Termin mit dem Oberarzt Doktor von Risseck, der Sie fast tot vorgefunden hat. Was war zuvor? Gab es noch einen anderen Besucher, nachdem ich heimgefahren war?“ Sie lächelte ihn an und sprach zu ihm, als hätte sie ein Kind vor sich: „Also wirklich, man kann Sie ja nicht eine Stunde allein lassen.“

      Alle schauten verstört ob des grotesken Schauspiels, aber Muniel bekam die ironische und komische Einlage natürlich nicht mit, sondern starrte nur vor sich hin. Die Atemfrequenz betrug jetzt fünfundzwanzig Züge pro Minute und die Sauerstoffsättigung neunundneunzig Prozent unter vierzig Prozent Sauerstoffzufuhr. Justus von Risseck entfernte deshalb den Beatmungsschlauch, nachdem die Intensivschwester Gertrud den Ballon an ihm mit einer Spritze entleert hatte.

      Muniel konnte jetzt sprechen, wenn auch keuchend und krächzend: „Wo bin ich? Und wer ist diese blonde schöne Frau und was will die von mir?“

      „In der Klinik Buchenhain – in Ihrem Krankenhaus, Herr Doktor, und ich bin doch Ihre Sekretärin, Veronika von Hess-Prinz.“

      „Ich kenne kein Krankenhaus mit diesem Namen und Sie kenne ich schon gar nicht und das will ich auch gar nicht.“ Er schloss die Augen und die Sekretärin hob verzweifelt die Schulter.

      Jetzt mischte sich der Chefarzt der Inneren Abteilung ein, der hinzugekommen war: „Wie heißen Sie denn?“

      „Muniel.“

      „Herr Doktor Muniel sogar. Wir beide und zehn andere sind in diesem Provinzkrankenhaus die einzigen Personen, die den Doktortitel haben.“

      „Warum? Bin ich Arzt?“

      „Ja schon – aber den Beruf mussten Sie nicht ausüben. Diese Mühe ist Ihnen erspart geblieben. Sie haben eine komfortablere Karriere gemacht. Sie haben nämlich nach dem Medizinstudium schlauerweise noch Betriebswirtschaft drangehängt und in diesem Fach dann sogar promoviert.“

      „Oh Gott, davon weiß ich ja gar nichts. Im Moment bin ich noch völlig durcheinander! Hat mir jemand einen schlechten Schnaps aus der Türkei eingeschenkt, den ich gar nicht vertrage? Fragen Sie mich morgen wieder, ich bin sehr müde. Ich schließe jetzt die Augen und Sie können mich alle mal.“

      Schon wieder ein Beispiel seiner bekannten überaus charmanten Art, dachten die Ärzte der Intensivstation sofort und werteten es als positives Zeichen.

      „Das Gedächtnis wird schon wiederkommen und wenn es Wochen dauern sollte. Wir werden eine neurologische Frührehabilitation beantragen. Die Hoffnung stirbt zuletzt“, tröstete der Chefarzt der Inneren Abteilung, Herr Professor Pfeiferlich, der sich glücklich schätzen durfte, bisher noch nicht mit Muniel zusammengerasselt zu sein. Er selbst hatte weniger Probleme mit der Geschäftsführung, da seine Abteilung gute Bilanzen aufwies. Die ökonomisch schlechten Patienten verlegte er auf die Geriatrie.

      Das EKG von Herrn Muniel lag jetzt in Zwölfkanalversion, also komplett, mit allen Ableitungen vor. Wie vermutet, zeigte es keine Herzinfarktzeichen und ergab auch keinen Hinweis für eine massive Lungenembolie. Dafür waren die Zeichen eines hohen Kaliumspiegels im Blut im EKG deutlich zu sehen. Draußen im Gang vor der Intensivstation wollte der junge Assistenzarzt Doktor Gscheidle, obwohl er mit seiner Bemerkung beim Oberarzt zuvor auf die Nase gefallen war, noch einmal den Gedanken eines Tötungsdeliktes mit Kalium ins Gespräch bringen. Diesmal wurde er nicht zurechtgewiesen. Der Chefarzt klopfte ihm auf die Schulter und lobte ihn vor der ganzen Mannschaft: „Ja, exzellenter Einfall, Herr Kollege! Gott sei Dank haben wir hier intellektuelle Unterstützung aus dem Schwabenland. Sie haben vollkommen recht: Bei unklaren Fällen müssen wir wie bei allen schwierigen Diagnosen auch an das Unwahrscheinliche denken“, sprach er feierlich mit erhobenem Zeigefinger. „Übrigens, Frau von Hess-Prinz: Hoffentlich haben Sie das Kaffeegeschirr und die Gläser noch nicht gewaschen!“

      „Nein, es ist noch in der Spülmaschine und die wird abends vom Reinigungspersonal eingeschaltet!“ Alle schauten erstaunt auf, als die Sekretärin ironisch bemerkte: „Manchmal denken auch Frauen scharfsinnig, Herr Chefarzt und Kriminalhauptkommissar, auch wenn sie nur aus Hessen stammen.“

      Der musste schmunzeln und setzte noch einen drauf: „Sie sind eine überaus scharfsinnige, vorausschauende und neuerdings wohl auch witzige Frau“, übertrieb der Chefarzt Doktor Pfeiferlich mit dem sonnigen Gemüt eines Rheinländers, der lieber zu viel als zu wenig lobte, besonders aber Frauen.

      Frau von Hess-Prinz freute sich trotzdem darüber. Sie hatte einfach keine Lust gehabt, das Geschirr von Hand zu spülen – sie hatte genug andere Dinge zu tun!

      „Herr von Risseck, meine СКАЧАТЬ