Nacht über der Prärie. Liselotte Welskopf-Henrich
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Название: Nacht über der Prärie

Автор: Liselotte Welskopf-Henrich

Издательство: Автор

Жанр: Исторические приключения

Серия:

isbn: 9783938305607

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      »Wir haben keine Verwandten mehr auf unserer Reservation. Wir haben zwar einige, aber sie wollen von den Kings hier, von meinem Vater und mir, nichts mehr wissen. Zu ihnen brauchst du überhaupt nicht hinzugehen, und ich nenne dir auch die Namen nicht. Von meiner Mutter Seite her sollen noch Verwandte in Kanada leben. Sie sprach manchmal davon, aber gesehen haben wir sie nie. Vor neunzig Jahren sind einige hinaufgezogen, die nicht auf dieser Reservation hier leben wollten. Daher stammt auch mein Name … Inya-he-yukan, den meine Mutter mir gegeben hat. Es ist ein Häuptlingsname. Ich habe ihn erhalten, aber noch nicht verdient, und ich werde ihn mir kaum noch verdienen können.«

      »Es wird immer so sein, und es wird alles so sein, wie du es haben willst, mein Mann. Aber ich … ich verstehe nicht … und ich weiß nicht …«

      »Ich werde dir das erklären, Tashina. Du denkst, und das denken die meisten, Stonehorn ist ein guter Reiter, und er ist ein guter Lassowerfer, und er ist kräftig und schnell, er kann auch einen Stier an den Hörnern packen und niederzwingen. Er wird also einen Preis gewinnen, vielleicht nicht gleich den ersten und vielleicht nicht in allen Wettbewerben, zu denen er sich gemeldet hat. Aber er wird mit Ehren bestehen, zumindest mit guten Punkten. Er wird die Zeiten machen. Es ist nicht das erste Mal, dass er auf einem Rodeo reitet.«

      Queenie lehnte sich an Stonehorns Schulter, und er lächelte wieder das gute Lächeln, das sie in der Sturmnacht zum ersten Mal an ihm gesehen hatte.

      »Aber das Leben hat viele Seiten, Tashina, und in New City sind wir nicht in einem Gewächshaus, und es gibt dort keine Klimaanlage. Es wird heiß hergehen, sehr heiß – also in einer Art, die auch ein Joe King heiß nennt –, und ich weiß nicht, ob du mich nicht bald neben den Vater dort drüben legen musst, falls du meine Leiche überhaupt findest.«

      »Stonehorn! Ich begreife das noch immer nicht. Ich will es auch nicht begreifen.«

      »Das ist falsch, das ist air-conditioned, was du jetzt gesagt hast. Das ist Senior-Schülerin der Highschool, das ist nicht Tashina, und das ist nicht Prärie.«

      »Vielleicht hast du recht. Ich wollte meine Ohren schon verschließen. Aber ich werde sie offenhalten. Sprich.«

      »Du erinnerst dich an unsere erste Nacht …«

      »Ja …«

      »Ich bin damals fortgeritten, ohne dich mehr zu grüßen, weil ich einen zu verfolgen hatte. Er ist mir aber entkommen, und das war nicht gut. Er hat mich natürlich nicht angezeigt, weil er selbst zuviel auf dem Kerbholz hat und die Polizei scheut wie ein Huhn das Wasser. Er hat sich aber einer anderen Gang angeschlossen. Es ist eine kleine, exklusive Bande, so wie es auch die meine gewesen ist, abhängig natürlich von den großen Syndikaten, die einen ausnutzen. Vielleicht fünf oder sechs Mann, aber jeder soviel wie dreie wert – ich meine soviel wie drei qualifizierte Gangster. Er hasst mich, wie ein Totschläger hassen kann, und ich bin in den Augen dieser Leute schlechter als ein stinkendes Aas … ich bin ein Verräter, ich habe meine eigenen Brüder gekillt. Sie warten nur auf die Gelegenheit, mich abzuschaffen. Wenn das Bandengesetz verletzt ist, halten die Gangs zusammen, um es wieder zur Geltung zu bringen. Ich bin zum Tode verurteilt, nicht von Crazy Eagle und Co., sondern von Leuten, die ihre eigene Gerichtsbarkeit haben und ein Urteil selbst zu vollstrecken pflegen.«

      »Bleib hier, Stonehorn. Warum hast du das angenommen, nach New City zu gehen?«

      »Ich war schon ein paarmal dort. Das weißt du ja. Um den Wagen zu kaufen und den Hafer und so weiter. Ich muss informiert sein. Sonst ist alles verloren, ehe es überhaupt beginnt. Ich will mein Leben aber teuer verkaufen.«

      Queenie schauerte zusammen. Der Wind war kalt.

