Название: Plattentektonik
Автор: Wolfgang Frisch
Издательство: Автор
Жанр: География
isbn: 9783534746354
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Vulkanismus in Gräben
Die magmatischen Gesteine, die sich in Grabenbruchsystemen bilden, sind typischerweise alkalisch, d. h., sie weisen einen Überschuss an Alkalien (Na2O, K2O) relativ zum Kieselsäuregehalt (SiO2) oder Tonerdegehalt (Al2O3) auf. Oft sagt man auch nur, dass sie an Kieselsäure (gegenüber Alkalien) untersättigt sind, was für die meisten, aber nicht für alle alkalischen Gesteine zutrifft. Alkalischer Charakter ist typisch für Magmen, die primär durch geringe Schmelzanteile im Erdmantel entstehen (siehe Kap. 6, 7). Teilweise treten in Grabenbruchsystemen aber auch tholeiit-basaltische Magmen auf, die auf größere Schmelzanteile im Mantel zurückgehen. Dies ist dann der Fall, wenn die Dehnung der Lithosphäre besonders groß ist oder Heiße Flecken ein Rift markieren und dadurch Aufstieg und Aufschmelzung der Mantelgesteine erhöht werden (Kap. 6). Vermutlich entstehen alkalische Basalte durch Teilschmelzung von weniger als 10 % im lithosphärischen Mantel [Wilson 1989]. Tholeiitische Basalte hingegen werden durch stärkere Aufschmelzung (meist über 15 %) aus der Asthenosphäre gewonnen, der auch die tholeiitischen Basalte der Mittelozeanischen Rücken entstammen (Kap. 5). Bei starker Dehnung der Lithosphäre, die mit verstärktem Aufstieg von Asthenosphärenmaterial und größeren Schmelzbildungen einhergeht, gewinnen daher die tholeiitischen Basalte immer mehr an Bedeutung. Die verschiedenen Basalte unterscheiden sich vor allem in ihrem Chemismus, worauf in Kapitel 5 näher eingegangen wird.
In einigen Grabenbrüchen (z. B. den ostafrikanischen Gräben oder dem Rio-Grande-Rift) nimmt die Alkalinität der Gesteinsschmelzen von der Grabenachse zu den Rändern hin zu. Dies deutet darauf hin, dass die Schmelzbildung unter der Grabenachse am stärksten ist. Andere Grabenbruchsysteme zeigen eine Abnahme der Alkalinität mit der Zeit (Kenia-Graben und der permische Oslo-Graben). Dies zeigt zunehmende Dehnung und Schmelzbildung während der Entwicklung des Grabenbruchsystems an. Im Ostafrikanischen Grabenbruchsystem beobachtet man zudem einen Umschlag von alkalischen Basalten in Kenia zu tholeiitischen Basalten in Äthiopien. Die Dehnungsrate nimmt hier von Süden nach Norden deutlich zu (siehe unten).
Abb. 3.5: Das europäische Grabenbruchsystem vom Rhônegraben über den Bresse- und Oberrheingraben bis in die Niederrheinische Bucht.
Der Vulkanismus von Grabenbrüchen ist häufig bimodal. Im nördlichen Rio-Grande-Rift treten tholeiitische Basalte (basisch, SiO2-Gehalt um 50 Gewichts-%) neben Rhyolithen (sauer, SiO2-Gehalt um 70 %) auf. Intermediäre Gesteine mit zwischenliegenden SiO2-Gehalten fehlen hingegen, was nicht mit einfacher Differentiation (Veränderung vor allem durch Ausscheiden früher Kristalle und Abpressen der Restschmelze) aus einem basaltischen Stamm-Magma erklärbar ist. Im Ostafrikanischen Rift herrschen Alkalibasalte (SiO2-Gehalte unter 50 %) sowie Phonolithe (um 55 % SiO2, aber sehr hohe Gehalte an Alkalien: Na2O und K2O zusammen ca. 12 – 14 %) und Trachyte (um 65 % SiO2, Alkalien ca. 10 – 12 %) vor. Die Phonolithe entstehen durch Differentiation aus Alkalibasalten, die an Kieselsäure deutlich untersättigt sind, Trachyte hingegen aus weniger stark untersättigten Alkalibasalten. In Rifts treten auch Karbonatite auf. Das sind magmatische Karbonatgesteine, die aus Calcit oder Dolomit zusammengesetzt sind, aus dem Erdmantel stammen und extrem niedrige Kieselsäuregehalte von wenigen Prozent aufweisen.
