Heimkehr zu den Dakota. Liselotte Welskopf-Henrich
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Название: Heimkehr zu den Dakota

Автор: Liselotte Welskopf-Henrich

Издательство: Автор

Жанр: Исторические приключения

Серия:

isbn: 9783957840066

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СКАЧАТЬ Brown saß in seiner Kammer und rauchte. Er kam sich vor wie ein Gefangener, der nicht arbeiten durfte. Durch die unablässige Anspannung der letzten Jahre waren seine Nerven überreizt. Er wäre imstande gewesen, sich schon am frühen Morgen zu betrinken, wenn ihm nur jemand Branntwein gebracht hätte. Aber Daisy, die Kellnerin, schien ihn auch schon vergessen zu haben. Er reiste morgen ab, und sie musste sich künftig die Trinkgelder anderer zahlungskräftiger Kunden sichern.

      Joe Brown spuckte aus. Er spuckte ohne Bedenken auf den Boden, denn er brauchte ja nur noch eine Nacht in dieser Kammer zu schlafen! Falsch; er brauchte überhaupt nicht mehr in dieser Kammer zu schlafen, die kommende Nacht wurde durchgefeiert. Und dann stieg er mit Henry in den Zug, der ostwärts fuhr ... zu der Stadt, und in der Stadt war ein Büro mit Vorgesetzten, die noch nie den Wilden Westen gesehen hatten ... und in der Stadt wohnte die Familie, die Joe kaum mehr kannte ...

      Brown spuckte noch einmal, machte dann das Fenster auf und schaute hinaus. Es war windig und staubig draußen, und er wusste, dass er in der Stadt diesen Wind und diesen Staub der Prärie vermissen würde.

      Nun hatte Daisy ihn doch erspäht und seinen Wunsch erraten. Ihr Gesicht war am Fenster der Küche erschienen, und gleich darauf kam sie mit einer Flasche Whisky zu dem Fenster von Browns Kammer. Sie war sehr jung, hatte eine fettige Haut, und ihr Haar war lange nicht gewaschen, aber ihre Augen waren lustig und ihre Nase kurz und keck.

      »Jetzt schon trinken?«, fragte sie, als sie dem Ingenieur die Flasche gab und das Geldstück dafür einkassierte, nicht ohne einen Blick darauf geworfen und festgestellt zu haben, dass Joe heute freigebig war.

      »Abschiedsschmerz, Daisy.«

      »Ich heiße nicht Daisy. Für dich schon gar nicht. Vicky heiße ich.«

      »Vicky passt nicht zu dir. Daisy ... der Whisky tötet den Abschiedsschmerz. Hol dir auch einen Becher!«

      »Das Trinken gewöhne ich mir noch nicht an, das ist was für die alten Herren. Ich kenne noch keinen Abschiedsschmerz und brauche keinen Brandy, um ihn wegzuspülen.«

      »Als ich so jung war wie du, war ich auch so frech. Die Jahre gehen hin.«

      »Wenn du heute Abend auch solche Trauerlieder singst, wird’s aber langweilig!«

      Joe trank aus der Flasche. »Heut’ Abend kommt’s doch nicht auf mich an. Das ist nur eine Gelegenheit, damit sie alle saufen können!«

      »Wenn’s dabei bleibt, ist es ja gut.«

      »Wieso soll es nicht ... was willst du damit überhaupt sagen?«

      »Ich habe die letzte Messerstecherei noch nicht vergessen. Blut, das mag ich nicht sehen. Es wird mir schlecht dabei. Wenn ich nur daran denke, wie der Mackie gebrüllt hat, als ihm die Klinge überm Ohr saß wie dem Schreiber der Bleistift ..., ich könnte gleich noch mal speien.«

      »So zarte Saiten auf deiner Geige? Willst du morgen mitkommen in die Stadt?«

      »Aber nie und nimmer. Der Mackie ...«

      »Ach so. – Aber ich glaube auch nicht, dass es heute wieder so heiß hergehen wird. Wir fangen erst um Mitternacht zu trinken an, nachdem der Zug angekommen ist. Bis dahin müssen wir alle nüchtern bleiben. Von Mitternacht dann bis zum Morgen – hat sich ein richtiger Grenzer noch nicht mal warm gesoffen! Und die Sache mit der langen Lilly ist entschieden, Hahnenkampf-Bill hat allein ein Anrecht auf sie.«

      »Hoffen wir’s, dass es dabei bleibt. Also bis Mitternacht!« Daisy-Vicky kicherte schnippisch und lief zur Küche zurück.

