Museumsschiff. Matthias Falke
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Название: Museumsschiff

Автор: Matthias Falke

Издательство: Автор

Жанр: Научная фантастика

Серия:

isbn: 9783943795929

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СКАЧАТЬ Niemand verzog eine Miene.

      Jennifer gesellte sich zu den Wissenschaftlern, die wir ihren Instrumenten überließen, während wir übrigen uns zur großen Panoramafront begaben. Der leere Kosmos lag vor uns, in einer Leere, die nie zuvor eines Menschen Herz bedroht hatte. Die Große Mauer lag hier in unserem Rücken. Das tiefe Gähnen des extragalaktischen Raumes öffnete sich vor uns. Eine Schwärze, wie sie im Inneren der Milchstraße nirgends anzutreffen ist, verhüllte weite Bereiche der Aussicht. Wir starrten ins blinde Nichts. In einiger Entfernung trieben die Galaxien der Lokalen Gruppe durch die uferlose Nacht. Andromeda flackerte wie eine Kerzenflamme, die man durch ein milchiges Glas betrachtet, gleich daneben drehte sich die Milchstraße, wobei ihre Bewegung so gemächlich war, dass man einige Millionen Menschenleben hätte ausharren müssen, um die Vollendung eines Umlaufs zu erleben.

      Die Milchstraße von außen zu sehen, das war bis vor einigen Monaten ein Traum, den kein Mensch ernsthaft unter seiner Schädeldecke ausbrüten konnte. Die weiträumigsten Bewegungen, die die MARQUIS DE LAPLACE als größtes und schnellstes Schiff der Union ausgeführt hatte, waren auf die solare Region beschränkt gewesen. Sie führten zum nächsten und übernächsten Nachbarstern und beschrieben einen Radius, der jetzt mit bloßen Auge nicht mehr innerhalb der gläsern schimmernden Spiralarme auszumachen war. Jetzt sahen wir die ganze Struktur von außen, deren Durchquerung das Licht mehr Zeit kostete, als der Aufstieg vom Neandertaler zum Homo Astralis gedauert hatte.

      »Zehn Sekunden«, verkündete Frankel.

      Dann zählte er den Countdown. Als er bei Null angekommen war, geschah überhaupt nichts. Schmerzhafte Stille wuchs auf der Brücke, während irgendwo ein paar Instrumente klickten und das Brummen der Feldgeneratoren, das man für gewöhnlich nicht wahrnahm, hörbar wurde. Wir starrten in den Abgrund von Leere. Ein Lichtsignal hätte vor dem Auftreten der ersten Hominiden ausgesandt werden müssen, um uns hier und heute zu erreichen, und wenn wir jetzt einen Funkspruch losschickten, würde er auf eine Erde treffen, auf der die Kontinente nicht mehr die uns bekannte Form und Lage hätten.

      Noch hielten alle den Atem an. Nicht einmal ein Fluch oder Stöhnen der Enttäuschung wurde laut. Die Zeit schien dadurch still zu stehen. Aber tatsächlich eilte sie weiter und vernichtete unsere Hoffnung auf einen baldigen Abschluss der Erprobungsphase.

      Plötzlich, als sei der Sternenraum nur eine Spiegelung in einem flachen Weiher, in den eben ein Regentropfen gefallen war, lief eine konzentrische Störung über das Bild. Der Anblick der Galaxien wellte sich. Aus der punktförmigen Mitte der Erscheinung brach eine Explosion von Licht. Die Scheiben verstärkten selbsttätig die Polarisation, wodurch alle Sterne unsichtbar wurden außer dem einen, der selbst durch die Abschirmung hindurch blendete. Impulsiv hatten wir alle die Hände vors Gesicht gehoben und waren einen Schritt zurückgetreten. Ich hörte, wie die Feldgeneratoren aufdröhnten. Dann taumelte das Schiff, wie von einer gewaltigen Breitseite getroffen. Ein Energieausbruch von unvorstellbarer Heftigkeit warf den Zwölf-Kilometer-Titan-Corpus der MARQUIS DE LAPLACE auf die Seite wie ein schwerer Brecher eine Nussschale. Ionenentladungen brannten vor den verdunkelten Scheiben auf und spannten Strahlungsschnüre von den Antennen des Schiffes zu auskragenden Aufbauten. Ein rosafarbenes, von blaugrünen Höfen durchsetztes Halo detonierte am Generatorschild der MARQUIS DE LAPLACE. Die künstliche Schwerkraft ließ uns in die Knie gehen, als sie verhinderte, dass wir im Raum herumgeschleudert wurden. Die virtuellen Gyroskope schrien bei dem Versuch, das sich windende Schiff zu stabilisieren.

      »Verdammt«, knurrte Reynolds.