Die Bildung der Basaltmagmen erfolgt im Mantel, während die sauren Magmen krustaler Herkunft oder von der Kruste stark beeinflusste Mantelschmelzen sind. Je höher die magmatische Aktivität ist, desto mehr saure Magmen treten auf, die Verteilung wird bimodal. Dies zeigt die Bedeutung von Krustenschmelzen, die durch das Eindringen der viel heißeren Mantelschmelzen erzeugt werden. Grabenbrüche mit geringer Magmaproduktion weisen wenig Dehnung auf, sind durch unterbrochene vulkanische Tätigkeit gekennzeichnet und produzieren oft stark Kieselsäure-untersättigte alkalische Basalte und intermediäre, aber wenig saure Gesteine.
Der Oberrheingraben – klassisches Beispiel vor der Haustüre
Der Oberrheingraben ist zwar nicht einer der größten und schon gar nicht einer der aktivsten Grabenbrüche, doch er ist zusammen mit dem Ostafrikanischen Grabenbruchsystem eine Art Typlokalität für Gräben. Nachdem schon thüringische Bergleute den Begriff „Graben“ für Schollen verwendeten, die an Störungen abgesenkt wurden, führte ihn Johann Ludwig Jordan [1803] in die geologische Literatur ein. Bereits 1841 stellte Élie de Beaumont fest, dass Vogesen und Schwarzwald eine breite Aufwölbung bilden, in deren Zentrum die Oberrhein-Ebene an zwei gegeneinander einfallenden Störungen eingesenkt ist. Endgültigen Eingang in die Fachliteratur und weltweite Anwendung fand der Begriff „Graben“ mit dem Standardwerk „Das Antlitz der Erde“ von Eduard Suess [1885 – 1909]. Seither wurde dieser deutsche Ausdruck auch in die internationale Fachsprache übernommen. Er ist ein definierter Fachausdruck für die lang gestreckten Dehnungszonen in der Erdkruste und darf daher keinesfalls für die Tiefseerinnen an destruktiven Plattengrenzen verwendet werden. Der veraltete Begriff „Tiefseegraben“ entstammt einer Zeit, zu der man die wahre Entstehung und Bedeutung der Tiefseerinnen nicht kannte (s. Kap. 7).
Der Oberrheingraben erstreckt sich von Basel bis Frankfurt über 300 km und stellt nur einen Abschnitt in einem größeren Bruchsystem dar, das von der Rhônemündung bis in die Nordsee zieht (Abb. 3.5). Er weist parallel verlaufende Randstörungen und eine ziemlich konstante Breite von etwa 36 km auf. Die begrenzenden Störungen fallen nahe der Oberfläche zwischen 55 und 85°, meist aber zwischen 60 und 65° zur Grabenmitte hin ein, gegen die Tiefe werden sie meist etwas flacher. Die Dehnung quer zum Graben beträgt knapp 5 km [Illies 1974]. Die Krustenausdünnung beträgt maximal etwa 6 – 7 km: Um den Kaiserstuhl im Südteil des Grabens ist die Krustendicke bis auf 24 km verringert (Abb. 3.6, 3.7). Der Graben befindet sich in der Achse einer längs gestreckten Aufwölbung, die ihren Ausdruck in den Grabenschultern findet. Die Grabenschultern neigen sich mit 2 – 4° vom Graben weg, fallen aber zum Graben hin infolge der abschiebenden Grabenrandstörungen wesentlich steiler ab. Die Grabenränder sind durch Bruchstaffeln geprägt, so dass eine Grabenrandzone entstand, in der über dem metamorphen Sockel noch Reste der ursprünglichen Sedimentauflage erhalten sind, die auf den Grabenschultern gänzlich der Erosion zum Opfer gefallen ist (Abb. 3.6).
Abb. 3.6: Blockbild des Oberrheingrabens. Im Bereich des Kaiserstuhls, eines miozänen Vulkans, ist die Kruste am dünnsten. Während die obere Kruste durch abschiebende Brüche gekennzeichnet ist, wird die tiefere Kruste duktil (durch plastische, bruchlose Verformung) gedehnt.