Название: Der mondhelle Pfad
Автор: Petra Wagner
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783867779579
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„Und was hast du noch gesagt?“
„Ich hab dich zum Lachen gebracht, weil ich gesagt habe: Du und ich auf der Weide als Schafe, wie wir genüsslich den Löwenzahn kauen. Und was wir dann für eine Wolle abgeben. Meine Mutter macht daraus die exotischsten Kleider in Schwarzweiß. Darauf kann man dann Fidchell spielen. Ich höre schon die Rufe der Händler: Fidchell spielen wann immer du willst! Leicht und luftig oder dick und wärmend!“
„Genau. Und das habe ich Lavinia alles erzählt.“
Hanibu drückte Lavinia an sich, beide lächelten glücklich.
„Wir haben in deiner Sprache gesprochen und in meiner Sprache und manchmal auch mit den Händen und Füßen … Aber wir konnten uns gut verstehen. Lavinia kann deshalb sogar schon ein paar Wörter in Griechisch.“
Lavinia rutschte sich gerade zurecht und deutete auf das Fidchellspiel in Vivianes Händen.
„Eines Nachts bin ich aufgewacht und hatte diesen Einfall. Hanibu war ganz begeistert, obwohl ich unbedingt grüne und rote Wolle nehmen wollte statt braun und weiß. Sie hat mir auch beim Filzen geholfen, sonst wäre es wohl nicht so schön gleichmäßig geworden.“ Lavinia verzog entschuldigend das Gesicht, doch nur kurz, und redete dann stolz weiter: „Natürlich ist das hier kein richtiges Brett wie bei dem Spiel, das du Papa aus Britannien mitgebracht hast. Dafür kann man es aber beidseitig benutzen.“
Viviane hielt anerkennend das viereckige Wolltuch hoch und besah sich auch die Karos auf der Rückseite.
„Es ist perfekt. Das war ein genialer Einfall, Lavinia!“
Lavinia streckte sich und nickte heftig.
„Noeira hat das auch schon gesagt, weil ich …“ Sie seufzte und zog einen herzerweichenden Schmollmund. „Weil ich so traurig war.“
„Traurig? Wo du so ein schönes Fidchellspiel gemacht hast?“
Lavinia hob Achtung heischend den Finger, klapperte mit den Augenlidern und langte unter ihre Wolldecke. Dort raffte sie etwas Kugeliges ein und streckte Viviane die geschlossenen Hände entgegen.
„Ich war traurig, weil meine eigene Idee für die Spielfiguren nicht funktioniert hat. Ich wollte nämlich unbedingt Elefanten filzen, wie die Figuren bei dem echten Fidchellspiel.“
„Aha, Elefanten.“
Viviane machte einen langen Hals mit neugierigem Gesicht, bis Lavinia die Finger spreizte. Da schlug sie sich die Hand vor den Mund und prustete los: „Ist der aber niedlich! Ein rosa Flaumball mit Segelohren und kurzen Wollfäden, einer dick, einer dünn!“
„Ja, ja! Lach nur! Nach diesem Probeexemplar habe ich es eingesehen: Elefanten kommen nicht in die Tasche. Sie sind einfach zu dick und die Rüssel sind in Wirklichkeit auch länger …“
„Ach, nein! Der kurze Rüssel reicht vollkommen! Er muss doch kein Gras rupfen! Und, dick … hm …“ Viviane piekte dem wuscheligen Ball ihren Finger in die Stelle, wo sie den Bauch vermutete. „Ich weiß nicht … Irgendwie sieht er wirklich wie ein Elefant aus. Ich habe zwar noch keinen echten gesehen, aber wenn ich ihn mal mit den Figuren von Vaters Fidchellspiel vergleiche … außer, dass er rosa ist …“ Sie drehte den Wuschel prüfend nach allen Seiten und strich ihm liebevoll über die abstehenden rosa Ohren. „Nein, dick ist er nicht, höchstens gut im Futter. Und erst das niedliche Schwänzchen hinten dran! Sogar mit Quaste!“
Viviane wedelte den winzigen Wollfaden hin und her, der am Ende einen Knoten hatte und dahinter extra verzottelt war. Das konnte nur der Schwanz sein, denn der vermeintliche Rüssel war etwas länger und glatt. Verschmitzt grinsend, warf sie den Ball hoch in die Luft und fing ihn wieder auf, plötzlich riss sie die Arme auseinander und umarmte Lavinia und Hanibu stürmisch.
