El Raval. José R. Brunó
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Название: El Raval

Автор: José R. Brunó

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

Серия:

isbn: 9783960082033

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СКАЧАТЬ Fenster und es kam ihm ein starker Kaffeegeruch entgegen, der aus der gegenüberliegenden Cafeteria L´Havana nach oben stieg. Sie war meistens schon ab sieben Uhr geöffnet.

      Sofort fiel ihm auf, dass für diese Zeit ungewöhnlich viele Leute auf der Straße waren. Als er hinuntersah, fielen ihm Menschen auf, die unmöglich seine Landsleute sein konnten oder gar herkömmliche Touristen waren. Es waren Amerikaner, die wieder einmal El Raval unsicher machten.

      Über Nacht war die Sixth Fleet angekommen. Die sechste Flotte der Amerikaner, die im Hafen von Barcelona häufig vor Anker lag. Wenn Flugzeugträger, die teilweise 5000 Marinesoldaten an Bord hatten, vor Anker lagen, bekamen die gastronomischen Betriebe und die Huren unverhofft eine verlängerte Saison. Die Touristen verschwanden schon im Oktober und somit waren die Yankees in dieser Jahreszeit gerngesehene Gäste.

      Pep tat das, was er immer tat. Er wusch sich und ging eilig die Treppe hinunter, denn er verspürte das starke Verlangen, einen Kaffee zu trinken.

      Die Cafeteria L´Havana war schon voller Leute und der Lärm erinnerte an einen Jahrmarkt. Der große lange Tresen war voll mit irgendwelchen Gestalten besetzt, die wohl die letzte Nacht kein Bett gesehen hatten. Es waren Amerikaner, die sich stimmgewaltig mit irgendwelchen Spaniern auseinanderzusetzen versuchten. Auf dem Boden vor der Theke lag bergeweise Müll.

      Die Spanier hatten die Angewohnheit, alles auf den Boden zu werfen. Hier lagen Zigarettenstummel, Zuckertüten und sonstiger Unrat. In Spanien war die Anzahl der Zuckertüten auf dem Boden vor dem Tresen ein Indiz für guten Kaffee.

      Alle zwei Stunden kam die Wirtin mit einem Besen, um den Boden im Tresenbereich zu reinigen und nach einer halben Stunde war der alte Zustand wieder hergestellt.

      Pep bestellte sich einen Café con Leche und ein Croissant, nahm sich die Tageszeitung La Vanguardia vom Tresen und setzte sich an einen gerade freigewordenen Tisch.

      Hier sah es nicht besser aus als auf dem Fußboden vor dem Tresen. Mit einer Handbewegung signalisierte Pep dem Kellner, dass er den Tisch säubern müsse.

      Der schlaksige zahnlose Camarero, den Pep schon seit einigen Jahren kannte, kam mit einem Tablett, auf dem er den bestellten Kaffee und das Croissant transportierte.

      Mit einem dreckigen Lappen tat er das, was alle Leute taten. Er wischte den auf dem Tisch liegenden Müll auf den Boden.

      Pep sah dem Treiben der Leute gelangweilt zu. Hier geschah nichts, was er nicht bereits sein gesamtes Leben kannte.

      Nach einer Weile öffnete sich die Eingangstür und der Limpiabotas, der Schuhputzer Paco betrat das Lokal.

      Im Viertel war er als El Cojo bekannt, weil er das rechte Bein nachzog.

      El Cojo hatte vor einigen Jahren einen Unfall gehabt, bei dem er sich das rechte Bein gebrochen hatte. Zum Arzt hatte er nicht gehen können, weil er nicht versichert war. In dieser Zeit konnten sich nur wenige eine ärztliche Versorgung leisten oder hatten eine Versicherung. In diesen Jahren gab es viele junge Leute, die aufgrund irgendwelcher Unfälle verkrüppelte Gliedmaßen hatten, die nie ärztlich versorgt worden waren. So war auch Paco ein Opfer dieser sozialen Missstände geworden.

      Alle im Barrio Chino kannten den alten Schuhputzer. Er war ein kleiner alter Andalusier, der sich überall mit seinem Putzkasten herumtrieb, wo viele Leute waren und er sicher sein konnte, dass er Aufträge bekam. Paco steuerte sofort auf den Tisch zu, an dem Pep saß.

      Mit einem freundlichen »Hallo Pep« begrüßte der Schuhputzer seinen Kunden.

      Pep ließ sich immer seine Schuhe von Paco putzen, wenn er ihn traf. Zum einen besaß er selbst gar kein Schuhputzzeug und zum anderen ließ man den armen Teufel auch etwas verdienen.

