Von der Weisheit und vom Brauchtum unserer bäuerlichen Vorfahren. Dieter Kremp
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СКАЧАТЬ Im Herbst 1944 wurden auf dem Werschweiler Bahnhof 212 Zentner Kartoffeln abgeliefert. Im Krieg musste der „Schitz“ auch das Getreide nach dem Dreschen abwiegen, denn ein bestimmter Prozentsatz musste abgeliefert werden. Bei den Hausschlachtungen wog er das Fleisch. Pro Person war ein bestimmtes Kontingent für den eigenen Hausverbrauch erlaubt. Was darüber hinausging, musste abgeliefert werden. Und am frühen Morgen ging der „Schitz“ durchs Dorf und schellte lauthals aus: „Heute Mittag um zwei Uhr gibt es in der Wirtschaft Ulrich die Lebensmittel- und Kleiderkarten.“ Immer gab es für den „Schitz“ einen Trunk Wein dazu, wenn er im Dorf ausschellte, zum Beispiel sein Getreide gegen Hagel versichern zu lassen. Am Dorfende stand er dann oft auf wackeligen Füßen.

       Vom Großknecht und vom Kleinknecht auf dem Bauernhof

      Der Großknecht war die erste Kraft und der Vertreter des Herren auf dem Bauernhof. Wenn er „gedingt“ (gemietet) wurde, dann musste er ein gesetztes Alter haben. Er durfte nicht unter 25 Jahre alt sein, und musste länger schon als Klein- oder Mittelknecht auf Höfen gedient haben, bevor von ihm erwartet werden konnte, die ihm obliegenden Arbeiten zum Vorteil seiner Herrschaft auszuführen. Wer geistig oder körperlich etwas zurückgeblieben war, konnte natürlich den Platz als Großknecht nicht einnehmen, er musste seine arbeitsfähige Zeit als Kleinknecht dienen. Bei dem Großknecht war es sehr wichtig, dass er morgens pünktlich wach wurde. Nicht jeder hatte damals schon eine Weckuhr. Der Großknecht hatte nach dem Erwachen für Licht und Feuer zu sorgen. Dafür hatte er einen Zunder, einen Feuerstein, Stahl- und Schwefelsticke. Fing der Zunder durch Streifschläge auf dem Feuerstein, als aus einem Funken an zu glimmen, dann hielt man einen Schwefelsticken daran, und daraus bildete sich eine Flamme. Diese wurde an den in Rüböl getränkten Docht des anzusteckenden Lichtes gehalten, bis das Öl zum Sieden kam und sich zur Leuchtflamme entfaltete. Petroleum war damals noch sehr rar, es gab es erst so seit 1920. Hatte der Knecht nun licht, dann musste er für die Pferde das Futter auf der Lade, auch Zappelbock genannt, am ganz frühen Morgen schneiden. In dieser Zeit fütterte er auch die Pferde und weckte den Kleinknecht zum Putzen der Pferde und die Mägde zu ihrer Morgenarbeit.

      Beim Pflügen hatte der Großknecht sämtliche Ackerstücke zu furchen. Seine Aufgabe war es auch, das gesamte Korn auf die Furche breitwürfig auszusäen. Der Bauer selbst und sein Kleinknecht hatten mit Eggen zu tun. In der Ernte musste der Großknecht vorweg mähen und vor Sonnenuntergang mit der Sense schon einen Teil zu Boden gelegt haben. Im Winter wurden abwechselnd Mist, Erde und Holz gefahren. Es wurde aber die meiste Zeit mit dem Flegel gedroschen.

      Abends wenn die Frauen und Mägde spannen, der Kleinknecht die Pferde fütterte und das Kuhfutter schnitt, musste der Großknecht auf der Rolle Stricke aus Grobhede spinnen. Man benötigte sehr viele Stricke zum Anbinden der Kühe und Pferde, sowie für Stränge an Wagen-, Pflug- und Eggenschwengel.

      Der Knecht ging sogar an den langen Winterabenden mit Rolle und Hede ins Dorf. Zugleinen, Gartenstricke, Sackbänder, Garnstricke für die Egge, Kuhstricke sowie sämtliche Pflug- und Eggenschwengel wurden an den Sonntagnachmittagen gemacht. Das war eine Arbeit für drei Personen, gewöhnlich für den Bauern, den Groß- und den Kleinknecht. Mittagspause gab es nur während der Mähtage in der Ernte. Selbst an Feiertagen, außer der Zeit d es Gottesdienstes, wurde gearbeitet. In der Mittagspause während der Ernte tranken die Mägde ihren Ziggoriekaffee. Der Bauer trank in der Regel ein Malzbier.

      Meine Mutter war als Magd beim Bauer Nauhauser beschäftigt. Dort arbeitete in den letzten beiden Kriegsjahren eine polnische Magd, die von den Nazis deportiert worden war. Die Polin war eine sehr fleißige Magd. Meine Mutter sagte mir viele Jahre später, dass sie wohl merkte, was sich da hin und wieder in der Tenne abspielte. Bauer und Magd hatten eine Liebelei, damals durfte das natürlich bei Strafe nicht sein. Polinnen waren ja keine Arier. Und wie es dann der Zufall wollte: Kurz nach dem Krieg heirateten die beiden.

