Heimkehr zu den Dakota. Liselotte Welskopf-Henrich
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Название: Heimkehr zu den Dakota

Автор: Liselotte Welskopf-Henrich

Издательство: Автор

Жанр: Исторические приключения

Серия:

isbn: 9783957840066

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СКАЧАТЬ rief den Indianer an, der daraufhin auf seinem Grauschimmel zu dem Ingenieur heranritt, während seine Begleiter sich von ihm trennten und gleich den Zelten und Bretterbuden zustrebten.

      Wenn Charlemagne erwartet hatte, von Harry begrüßt zu werden, so sah er sich getäuscht. Der junge Indianer schaute nur Joe an, in Erwartung irgendeiner Bemerkung oder Frage des Chefs, und auch dem Ingenieur gegenüber verriet sich in seinen Zügen keine besondere Spannung oder Aufmerksamkeit.

      »Ich gehe morgen, das weißt du, Harry«, sagte Joe. »Sobald heute Nacht der Zug da ist, feiern wir Abschied. Dein Vater und du, ihr seid auch meine Gäste.«

      »Die Nacht über bin ich wieder auf Kundschaft.«

      »Habt ihr die verdächtigen Spuren enträtselt?«

      Der Indianer beantwortete die Frage nicht gleich, und durch dieses kurze Schweigen drückte er seine Überraschung aus. »Ich habe keine verdächtigen Spuren gesehen«, sagte er schließlich.

      Es war nun an Joe, überrascht zu sein. Auch er wartete einen Augenblick, bis er antwortete: »Umso besser. Dann mache dich doch heute Nacht wenigstens für ein paar Stunden frei. Ich erwarte dich.«

      »Ich komme, wenn es möglich ist.« Der junge indianische Scout ritt weiter.

      Joe und Charlemagne schauten ihm nach. »Ihr müsst mit seinem Alten reden«, riet Charles. »Der bringt ihn mit.«

      Joe Brown machte eine abwehrende Handbewegung gegen den aufdringlich erscheinenden Vorschlag. Er war selbst im Stationslager oberste Instanz für den Kundschafterdienst, da er Prärieerfahrung besaß, und er wollte die Kräfte so einteilen, dass er die alten Präriehasen für zwei oder drei Stunden um sich versammeln konnte.

      »Komisch«, murmelte er nur noch. »Der eine phantasiert von ganz großer Schweinerei, die zu befürchten steht, und der andere will überhaupt nichts gesehen haben.«

      »Sonderbar ist es wirklich«, bekräftigte Charles.

      Joe wollte Charlemagne loswerden. Er verließ daher seinen Standplatz am Gleis und ging zunächst wieder zurück auf seine Kammer. Dort fand er Henry vor.

      Der junge Ingenieur war voller Lebendigkeit und Erwartung. »Heute Nacht wird es großartig, Joe! Habe den Geiger abgesetzt, der sein Instrument immer wie mit einer Kratzbürste behandelte. Bei den Ballen und Säcken hab ich einen Zigeuner gefunden – Joe, das ist klasse! Der wird spielen! Gekocht wird jetzt schon. Der Leitende rechnet einen Teil der Unkosten auf Spesen. Und morgen geht es endlich weg aus dieser traurigen Grassteppe hier. Wie ich mich freue!«

      Joe lächelte so freundlich, wie er es mit seinem ledernen Gesicht noch vermochte. »Hauptsache, es freut sich einer, und wir schaffen es dann mit unserer Strecke. Der Preis nächstes Jahr muss uns gehören!«

      »Muss er, Joe. Und nun entschuldige mich! Ich hab eine Menge zu tun. Nur eins noch rasch: Wen willst du an unserem Tisch haben?«

      »Von den Respektspersonen, was sich nicht vermeiden lässt. Auf alle Fälle auch die alten Prärieläufer, die noch wissen, wie es uns mal erging.«

      »Das heißt ... Hm! Weißt du ..., der Hahnenkampf-Bill ist nicht gerade die Figur, die ich mir am Tisch wünsche. Tom ist nicht mehr da ...«

      »Auch wahr. Rück zwei Tische nebeneinander. Wir und die Respektspersonen sitzen zusammen, am nächsten Tisch die alten Rowdies.«

