Название: Plattentektonik
Автор: Wolfgang Frisch
Издательство: Автор
Жанр: География
isbn: 9783534746354
isbn:
Eine andere Plattengeometrie entsteht, wenn Platte B unter Platte A subduziert wird (Abb. 2.9c). P″ wird unmittelbar nach seiner Bildung unter Platte A subduziert. Da sich Platte A gegenüber dem Tripelpunkt nach SO verschiebt, richtet sich die Plattengrenze A/B nach SO aus, wodurch die Plattengrenzen A/C und A/B einen gestreckten Verlauf (NWSO) annehmen. Auch hier erfolgt die Subduktion nicht senkrecht zur Plattengrenze. Diese Situation ist vor der nordamerikanischen Westküste gleich zweimal verwirklicht (Abb. 2.10). Im Golf von Kalifornien treffen der Ostpazifische Rücken (R), die Mittelamerikanische Subduktionszone (T) und ein Äquivalent der San-Andreas-Störung (F) in einem im Detail komplizierten Tripelpunktbereich zusammen. Weiter im Norden, vor der kanadischen Pazifikküste, wiederholt sich diese Situation unter Beteiligung der Nordamerikanischen, der Pazifischen und der fast vollständig subduzierten Juan-de-Fuca-Platte.
Abb. 2.10: Plattentektonische Situation an der Westküste Nordamerikas mit zwei RTF-Tripelpunkten. Beide Tripelpunkt-Situationen entsprechen jener in Abbildung 2.9c. Bewegungsgeschwindigkeiten in cm/Jahr.
Die Rotationspole dreier sich in einem Tripelpunkt treffender Plattenpaare stehen ebenfalls in geometrischer Beziehung zueinander. Sind die Lagen und Winkelgeschwindigkeiten zweier Rotationsachsen bekannt, kann man Lage und Winkelgeschwindigkeit der dritten Achse mit Hilfe einer Vektorgleichung berechnen. Die Winkelgeschwindigkeiten ω der drei Plattenpaare stehen in folgender Beziehung:
AωB + BωC + CωA = 0.
Die Rotationspole für alle drei Plattenpaare liegen auf einem gemeinsamen Großkreis (Abb. 2.11).
Abb. 2.11: Geometrische Beziehung dreier Platten um einen Tripelpunkt [Dewey 1972]. Die gemeinsamen Rotationspole der drei Plattenpaare liegen auf einem Großkreis (weiße Linie).
Relative Plattengeschwindigkeiten – früher und heute
Die wichtigsten Methoden, relative Plattengeschwindigkeiten in der geologischen Vergangenheit zu berechnen und auf den Jetztzustand zu extrapolieren, benutzen die magnetischen Streifenmuster zu beiden Seiten der Mittelozeanischen Rücken bzw. die Vulkanketten, die über Heißen Flecken auf der darüber hinweggleitenden Platte gebildet wurden (Kap. 1). An den Streifenmustern kann abgelesen werden, wie breit der Streifen ozeanischer Kruste ist, der in einem bestimmten Zeitabschnitt gebildet wurde (Abb. 2.12). Daraus kann für diesen Zeitabschnitt die durchschnittliche Ausbreitungsrate des Ozeanbodens errechnet werden. Voraussetzung ist, dass man die Alter der magnetischen Streifen bzw. ihre Zeitdauer kennt (Abb. 1.6). Diese Alterswerte erhält man einerseits durch Vergleich der magnetischen Streifen mit der datierten magnetischen Zeitskala, andererseits durch die Bestimmung der Fossilreste von Mikro-Organismen in den unmittelbar dem Ozeanboden aufliegenden Sedimenten. Gleich alte Streifen werden in Richtung zum gemeinsamen Rotationspol der beiden Platten, die am Mittelozeanischen Rücken aneinander grenzen, schmäler (Abb. 2.12). Dies reflektiert die oben dargelegte Beziehung zwischen der Geschwindigkeit der Plattenbewegung und dem Abstand zum gemeinsamen Rotationspol zweier Platten.