      »Heilige Scheiße«, fluchte Dr. Rogers. »Können Sie Ihre Fehlversuche nicht wenigstens durchführen, ohne uns alle um Kopf und Kragen zu bringen?!«

      Wir kämpften den Schwindel nieder und kniffen die Augen zu, auf denen noch die Nachglut der Explosion tanzte. Das Schiff rollte selbstständig in die ursprüngliche Position zurück, während die Automatik die Polarisation der Scheiben wieder aufhob. Plasmatische Entladungen zeichneten noch den für gewöhnlich unsichtbaren Cocon des Generatorfeldes nach, das das Schiff umgab und es gegen kosmische Strahlung abschirmte.

      »Was ist passiert?«, fragte Jennifer.

      Sie hatte den Schock als erste abgeschüttelt und ging zur Schadensanalyse über. Während Rogers sich von seinen Adjutanten über den Zustand des Schiffes informieren ließ und dann sämtliche Stationen rief, um sich zu vergewissern, dass die MARQUIS DE LAPLACE den Vorfall unbeschadet überstanden hatte, scharten wir uns um Reynolds und Frankel, die sich über ihre Konsolen beugten, wo das Ereignis in die Sprache der Mathematik übersetzt wurde.

      »Um Himmels Willen«, stieß Jennifer nach einer Weile aus. »Sie haben eine instabile Singularität geöffnet.«

      Frankel nickte in grimmigem Schweigen, aus dem ich so etwas wie hybriden Stolz herauszuhören glaubte. Auch ein Gott kann einmal danebenhauen, schien seine gefasste Miene zu sagen.

      »Der Warpkorridor war nicht phasenkonstant«, stellte Reynolds fest. »Dadurch ist die Sonde zu Strahlung verglüht.«

      Eine Stunde später trafen wir uns zur Besprechung in der Großen Messe. Wir hatten uns inzwischen vergewissert, dass die externen Strahlungswerte wieder auf normal heruntergegangen waren und dass das Schiff keine Schäden davongetragen hatte. Dennoch war es knapp gewesen. Den Gedanken, was geschehen wäre, wenn die MARQUIS DE LAPLACE in Mitleidenschaft gezogen worden wäre, ließ keiner in sich aufkommen. Wir waren auf Gedeih und Verderb auf dieses Schiff angewiesen. Wie eine Arche barg es in seinen Spanten aus Titanstahl alles, was wir zum Leben benötigten. Und um uns herum gab es buchstäblich nichts. In diesem Nichts aber hatte sich für Sekundenbruchteile ein Korridor geöffnet und eine Monstrosität aus reiner Energie ausgespien. Jetzt hatte sich dieser Schlund wieder geschlossen. Die Gleichförmigkeit des Vakuums war wiederhergestellt. Die Finsternis, die uns umflutete, war nur von pulsierender Röntgenstrahlung und polarisierten Gammawellen erfüllt. Es gab zwei oder drei Wasserstoffatome pro Kubikmeile, aber auf Billiarden Kilometer keine Massenansammlung, die schwerer gewesen wäre als hundert Wasserstoffatome, und auf Millionen Lichtjahre nichts, woran wir im Notfall hätten festmachen können. Wir trieben auf einem Meer, in dem es nicht Inseln noch Kontinente gab, dessen Wasser untrinkbar war und über dem sich ein luftleerer Himmel wölbte. Die Taube, die wir ausgesandt hatten, war vor unseren Augen vom Blitz zerrissen worden, der aus dem schwarzen Firmament geschleudert kam.

      »War die Sonde denn im Inneren der Milchstraße?«, erkundigte sich Laertes.

      Er rührte in seinem Jadetee und nickte der Ordonnanz freundlich und zerstreut zu, als sie ihm ein Schälchen Diamantzucker reichte.

      »Das wissen wir nicht«, gab Reynolds gereizt zurück. »Wie Sie vielleicht gesehen haben, ist sie vor unseren Augen zu Strahlung verglüht. Einige Milliarden Terawatt in hochionisierten Partikeln.«

      Er zündete sich eine Qat-Zigarette an und inhalierte den Rauch in einem tiefen Lungenzug. Ich überlegte, wann ich ihn das letzte Mal rauchen gesehen hatte.

      »Ihre Masse muss vollständig in Energie umgewandelt worden sein«, fiel Dr. Frankel ein. »Immerhin zwanzig Tonnen ...«

      Laertes ließ sich nicht irremachen. Er blies den hellgrünen Dampf von der Tasse, trank einen Schluck und fasste dann die beiden Wissenschaftler ins Auge.

      »Sie scheint sich doch auf dem Rückweg befunden zu haben ...«

      Reynolds schüttelte nur den Kopf und überließ es Frankel, darauf zu antworten.

      »Dieser Eindruck drängt sich einem auf«, sagte der Stellvertretende Leiter der Planetarischen Abteilung, »aber er könnte trügen. Der Warpkorridor könnte auch von einer Gravitationsanomalie gespiegelt worden sein.«

      »Immerhin«, СКАЧАТЬ