      »Top auch?«

      »Top und Harry.«

      »Harry wird wieder nein sagen. Er kann die Weißen nicht leiden.«

      »Dieser Querkopf, der mir einmal das Leben gerettet hat ...«

      »Der – dir ...?«

      »Alte dumme Geschichte.« Joe wusste nicht, dass er die gleichen Worte gebrauchte wie kurz zuvor Red Jim. Er zögerte etwas und entschloss sich dann weiterzusprechen. »Damals bei der Strafexpedition gegen die Bärenbande ist’s geschehen. Harrys jüngerer Bruder, der noch in den Zelten lebte, ein halbes Kind, ging mit dem Messer auf mich los. Ich war darauf nicht gefasst, aber Harry stieß ihn im letzten Augenblick nieder. Vielleicht haben ihn die Augen des Vaters dazu gezwungen. – Lassen wir das!« Joe, der das Unverständnis und das Misstrauen im Gesichtsausdruck des jungen Henry bemerkt haben mochte, brach ab. »Harry soll heute Abend kommen«, bestimmte er nur noch. »Sag ihm einen schönen Gruß von mir, und die Feier gehört zum Dienst.«

      »Gut, dann weiß ich Bescheid.« Henry zog mit verwirrten Empfindungen ab, und zur Beruhigung versah er sich dabei noch mit einer Zigarre aus Joes Vorrat.

      Schnellen Schrittes ging Henry zunächst noch einmal in die Küchenbaracke. Ein selbstbewusster Koch regierte hier die Kessel und die Küchenfrauen, unter denen sich auch drei Negerinnen und eine alte Indianerin befanden. Henry begegnete Charlemagne, der eines der weißen Küchenmädchen angesprochen hatte und trotz der hinausweisenden Blicke des Kochs zähe die Unterhaltung fortzusetzen trachtete.

      »Also gut!«, rief das Mädchen schließlich, »aber jetzt mache, dass du hinauskommst!«

      Charlemagne zwirbelte befriedigt seinen Knebelbart, nickte Henry wie einem alten Bekannten zu und stolzierte ab.

      Henry ließ sich vom Koch noch einmal bestätigen, dass dieser von der Lagerverwaltung alles Gewünschte erhielt, und verließ wieder die Küchenbaracke, um am Rande des Stationslagers das Indianerzelt aufzusuchen, das Top und Harry als Behausung diente.

      Henry schlüpfte durch den Zelteingang hinein. Er traf Harka an, der sich offenbar auf seiner Büffelhautdecke ausgestreckt gehabt hatte, jetzt aber den Hereinkommenden schon wieder stehend begrüßte. Henry, fünfundzwanzig Jahre alt, war um einen Kopf kleiner als der lang gewachsene siebzehnjährige Indianer. Der junge Ingenieur hatte sich sonst nicht mehr viel um den Kundschafter gekümmert. Er hatte ihm hin und wieder ein Buch verschafft, wenn Harry sich im Lesen üben wollte, und er hatte ihm Landkarten besorgt im Austausch gegen Felle. Aber das waren äußerliche, versachlichte Beziehungen geblieben. Jetzt, am letzten Tag, den Henry in der Prärie verbrachte, schaute er den Indianer etwas aufmerksamer an. Das Gesicht dieses Burschen war nicht das eines jungen Menschen. Die gut ausgebildete Stirn, die gebogene Nase und die gesamte Knochenbildung traten überdeutlich hervor, da das Gesicht mager war. Die Augenlider blieben immer gesenkt bis auf einen schmalen Spalt, der dem Sehvermögen, aber keinem Ausdruck Raum gab. Henry fühlte sich diesem jungen Mann gegenüber fremd. Die ungeklärten Vorstellungen und Gerüchte, »bester Kundschafter« oder »Verräter«, »Lebensretter« und »Brudermörder«, konnte der Jungingenieur in seine mehr oberflächliche als tiefe Denkweise und in seine plätschernden Gefühle nicht einordnen; er fand keinen Kontakt zu Harry.

      »Joe Brown lädt dich und deinen Vater zu der Abschiedsfeier heute Nacht ein. Diese Feier gilt als Dienst«, sagte er in etwas schnoddrigem Ton.

      Der Indianer ging auf diesen Ton nicht ein. Er sprach kurz und gemessen: »Im Dienst trinke ich nicht. Ich trinke überhaupt nicht. Es wird also Ärger geben, wenn ich komme, aber wenn Joe Brown es so haben will, werde ich da sein – falls auch mein Vater es wünscht.«

      »Wann kommt denn Top zurück?«

      »Abends.«

      »Gut! Wir erwarten euch, sobald der Zug glücklich eingelaufen ist.«

      Henry ging lieber wieder hinaus, als er hereingekommen war. Er hatte nicht nur wenig Sympathie СКАЧАТЬ