Название: Der mondhelle Pfad
Автор: Petra Wagner
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783867779579
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Silvanus prustete los.
„Loranthus! Dein Augenmaß ist wirklich frappierend! Aber jetzt mal im Ernst: Daran musst du dich bei unseren Weibern gewöhnen, je größer die Feste, desto mehr Schminke.“
Loranthus legte seinen Kopf schief und knurrte: „Nur bei denen, die was zu verbergen haben.“
„Na, du tust ja gerade so, als hättest du Ahnung von derlei Weiberkram!“
Loranthus reckte herausfordernd das Kinn und brummte etwas Unverständliches, während seine Augen einer Horde junger Maiden hinterher schielten, die gerade kichernd an ihnen vorbei liefen. Zwei davon winkten ihnen und Silvanus winkte zurück. Daher konnte sich Loranthus in Ruhe auf die Zunge beißen, er hatte nämlich tatsächlich Ahnung von derlei Weiberkram. Vor nicht allzu langer Zeit war er höchstpersönlich selbst in einen Schminktopf gefallen und hatte beim Anblick von Loranthissima einen Schreck bekommen. Das durfte natürlich keiner wissen. Ablenkung war die Devise.
„Griechische Weiber schminken sich auch, musst du wissen, Silvanus. Am liebsten kalken sie sich die Haut heller. Je weißer, desto besser! Manche übertreiben es derart, dass sie Pusteln oder gar hässliche Ekzeme davon bekommen und dann brauchen sie noch mehr Kalkpuder, um alles zu überdecken. Was für ein Schwachsinn! Hier habe ich noch kein einziges Weib mit Unreinheiten gesehen.“
„Wir haben helle Haut, da brauchen wir kein Kalkpuder!“
„Da könntest du recht haben, Silvanus. Ihr werdet ja schließlich nicht umsonst ‚die Milchigen‘ genannt. Aber vielleicht habt ihr einfach bessere Schminke! Hm. Das wäre einen Handel wert! Sag mal, Silvanus, gibt es bei euch auch Weiber, die sich Extrakte der Tollkirsche in die Augen träufeln, um einen entrückten Blick zu bekommen?“
„Entrückter Blick? Damit man neben der Spur läuft? Wofür soll das gut sein?!“
„Na, ich gucke mir diese Furia mal ganz genau an. Wenn die auch übergroße Pupillen hat, weiß ich, dass sie neben der Spur läuft.“
Silvanus zischte durch die Zähne: „Philosophier nicht solchen Schwachsinn zusammen! Beug lieber dein Haupt, rat ich dir!“
Loranthus musste zugeben, dass Silvanus sehr deutlich reden konnte, ohne die Lippen zu bewegen. Aber da der wandelnde Schminktiegel schon gefährlich nah war, tat er sofort, wie ihm geheißen und richtete seinen Blick nach unten.
Beim Zeus, kamen da ein paar rot lackierte Fußzehen auf ihn zu! Aber wenigstens die Sandalen waren so kunstvoll mit Edelsteinen besetzt, dass Loranthus seinen Kopf gerne noch etwas länger gebeugt hielt, es waren schließlich viele Edelsteine.
„Silvanus! Welch’ seltene Freude! Dein Schoßhündchen heute angebunden!? Wer ist denn dein Begleiter?“
Mit ‚Schoßhündchen‘ konnte sie nicht Ethmanja meinen, denn die brauchte er nicht anbinden, weil sie aufs Wort hörte. „Das ist Loranthus, unser Gast aus Kreta, edle Königstochter.“
„So, so. Der griechische Händlersohn. Ich habe von ihm gehört. Er soll bei der Schlacht gegen die Chatten dabei gewesen sein. Mir ist er jedoch nicht aufgefallen.“
„Er hat nur von Weitem zugesehen. Er war nicht direkt dabei, edle Königstochter.“
„So, so. Er bevorzugt die sichere Entfernung, der griechische Händlersohn.“ Ansatzlos ging sie ins Griechische über: „Ich bin Furia, Tochter des stattlichen Naharrix und oberster Befehlshaber seiner Krieger. Du kannst jetzt dein Haupt wieder heben, Loranthus. Ich bin noch nicht Königin, dass du mir derart Achtung zollen darfst. Wie gefällt es dir bei meinen Nachbarn, den Nachfahren des Cernunnos?“
Loranthus hob zwar seinen Kopf, hielt aber die Augen immer noch gesenkt, weil er plötzlich zwei Mal rot sah: rote Fingernägel, die in einem Topf mit roter, brodelnder Wut herum rührten. Letzteres wollte er nicht überschäumen lassen, darauf spekulierte sie ganz offensichtlich.