      »Ich habe auch noch Verbindungen, von denen die anderen nichts wissen. Aber alles in allem … wenn ich es nüchtern berechne … werden sie die Stärkeren sein.«

      »Gibt es so viele Gangster in New City?« fragte Queenie. »Soviel ist dort doch gar nicht zu holen.«

      Stonehorn lachte leise, aber hörbar. »Es ist wirklich nicht viel zu holen in dem Städtchen, außer ein wenig Rauschgift im Zwischenhandel. Aber durch die neue Industrie ist allerhand Volk dahin gezogen, und es ist mit seinen Slums eine Art Arbeitskräftereserve und Vorschule für Banditen geworden, die dann später zu lukrativeren Plätzen gehen. Manchmal sind die Anfänger nicht die Schlechtesten. Sie müssen erst etwas werden, und sie riskieren unbedachter. Sie geben sich auch noch mit verhältnismäßig kleinen Sachen ab. Natürlich sind in New City keine bedeutenden Gangs. Es kann aber sein, und es wird so sein, dass sich zum Rodeo auch Leute von außerhalb einfinden, und an mir wollen sie ein Exempel statuieren, was es bedeutet, abtrünnig zu werden. Ich will nicht lebend in ihre Hände fallen. Dann wäre ich noch lieber an den Marterpfahl meiner Vorfahren gegangen. Das war wenigstens ein zeremonielles Ereignis mit achtungsvollen Zuschauern, und der Nachruhm blieb. Wenn die aber anfangen zu arbeiten, von denen ich jetzt spreche, so bleiben höchstens ein paar Fleischklumpen übrig.«

      »Kannst du die Verbrecher nicht der Polizei melden?«

      »Liebes Kind! Bevor sie etwas getan haben? Und wenn es erst geschehen ist – nun, Tashina, ein Toter redet nicht mehr.«

      »Du darfst da nicht hingehen, Stonehorn.«

      »Hör mir auf mit solchen Sentimentalitäten. Das kann ich nicht vertragen. Ich habe mich hier mit dir zusammengesetzt, damit wir vernünftige Pläne schmieden, und nicht, damit wir Schwachheiten flüstern. Es kann also sein, dass du in ein oder zwei Tagen ohne mich auf der Welt stehst. Du weißt, ich habe es mir lange überlegt, ob ich zu diesem Rodeo gehen soll. Ich gehe auch nicht deswegen hin, weil Eivie mich dazu überredet hat. Stonehorn ist nicht der Mann, der sich beschwatzen lässt. Ich gehe hin, weil es einmal ausgetragen werden muss, und bei diesem Rodeo wird mehr los sein und mehr Aufsehen entstehen, und ich kann ihnen mehr zusetzen, als wenn ich irgendwann einmal allein in diesem New City auftauche, um Hafer zu kaufen oder Elk zu besuchen oder mich bei meiner Schwester sehen zu lassen. Da können sie mir auflauern und mich unter der Hand verschwinden lassen. Sie könnten auch auf die Reservation kommen. Ich warte jedenfalls nicht ab, was die anderen planen, sondern ich stelle mich. Ich stelle mich in einer Situation, die ich mir ausgesucht habe und die ich ausnützen werde bis zum letzten Atemzug.«

      »Ich heirate aber keinen anderen, Stonehorn. Nie.«

      »Du musst wissen, was du willst. Verdienen kannst du allein genug mit deiner Malerei – für dich und für das Kind. Aber ich dachte, du würdest hier auf der Reservation etwas ausrichten … auch für die anderen … damit sie ein Vorbild haben und wieder Mut bekommen. Deshalb musst du entweder die Ranch weiterbetreiben, und dazu brauchst du einen Mann, besonders im Winter, oder du musst dich einem Betrieb anschließen.«

      »Du hast mit der Ranch angefangen. Ich will, dass es damit weitergeht.«

      »Mit dem Wollen allein ist es nicht getan. Man muss es können. Du wirst ja sehen. Jedenfalls weißt du jetzt, worum es geht. Aber es gibt noch eine Neuigkeit, die du erfahren sollst.«

      »Hoffentlich eine bessere.« Queenie wunderte sich selbst, wie sachlich zu sprechen sie imstande war, weil Stonehorn es so wollte.

      »Eine spaßhafte jedenfalls. Harold Booth ist wieder da.«

      »Harold? Auf der Farm?«

      »Noch nicht. Ich habe ihn in New City gesehen.«

      »Ein Glück! Nun ist aller Verdacht aus der Welt geschafft.«

      »Ehe es mit mir aus sein wird, Tashina, wünsche ich СКАЧАТЬ