Название: Plattentektonik
Автор: Wolfgang Frisch
Издательство: Автор
Жанр: География
isbn: 9783534746354
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Trägt man alle seismischen Daten eines Bebens, die rund um die Erde registriert werden, in ein Diagramm ein, kann man die Quadranten und die beiden trennenden Ebenen in ihrer Raumlage bestimmen. Eine dieser Ebenen ist die Bebenfläche (Abb. 2.14), die Hilfsfläche hat in der Natur keine Bedeutung. Welche der beiden die Bebenfläche ist, kann man vorerst nicht entscheiden. Dies kann aber oft aus den geologischen Beobachtungen geklärt werden, weil die Bruchfläche in ihrer ungefähren Lage bekannt ist. Zum anderen gibt die jedem großen Beben folgende Nachbebentätigkeit bei sorgfältiger Auswertung die Möglichkeit, die Fläche zu identifizieren, weil sich die Herde verlagern. Ist die Bebenfläche bekannt, dann ergibt sich auch ihr Bewegungssinn (Abb. 2.15). Die Bewegungsrichtung in der Bebenfläche verläuft senkrecht zur Hilfsfläche. Ein ähnliches Verfahren kann auch mit den Sekundärwellen durchgeführt werden. Mit dieser Methode, die Herdflächenlösung genannt wird, sind die Lage der Bebenfläche und die Bewegungsrichtung mit großer Genauigkeit bestimmbar. Herdflächenlösungen erlauben die genaue Rekonstruktion von Plattengrenzen und deren Bewegungsmustern (Abb. 2.16). Die Auswertung von Erdbeben-Einsätzen in der Frühzeit der Plattentektonik hat das Konzept der drei Arten von Plattengrenzen überzeugend bestätigt [Sykes 1967].
Abb. 2.14: Prinzip der Herdflächenlösung eines Erdbebenherdes. Die Bebenfläche steht senkrecht zur Papierebene. Die Bebenfläche und eine senkrecht dazu gedachte Hilfsfläche definieren vier Quadranten. Die Einsätze der in der Fortpflanzungsrichtung schwingenden Primärwellen, deren Schwingungen sich in vertikalen Bodenbewegungen ausdrücken, lassen auf den Bewegungssinn der an der Bebenfläche versetzten Gesteinsschollen schließen. Die Seismogramme unterscheiden je zwei Quadranten mit kompressivem und dilatativem Einsatz.
Abb. 2.15: Zweideutigkeit der Herdflächenlösungen am Beispiel eines Überschiebungsbebens. Darstellung in einem schematischen Vertikalschnitt.
Abb. 2.16: Beispiele für Herdflächenlösungen aktueller Erdbeben an den drei unterschiedlichen Arten von Plattengrenzen. Dargestellt sind die Quadranten der Einsätze der Erdbebenwellen in stereographischer Projektion (untere Kugelhälfte) für ein Beben an einer Subduktionszone (a: Peru), an einem Mittelozeanischen Rücken (b: Atlantik) und an einer Transformstörung (c: Nordanatolische Störung). Schwarz: Quadranten mit kompressivem Einsatz. Die Erdbebendaten stammen aus dem Internet-Katalog des National Earthquake Information Center (US Geological Survey).
Abb. 2.17: Verlauf der Plattengrenze zwischen der Eurasischen und der Nordamerikanischen Teilplatte durch den Arktischen Ozean. Beide Teilplatten bilden zusammen die Laurasische Platte, die zwar vom Atlantik her aufreißt, aber dennoch den gesamten arktischen Raum als eine Einheit umfasst.
Abb. 2.18: Schematischer West-Ost-Schnitt durch den Oberen Mantel (dieser reicht bis in 660 km Tiefe) zwischen Pazifischem und Indischem Ozean [Anderson & Dziewonski 1984]. Heiße Anomalien (rot) zeigen aufsteigende Mantelströme an und äußern sich an der Erdoberfläche in Mittelozeanischen Rücken. Kühle, absteigende Mantelströme (blau) sind durch hohe Geschwindigkeiten seismischer Wellen gekennzeichnet.