„Das ist das schönste Geschenk, was ihr mir machen konntet! Ich danke euch von ganzem Herzen!“
„Das freut uns, Viviane.“ Lavinia nahm ihr das gefilzte Tuch aus der Hand. „Guck mal! Wir haben extra eine schmale Brettchenwebkante in Grün-Rot gemacht, die legst du einfach ein und fertig ist die Umhängetasche. Aber jetzt wird geschlafen. Die Nacht ist kurz und morgen wird wieder ein langer Tag. Da spielen wir mal eine Partie, Viviane.“
„Ja, Vater! Äh, ich meinte natürlich: Ja, Lavinia! Den rosa Elefanten will ich aber unbedingt dazu. So ein Sonderexemplar hat nicht jeder … und schon gar nicht von seiner kleinen Schwester.“
Lavinia ließ sich kichernd zurück plumpsen, zerrte an ihrer Decke und strampelte so lange, bis sie nur noch ab ihrer Nase hervorlugte. Viviane streckte sich schmunzelnd neben ihr aus und zog betont sorgfältig ihre eigene Wolldecke über sich.
„Endlich …“, flüsterte Lavinia und gähnte müde. „Kannst dir übrigens noch einen schönen Namen für den Elefanten aussuchen …“ Mit letzter Kraft kuschelte sie sich an Viviane, fasste nach ihrer Hand und streckte die andere nach Hanibu aus.
„Rosvinia!“, hauchte Viviane und strich ihrer kleinen Schwester über den nussbraunen Haarschopf. Sie seufzte, weil Lavinia wirklich schon eingeschlafen war. Wer unschuldig ist, schläft einfach besser, wurde ihr wieder einmal bewusst. Sie selbst hatte Angst, die Augen zu schließen, denn seit der Schlacht sah sie jedes Mal schmerzverzerrte Gesichter, um Gnade flehende Augen und verunstaltete, zuckende Körper. Fest presste sie das Stoffbündel an sich, sog den vertrauten Duft des Hauses in sich ein und lauschte auf das Plätschern des Flusses. Ganz kurz huschte der Gedanke durch ihren Geist, dass ihre Mutter noch extra eine Kütze voller Blumen gesammelt haben musste, denn das Stroh roch nicht nur nach den üblichen beigemischten Bettkräutern, sondern intensiv nach Blüten aller Art.
Tief atmete sie den Wohlgeruch ein und lächelte über diesen ganz besonderen Willkommensgruß. Und wirklich kamen diesmal die schrecklichen Bilder nicht, denn Sünna sang ihr gleichmäßiges, altbekanntes Lied und nahm sie mit in ihre klare, friedliche Welt – die Welt ihrer Kindheit, bei der sie die ersten Schritte ihres Lebens über eine sonnenbeschienene Wiese tat und ihre winzige Nase in jede Blüte steckte, die ihr gefiel.
Fragen sind der Anfang allen Wissens
Als wäre Viviane nie weg gewesen, erhob sie sich bei Sonnenaufgang und ging mit Hanibu, Lavinia, Flora und Großmutter Mara die Kühe melken. Sie mussten zwar jetzt ein kleines Stück länger gehen, weil die Mutterkühe auf einer anderen Weide grasten, aber das war nicht weiter schlimm. Der Morgen war herrlich, die erwachende Göttin der Morgenröte winkte mit einem goldenen Tuch über die Thuringer Berge und die Vögel zwitscherten so lautstark, als hätten sie einen Wettstreit im Jubilieren auszutragen.
Den Rückweg liefen sie so beschwingt, dass sie sich sogar im Imitieren der Vogelstimmen versuchten und danach Großmutter Mara zur Zaunkönigin wählten. Immer noch trällernd, stellten sie die gefüllten Milcheimer ins Langhaus, gingen zum Fluss und wuschen sich.
Noeira und Taberia kamen ihnen nach und schmunzelten, als sie ihre Babys in den großen Weidenbaum hängten. Der hieß jetzt nämlich Kinderbaum, weil nun schon zwei Kinder in ihren Tragetaschen dort dran hingen. Lavinia hatte diesen Einfall gehabt und sie damit jeden Morgen aufgeheitert. Denn wenn eines gefehlt hatte in der Zeit, als die Männer und Viviane fort waren, СКАЧАТЬ