Das Alter der über Heißen Flecken gebildeten Vulkane kann mit verschiedenen Datierungsmethoden bestimmt werden. Aus der Altersdifferenz und dem Abstand zwischen einem bestimmten Vulkan und dem heute aktiven Heißen Fleck oder zwischen zwei verschiedenen Vulkanen in der Kette kann die durchschnittliche Driftgeschwindigkeit der Platte für das entsprechende Zeitintervall errechnet werden. So liegt zum Beispiel der auffallende Knick in der Vulkankette, die vom Heißen Fleck von Hawaii gebildet wurde (Abb. 6.8), 3300 km von Hawaii entfernt. Die Altersdifferenz der Vulkane am Knick und auf Hawaii beträgt 42 M. J. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Bewegung der Pazifischen Platte gegenüber dem Heißen Fleck von 7,7 cm/Jahr.
Abb. 2.12: Altersstruktur der ozeanischen Kruste in den drei großen Ozeanen. Die älteste ozeanische Kruste ist jurassischen Alters und befindet sich im NWPazifik (ca. 185 M. J.) und nahe der Ränder des zentralen Atlantiks (ca. 160 M. J.). Kleine Fragmente noch älterer ozeanischer Kruste liegen als eingefangene Blöcke umgeben von kontinentaler Kruste im Mittelmeerraum vor.
Die für den jüngsten Zeitabschnitt errechneten Geschwindigkeiten kann man auf den Jetztzustand extrapolieren. Mit dem Modell NUVEL (Northwestern University VELocity model, erstellt von der Northwestern University in Evanston, Illinois) wurden Mittelwerte der Plattenbewegungen für die letzten 3 Millionen Jahre errechnet und als beste Werte für die heutigen Plattenbewegungen angenommen. Wie sich inzwischen herausstellte, erbrachte die Methode in den meisten Fällen sehr gute Ergebnisse. Für den Atlantik, jenen der drei großen Ozeane, der die geringste Krustenproduktion aufweist, wurden Ausbreitungsraten – jeweils beide Flanken des Rückens zusammengenommen – von knapp 2 cm/J. südlich von Island und von maximal 4,5 cm/J. im Südatlantik errechnet [LePichon 1968, DeMets et al. 1990]. Am Ostpazifischen Rücken werden Geschwindigkeiten von bis zu 15 cm/J. erreicht (Abb. 1.2). Es sind dies die höchsten aktuellen Bewegungsraten zwischen zwei Platten. Im Indik beträgt die Ausbreitungsgeschwindigkeit bis zu 7,5 cm/J. Geschwindigkeiten entlang von Subduktionszonen und Transformstörungen wurden aus dem von den Spreizungsachsen und Heißen Flecken abgeleiteten Bewegungsmuster errechnet. Die Werte für Subduktion erreichen im westlichen Pazifik bis zu 9 cm/J. Die Bewegung entlang der San-Andreas-Transformstörung beträgt fast 6 cm/J.
Direkte Messung von Plattenbewegungen
Seit den 1970er-Jahren versuchte man, Plattenbewegungen mit Satelliten-Laser-Radar (SLR) und mit Langstrecken-Interferometrie (Very Long Baseline Interferometry – VLBI) direkt zu messen. Beim SLR werden Radarpulse ausgesandt, die von Satelliten reflektiert und wieder aufgefangen werden. Abstände können auf diese Weise mit Zentimeter-Genauigkeit gemessen werden. Bei der VLBI verwendet man starke kosmische Radiostrahlung wie die charakteristischen Signalmuster von Quasaren (sehr weit entfernten Himmelskörpern, die „quasistellare Radioquellen“ darstellen – daher der Kurzname Quasar), die an verschiedenen Stationen der Erde aufgefangen werden. Aus den unterschiedlichen Ankunftszeiten СКАЧАТЬ