Название: Der Kessel der Götter
Автор: Jan Fries
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783944180328
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Es bleibt ungewiss, womit die Adligen von Ha D den Reichtum verdienten, den sie für Luxusgüter aus dem sonnigen Süden ausgaben. In dieser Phase werden Begräbnisse extrem teuer, und jede Generation „verschwendete” wertvolle Güter, indem sie sie in Hügeln begrub. Es ist sicher eine interessante Frage, ob die Adligen von Ha D ihre Untertanen ausbeuteten, bis die soziale Stabilität bedroht war. Noch nie zuvor in der keltischen Welt gab es einen so starken Kontrast zwischen reich und arm. Dies gilt allerdings nicht für alle Teile der so genannten „keltischen Welt”. Neuere Forschungen in Hallstatt belegen, dass der Salzbergbau, sowie der Handel mit Pökelfleisch soviel Reichtum erbrachte, dass sogar einfache Bergleute mit Schmuckgegenständen und gelegentlich mit (bescheidenen) Bronzeartikeln beigesetzt wurden. Was vielleicht ein kleiner Trost war für ein gefährliches und ungesundes Handwerk, das oft genug zu körperlicher Deformation führte. Bei Männern litten vor allem Schlüsselbeine und Oberarme durch die tägliche Nutzung des Pickels, während Frauen von früh bis spät das gewonnene Salz schleppten und dabei Unterarme und Hände zu Schaden kamen. Nichtsdestotrotz war die Arbeit gut bezahlt und prestigeträchtig. Die Bergleute wurden gut gekleidet und mit vielen Beigaben beerdigt.
Andererseits wurde eine Anzahl neuer Technologien entwickelt. Die Töpfer von Ha D benutzten eine Drehscheibe, und die Holzverarbeiter erlernten die Kunst, hölzerne Kelche und Schüsseln zu drechseln. Die Ha D-Gräber bieten die reichsten Schätze der keltischen Geschichte.
Ein typisches Element dieser Zeit ist das sogenannte Fürstengrab. Dieser Name ist keine sonderlich geglückte Wahl, da damit die Existenz eines mittelalterlichen Feudalsystems in eine Zeit hinein projiziert wird, über die wir kaum etwas wissen. „Fürstengräber” sind eine archäologische Kategorie; sie werden durch ihre Nähe zu einer großen Siedlung, einen gewissen Umfang an Reichtümern, Gold und mediterranen Import definiert. Derartige Definitionen sind aber irreführend, weil sie nur dauerhafte Grabbeigaben in Betracht ziehen. Nehmen wir beispielsweise mal die Gräber von Pazyryk im Altaigebirge in Sibirien zum Vergleich. Diese Gräber enthalten verblüffende Reichtümer – feine Textilien, Teppiche, Seide, Musikinstrumente, Pferdegeschirre, einen vierrädrigen Wagen – alles hervorragend erhalten, da der Boden nach dem Begräbnis eingefroren ist. Die gleichen Gräber hätten, hätte es sie in Mitteleuropa gegeben, nur eine metallene Pferdetrense und Tongeschirre enthalten, da alles andere verrottet wäre. Archäologen hätten diese Kultur wohl als sehr arm eingestuft.
Ähnliche Probleme gibt es bei keltischen Ausgrabungen. In den meisten Gräbern können Horn, Leder, Holz und Textilien nur nachgewiesen werden, wenn sie so nah bei Bronzegegenständen lagen, dass die Toxine die organischen Materialien konserviert haben. In manchen Fällen kann das zu interessanten Fehlern führen. Ein keltisches Gräberfeld bei Mühlacker wies zwei Gräberarten auf, eine von ihnen mit einigem Reichtum ausgestattet, die andere eher ärmlich. Als Konsequenz nahmen die ersten Archäologen an, es habe sich hier um eine Zwei-Klassen-Gesellschaft mit unterschiedlichen Begräbnisriten gehandelt. Heute weiß man, dass es sich bei den beiden „Klassen” auf dem Mühlacker-Friedhof ganz einfach um Männer und Frauen gehandelt hat, wobei die Frauen, die mehr Schätze bei sich hatten, die „Oberschicht” bildeten. In den „Fürstengräbern” von Ha D ist es umgekehrt. Die Mehrzahl der Bestatteten ist männlich, und das gilt nicht nur für zentrale Gräber, sondern auch für zahllose Menschen, die später begraben wurden. Ein „Fürstengrab” war in der Regel eine größere Angelegenheit. Es gibt nicht allzuviele von ihnen, und die meisten wurden zum einen oder anderen Zeitpunkt geplündert. In den meisten Fällen handelt es sich um riesige Hügel mit einer Zentralkammer aus Eichenholz, umgeben von Steinwänden. Gelegentlich waren diese Grabkammern üppig mit Textilien ausgekleidet. Die Grabbeigaben sind eindrucksvoll und gehen weit über den Bedarf der verstorbenen Person hinaus.