      Joe Brown nahm noch ein paar Schlucke Whisky und erging sich dann im Freien. Er konnte nicht den ganzen Tag in der Bude sitzen.

      Als er lange beim Gleis stand und über die Strecke, die schon gebaut war, ostwärts zurückschaute, hörte er Hufschläge, und bald darauf tauchten Reiter auf, allen voran Jim, hinter ihm noch drei Mann, unter denen Joe den Hahnenkampf-Bill und einen kleinen, auch von weitem schon in seiner Kleidung schmierig wirkenden Mann erkannte. Die Reiter hatten ihre Pferde abgetrieben. Sie kreuzten das Gleis und ritten zum Stationslager, wobei sie unmittelbar an Joe vorbeikommen mussten. Sie ließen die Tiere in Schritt fallen, und da Jim bei Joe Brown haltmachte, hielten alle an.

      »Morgen«, grüßte Red Jim. »Schon aufgestanden, der künftige Herr Chefingenieur der Union Pacific?«

      »Aufgestanden«, antwortete Joe. Er ging dabei auf Jims Ton ein. »Aber ganz überflüssigerweise! Die Schwellen unter dem Gleis, die Grashalme auf der Prärie oder die Bretter in der Bude zählen – kommt letzten Endes auf eins hinaus.«

      »Möcht ich auch mal sagen können, dass ich nicht zu arbeiten brauche. Aber du wirst sehen, es gibt wieder eine große Schweinerei. Ein Haufen versteckter Fährten ...«

      »Wollen die Dakota an meiner Abschiedsfeier teilnehmen?!«

      Jim lachte kurz auf, gekünstelt, ohne Übergang; es war mehr wie ein Hohnschrei. »Könnte sein! Die Dakota denken vielleicht, sie gehören wirklich dazu, und es fehlt dir etwas, wenn sie nicht kommen. Hast du nicht wieder mal Lust auf ein Fischgericht im Dakotaland?«

      »Bleib mir drei Schritt vom Leibe mit solchen Witzen.«

      »Auf Wiedersehen um Mitternacht! Hoffentlich nicht früher. Ich habe Lust, gründlich und lange zu schlafen. Wenn der Zug nur erst da wäre! Dann wird mir leichter zumute sein.« Jim trieb sein Pferd wieder an, die anderen folgten ihm, und Joe blieb allein beim Gleis zurück.

      Jeder Indianerüberfall bedeutete nicht nur Gefahr, sondern auch Verzögerung. Es durfte aber nicht eine Stunde verloren werden, sonst hatte die Konkurrenz ihre Strecke eines Tages früher fertig, und der ausgesetzte Preis ging der Gesellschaft, für die Joe arbeitete, verloren. Joe strengte Augen und Ohren unwillkürlich schärfer an, obgleich das zur gegenwärtigen Tageszeit völlig unnütz war.

      Als Red Jim auf dem Hauptplatz des Zelt- und Barackendorfes angelangt war, sprang er ab und verabschiedete zwei Mann. Diesen beiden gab er sein Pferd sowie das des Hahnenkampf-Bill mit. Bill bedeutete er mit einem Blick, er möge ihn begleiten.

      Red Jim bewohnte eine Kammer für sich allein. Niemand wusste, wie er zustande gebracht hatte, was nicht einmal die Ingenieure oder der Leiter des Stationslagers erreichen konnten, aber es gab auch niemanden, der sein Vorrecht antastete. Die Kammer war winzig klein, doch hatte Jim sich sogar Doppelwände eingebaut. Wozu diese dienen sollten, wusste auch niemand. Wenn ihn je einer danach fragte, behauptete Red Jim, des Nachts so heftig zu träumen, dass er eine einfache Wand leicht einmal einschlagen könne.

      Die Tür zu Jims Kammer war verschließbar. Jim schloss auf. Das Fenster war mit einem Nesseltuch verhängt, das undurchsichtig war, aber für den Inhaber der Kammer Licht genug hereinließ. Der bartlose rothaarige Scout ließ Bloody Bill zuerst eintreten, während er selbst die Tür noch in der Hand behielt. »Setz dich schon hin«, sagte er, »ich bringe noch einen.«

      Bill ließ sich auf das Bett nieder.

      »Wen bringst du?«, wollte er wissen. »Einen Drink?«

      »Nein, du Whiskyfass. Den Charlemagne.«

      »Was? Wen?«

      »Du hast schon recht gehört. Er ist gestern eingetroffen.«

      »Und ich ...«

      »Und du, sein bester Freund, СКАЧАТЬ