      In Spanien reinigte man sich die Schuhe nicht selbst, das war nicht nur in El Raval so. Beim Militär hatte Pep sich zum ersten Mal in seinem Leben die Schuhe selbst reinigen müssen. Dabei war es dann aber auch geblieben. Am Ende des Gastraumes der Cafeteria befand sich ein Mauerdurchbruch, der mit Ketten verhangen war, der die Fliegen fernhalten sollte und direkt in einen Friseurladen führte. Aus Bequemlichkeit ließ man sich, nachdem man seinen Obligatorischen Kaffee getrunken hatte, anschließend rasieren.

      Der Tag eines Spaniers begann damit, seinen Kaffee zu trinken, die Zeitung zu lesen und je nach Bedarf seine Schuhe reinigen oder sich rasieren zu lassen.

      Pep hatte dem Barbier zwischenzeitlich signalisiert, dass er ihn rufen möge, wenn er Zeit habe, ihn zu bedienen. Es wurde Zeit, Pep hatte sich seit Tagen nicht rasiert.

      Es dauerte nur wenige Minuten, bis der Friseur die Kneipe betrat und avisierte, dass er nun bereit wäre, Pep zu rasieren.

      Es war auffällig, dass noch einige Kunden im Laden saßen, die sicherlich vorher hätten bedient werden müssen.

      Die Demut vor der Obrigkeit hatten die Bürger noch nicht abgelegt. Die Angst vor der Polizei war noch immer allgegenwärtig, da diese in der Vergangenheit darüber entschieden hatte, ob die Gewerbetreibenden in Ruhe ihren Geschäften nachgehen konnten oder man ihnen das Leben schwer machte. Polizisten waren es in El Raval nicht gewohnt, zu bezahlen. Weder in den Bars noch bei den Prostituierten. Damit sollte jetzt Schluss sein. Pep wollte keine Sonderbehandlung und erst recht wollte er für das bezahlen, was er bekam.

      Schon einige Zeit war er darüber verärgert, dass man sich ihm gegenüber neuerdings komisch verhielt. Dass einer von ihnen jetzt bei der Polizei war, hatte sich herumgesprochen wie ein Lauffeuer und was man von Pep als Polizist erwarten konnte, wusste man noch nicht. Eines wollte Pep sicherlich nicht: der Superbulle sein, der jetzt den armen Teufeln im Viertel das Leben schwer macht. Dafür kannte er diese Leute schon zu lange und irgendwie waren sie alle ein Bestandteil seiner Jugend.

      In El Raval wollte man die Korruption in den Griff bekommen, die seit jeher völlig normal war. Die Polizei kassierte bei den Huren und Drogenhändlern kräftig ab. Alle wussten es und keiner hatte den Mut, dagegen etwas zu unternehmen.

      Die Policia Nacional hatte durch ihre neue Zuständigkeit nun auch das Drogengeschäft zu kontrollieren, was den Kollegen der Guardia Civil gar nicht gefallen konnte. Sie wurden ihrer Nebeneinkünfte beraubt, die sicherlich ein Mehrfaches ihres spärlichen Gehaltes ausmachten. Polizisten verdienten in dieser Zeit zwölftausend Pesetas monatlich und jeder hatte noch die ein oder andere Nebeneinkunft.

      Nach und nach sollten ältere Polizisten durch junges und unverbrauchtes Personal ersetzt werden. Man setzte auf neue Kräfte und machte den leisen Versuch, den Sumpf trocken zu legen.

      Inzwischen hatte Pep einen Karrieresprung gemacht. Er war vom einfachen Policia zum Subinspektor aufgestiegen.

      Er war in der Abteilung Nationale Sicherheit gelandet, die weitgehend damit beschäftigt war, illegale Ausländer aufzuspüren, Abschiebungen zu veranlassen, Aufenthaltsgenehmigungen und Pässe zu bearbeiten.

      Zu seinen Kunden zählte eine Vielzahl von Nationalitäten, in der Hauptsache Nordafrikaner, die teilweise aus den spanischen Enklaven Ceuta und Melilla stammten.

      Pep hatte sich die Polizeiarbeit ganz anders vorgestellt. Langweilige Verwaltungsarbeiten, die er bereits seit einigen Monaten machte, ließen in ihm Zweifel aufkommen, dass er diese Arbeit sein ganzes Leben lang machen wollte. Aber es sollte anders kommen.

      Pep musste eines Morgens bei seinem obersten Chef vorstellig werden. Der Schreck war ihm in die Glieder gefahren. Er, der kleine Polizist, musste zu seinem obersten Vorgesetzten, den alle fürchteten und um den jeder Beamte einen großen Bogen machte.

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