Hier bekommen wir einen Einblick in die Vorstellungen des Ha-D-Adels vom Leben nach dem Tod. Für gewöhnlich wurde der Verstorbene reich gekleidet und mit allen möglichen Statussymbolen versehen. Gold rangiert hier an erster Stelle. Da die meisten Kelten keinen direkten Zugang zu Gold hatten, mussten sie es importieren. Goldene Schüsseln waren ein besonders populärer Erwerbsartikel, da man sie in Streifen schneiden und diese jeweils zu goldenen Halsreifen (Torques) verarbeiten konnte. Viele Adlige trugen im Grab Torques; ob sie sie auch im täglichen Leben trugen, ist eine andere Frage, da viele dieser Goldgegenstände zu fragil waren, um einen täglichen Gebrauch zu überstehen.
Anthropomorphe Figuren (Götter?) der westlichen Hallstattkultur
Oben links: Stele von Ebrach, Bayern, Höhe 1,03 m. Trägt die Figur eine Kapuze oder eine Totenmaske?
Oben rechts: Stele von Breuberg, Hessen, Höhe des Fragments 0,45 m. Eine weitere Totenmaske?
Mitte: Quarzfelsplatte, auf der eine Gestalt und eine Axt zu sehen sind, Sietschen, Graubünden, Höhe 1,8 m.
Unten links: Statue von Hirschlanden, Baden-Württemberg, Höhe 1,5 m. Der Krieger trägt ein Schwert und etwas, was möglicherweise ein Hut aus Birkenrinde ist. Der grobe Penis könnte später hinzugefügt worden sein.
Unten Mitte: Stele von Tübingen-Kilchberg, Fragment, Baden-Württemberg, oben auf einem Grabhügel stehend gefunden.
Unten rechts: Statue von Holzgerlingen, Baden-Württemberg, Höhe inklusive „Hörner“ 2,3 m, hier mit Hörnern abgebildet. Die Statue ist janusköpfig, d. h. ein Gesicht und ein Arm zeigen jeweils nach vorne bzw. nach hinten.
Der Fürst von Hochdorf beispielsweise trug nicht nur einen goldenen Torque, sondern auch Schuhe mit goldenen Auflagen und Ornamenten. So ein Schuh wäre nach zwei Schritten auseinandergefallen, und die goldenen Fibeln (Sicherheitsnadeln) hätten seinen Mantel nicht zusammenhalten können. Es handelte sich um einen Triumph der Goldschmiedekunst: Goldene Zierfolie, die nur einen Zehntelmillimeter dick war! In Hochdorf errichteten die Goldschmiede ihre Werkstätten in unmittelbarer Nähe der Grabhügel und stellten Objekte speziell für die Toten her. Selbst solche Gegenstände wie ein Ritualdolch wurden in papierdünne Goldfolie gewickelt, und nachdem die Arbeit getan war, wurde die Werkstatt niedergebrannt.
Dank solcher Bräuche wissen wir, dass man davon ausging, dass die Toten ein Nachleben hatten, in dem sie repräsentieren mussten. Der Tote sollte noch goldener, glorreicher und strahlender als zu Lebzeiten erscheinen. Ein weiterer Gegenstand im Hochdorfgrab ist ein massiver Kessel griechischen Ursprungs, der etwa 300 Liter Honigmet enthielt, neun Trinkhörner (eins aus Eisen, acht von Aurochsen) und neun Bronzeplatten. Trinkgefässe gehören zur regulären Ausstattung von Fürstengräbern; ebenso große Mengen an Nahrung. Schweine oder Teile davon waren so beliebt als Grabbeigaben, dass später in der inselkeltischen Literatur (s. „Das Mabinogion”, vierter Zweig) Schweine mit der Anderswelt in Verbindung gebracht wurden. Der Umfang an Geschirr für ein Festmahl geht weit über den persönlichen Bedarf hinaus und lässt vermuten, dass im Reich der Toten wichtige gesellschaftliche Anlässe und hemmungslose Besäufnisse an der Tagesordnung waren. Auch fischen und jagen konnte man in der Anderswelt, der Fürst von Hochdorf hatte Utensilien für beides bei sich.
Das Hochdorfgrab ist insofern eine Ausnahme, als dass es nie geplündert wurde. In den meisten anderen großen keltischen Grabhügeln waren die Zentralkammern schwer versehrt. Was bleibt, sind die zahllosen Gräber in den Seitenteilen der Hügel. Es ist möglich, dass ganze Dynastien in diese Hügel wanderten. Ein Hügel, СКАЧАТЬ