Afrika: Ein weiteres Problem wurde vielfach in der Afrikanischen Platte gesehen. Diese Platte ist an drei Seiten, im Westen, Süden und Osten von Mittelozeanischen Rücken umgeben (Abb. 1.5), die Platte wächst also an diesen drei Seiten seit längerer Zeit. Wenn man die Mittelozeanischen Rücken als ortsfest betrachtet, weil sie von aufsteigenden Strömen im Erdmantel gespeist werden, dann ergibt sich natürlich ein Raumproblem. In den Anfängen der Plattentektonik ging man tatsächlich von senkrecht aufsteigenden Konvektionsästen aus, die unter den Rücken ortsfest sind. Inzwischen weiß man, dass die Konvektionsströme im Mantel äußerst kompliziert verlaufen und die heißen aufsteigenden und kühlen absteigenden Strömungs äste oft schräg oder gewunden sind. Dies wurde durch die Technik der seismischen Tomographie möglich (siehe Exkurs). Es ist sogar denkbar, dass Mittelozeanische Rücken von horizontalen Strömen gespeist werden, die entlang einer Schwächezone Magma nach oben abgeben. Die Situation rund um die Afrikanische Platte besagt also nur, dass die Mittelozeanischen Rücken nicht alle durch Konvektionsströme gespeist werden können, die unter ihnen vertikal aufsteigen. Es ist klar, dass der Mittelatlantische und der nordwestliche Indisch-Australische (oder Indische) Rücken voneinander weg wandern. Die GPS-Daten (Abb. 2.13) legen nahe, dass sich der Mittelatlantische Rücken sehr langsam ostwärts verlagert, da die ostgerichtete Komponente der Afrikanischen Platte etwas größer ist als die westgerichtete der Südamerikanischen. Daraus folgt, dass der Indische Rücken schneller nach Osten wandern muss, und zwar mit einigen Zentimetern pro Jahr. Die seismische Tomographie bestätigt dies: Unter dem Mittelatlantischen Rücken steigt eine heiße Zone im Oberen Mantel steil ostwärts geneigt auf, unter dem Indischen Rücken ist ebenfalls eine ostwärts aufsteigende heiße Zone nachgewiesen, deren Neigung allerdings viel stärker ist (Abb. 2.18). Im Übrigen hat sich Afrika über längere Zeiträume der jüngeren Erdgeschichte in seiner Lage nur wenig verändert.
Seismische Tomographie
Die Methode der seismischen Tomographie beruht darauf, dass mit Hilfe einer großen Anzahl von seismischen Wellen im dreidimensionalen Raum des Erdmantels festgestellt wird, ob eine bestimmte Zone des Mantels etwas heißer oder etwas kühler ist als ihre Umgebung [Anderson & Dziewonski 1984]. Dabei werden jeweils Laufzeiten von Wellen verglichen, die zwar unterschiedliche Wege zurücklegen, aber alle einen räumlich eng umgrenzten Bereich im Mantel durchlaufen. Durch Vergleich der Laufzeiten kann geschlossen werden, ob die Wellen in dem betrachteten Bereich die erwartete Geschwindigkeit aufweisen oder beschleunigt oder verzögert werden. Ist das Gestein heißer, dann werden die seismischen Wellen, deren Geschwindigkeiten in Kilometern pro Sekunde gemessen werden, verzögert, ist es kühler, werden sie beschleunigt (Abb. 2.19). Es können dabei unterschiedliche Wellentypen herangezogen werden.
Die Unterschiede in den Geschwindigkeiten variieren, je nach Wellentyp, um einige zehntel bis zu maximal drei Prozent. Kühlere Mantelregionen können mit absteigenden Strömen korreliert werden, heißere mit aufsteigenden. Auf diese Weise erhält man ein dreidimensionales Bild des Strömungsmusters des Erdmantels. Die Untersuchungen zeigen, dass dieses Strömungsmuster äußerst kompliziert ist (Abb. 2.20). Allerdings lassen sich dort, wo lang anhaltende Subduktion ge herrscht hat (unter Amerika, dem Alpen-Himalaya-Gürtel und dem westlichen Pazifik), kalte, schräg abtauchende Bereiche bis in die Tiefen des Unteren Mantels (Abb. 2.21) und sogar bis an die Kern Mantel-Grenze verfolgen (Abb. СКАЧАТЬ