Deshalb holte er tief Luft und pustete gegen die roten Schöpfkellen. „Es gefällt mir sehr gut bei den Nachfahren des Gottes Cernunnos, edle Furia. Sie haben mich sehr freundlich aufgenommen. Besser hätte ich es gar nicht treffen können. Das ist mir jetzt absolut bewusst.“
Die rot lackierten Fingernägel winkten verächtlich ab und rasselten mit drei goldenen Armreifen an jedem Handgelenk, jeder so breit wie ihr goldener Torques.
Dass sie bei dem Gewicht die Arme überhaupt noch hoch bekam − beachtlich. Obwohl, ihr Hals bog sich irgendwie durch. Da hing nämlich nicht nur ihr Torques dran, sondern extra noch eine höchst kunstvolle Kette aus filigran verschlungenen Kettengliedern, in denen riesige Edelsteine prunkten. Sie passten farblich exakt zu Furias Gesamterscheinung, auch hier waren alle Farben vertreten. Nun, ja. Sollte diese Furie demnächst das Übergewicht bekommen, würde sie, wenn schon nicht weich, dann wenigsten reich, abknicken. So langsam dickte die brodelnde Wutsuppe zu einer sämigen Ironiesoße ein, besonders als er sich vorstellte, wie Furias extrem kunstvolle Hochsteckfrisur aussehen würde, wenn er sie da mit viel Elan kopfüber hinein schubsen würde.
„Das ist ja sehr interessant. Du hast sicher schwer bei ihnen arbeiten müssen, Händlersohn. Hast du schon einmal einen Backofen mit Lehm verstrichen? Nein? Da hinten ist gerade welcher abgebröckelt, als ein Mann seinen Knüppel daran … anlehnte. Dabei war er doch erst neu, der Backofen. Die Leute dort freuen sich bestimmt, wenn sie einen Helfer bekommen.“
Nun riss Loranthus aber doch seinen Kopf hoch und stellte verblüfft fest, dass dieses arrogante Weib unter der Schminke recht hübsch war. Sogar ihre Pupillen in den bernsteinfarbenen Augen waren normal groß. Instinktiv drehte er sich aber um und sah wirklich Leute aufgeregt mit den Händen fuchteln. Manche rannten mit Brotlaiben zu anderen Backöfen, andere sammelten Lehmbrocken auf.
Loranthus blickte Furia direkt in die Augen.
„Ich habe wahrlich noch nie gesehen, wie Weidengeflecht mit Lehm verstrichen wird und werde mein Wissen gerne bereichern. Doch bevor meine Augen von deinem Anblick nicht mehr vor Erstaunen erstarren, muss ich noch ein Letztes sagen: Ich kenne die Schriften vieler Reisender, auch derer, die in Ägypten das Leben studierten. Sie berichten von den göttlichen Pharaonen, die prächtigen Statuen gleichen. Auch ich bereiste dieses reiche Land und kann dir daher mit Gewissheit verkünden: Keine ihrer Königinnen wird je die üppige Farbenpracht erreichen, der ich in eben diesem Augenblick gewahr werde.“
Loranthus verbeugte sich sehr tief, drehte sich um und ging. Er sah ihr nicht noch einmal ins Gesicht. Egal, wie sie es verzogen hätte, er hätte sich das Lachen nicht verkneifen können. Höflich und mit besonders strahlendem Lächeln fragte er einen Mann am Ofen, ob er helfen könne. Der gab ihm genauso erfreut eine Schale und schickte ihn zum Lehm holen an die Werra. Nach einem kurzen Seitenblick aus günstiger Entfernung war er sicher, dass er es weitaus besser getroffen hatte als Silvanus.
„Hanibu! Lew! Kommt mal aus dem Zelt!“
Viviane winkte ungeduldig, reichte ihr Fernrohr an Hanibu weiter und zeigte die Richtung.
Lew sah durch sein eigenes.
„Ach, Furia legt schon wieder ihre Schlingen aus. Bei allen Göttern! Kein gut gebauter Mann ist vor ihr sicher. Das habe ich selbst gesehen, als ich bei ihrem Vater war. Zum Glück stehe ich über ihr. Aber nachts habe ich dennoch zur Sicherheit einen Keil unter meine Tür geschoben.“
„Und?“
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