      Ganz früher wurde noch das Korn in der Winterzeit mit dem Flegel gedroschen, der Roggen mit Hilfe der Tagelöhner. Die Abend- oder Abarbeit des Kleinknechtes bestand darin, dass er die Schafe abfütterte und den Stall verschloss. Darauf musste er Stroh, Heu und Spreu für das Vieh für den nächsten Tag aus der Scheune hereinholen und auch ein paar Bunde Sommerstroh zum Abfüttern den Kühen vorgeben.

      Der Kleinknecht war wirklich der Sündenbock auf dem Hofe, denn nicht nur der Bauer, sondern auch der Großknecht hatte ihm zu befehlen. War aber mal was beim Fahren in Unordnung geraten oder passierte hier und da mal ein Malheur, so hatte der Junge Schuld, obwohl er in manchen Fällen unschuldig war.

       Vom Aberglauben im Ostertal

      Das sittliche Leben der Ostertäler war von jeher ein ziemlich gutes zu nennen, auch im 17.Jahrhundert. Weltliche Vergnügen, wie Tanzen, Kartenspiel, Kegeln waren durch Friedrich Ludwig strengstens verboten. Die Ostertäler wussten sich gemäß zu helfen, da ihnen in den benachbarten nassauischen Orten Werschweiler und Dörrenbach, wie in den kurpfälzischen Orten Frohnhofen und Altenkirchen die Tanz- und Kegelplätze offen standen. Dort waren solche Vergnügungen erlaubt.

      Die Schulbildung im Ostertal war bis zur Einführung des Schulzwanges (Anfang des 19. Jahrhunderts) sehr mangelhaft. Die wenigsten Gemeindeglieder genossen Unterricht. Besonders das „weibliche Geschlecht“ war fast durchweg ohne Kenntnis des Schreibens und Lesens.

      Noch in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde im Ostertaldorf Hoof „gebraucht“. Der Arzt wurde nur im äußersten Notfalle zu Rate gezogen, fast immer, wenn es zu spät und der Kranke nicht mehr zu retten war. Besonders häufig wurden kranke Kinder „gebraucht“, wenn sie im Winter unter fieberhaften Erkältungen litten.

      Auch unsere Ahnen in Hoof versuchten mit alten Hausmitteln, mit „Brauchen“ und anderen geheimnisvollen Zaubertränken die Krankheiten zu vertreiben.

      Fast in jedem Dorfe, so auch in Hoof und in Niederkirchen, gab es jemand, der das „Brauchen“ verstand. (Anmerkung: Ich selbst erinnere mich noch an meine frühe Kindheit in den Kriegsjahr en des Zweiten Weltkrieges in Steinbach bei Ottweiler, als noch das „Brauchen“ auch an mir ausgeübt wurde. Wenn ich Fieber hatte, Bauch- oder Kopfschmerzen, ging meine Mutter mit mir zu meiner Urgroßmutter. Sie legte ihre Hände auf meine Schläfe und sprach einige für mich unverständliche Worte. Und seltsam! Nach dem „Brauchen“ fühlte ich mich gesund.)

      Im Ostertal war es in den 1880er Jahren noch so, dass ein Mann das „Brauchen“ am Vieh und eine alte Frau das „Brauchen“ am Menschen ausübte. So wird auch in der Pfarrchronik in Niederkirchen berichtet, dass eine Marther Mutter mit ihren zwei Kindern nach Hoof ging, wo eine alte Frau in der „Aacht“ das „Brauchen“ pflegte. Nach einiger Zeit kam das heraus und der Pfarrer in Niederkirchen verhängte die Kirchenzensur an die Marther Frau.

      Auch von alten Hausmitteln wird berichtet. Hilfe vor „blöden Augen und Ohren“: „Nimm ein rein Blatt von Zinn oder Kupfer, beräuchere es, schreibe darauf mit Milch von einer Frau, so ein Knäblein geboren und den 7. Tag im Kindbette liegt, also. „Ein Ohr, dass da höret, ein Auge, dass da sehet, werden beide von Adonay gemacht.“ „Lasse es von sich selbst trocknen, dann wische es ab mit reinem Mandelöl, salbe damit die Augenlider oder lasse es in die sausenden Ohren tropfen, tue es sieben Tage, siebenmal am Tage und Du wirst Wunder erleben.“

      Für die Gelbsucht bei Menschen: „Nimm Holderwurzeln, die mittlere Rinde, schabe sie und siede sie und gib den Menschen alle zwei Stunden zwei oder drei Esslöffel voll und sechs Morgen und Abend hintereinander.“

      Um gestohlenes Gut wieder zu bringen: „Schreib auf 2 Zettelchen folgende Worte, lege das eine über die Tür und das andere unter die Türschwellen, da kommt der Dieb am dritten Tag und bringt den Diebstahl: „Abraham hat gebunden, Isaac hats erlöst, СКАЧАТЬ