Der schöne Sommer. Cesare Pavese
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Название: Der schöne Sommer

Автор: Cesare Pavese

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: EDITION BLAU

isbn: 9783858699046

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СКАЧАТЬ befriedigt«, sagte Ginia.

      »Also bitte! Würdest du dir ein Kleid schneidern, um es dann nicht zu tragen? Am schlauesten macht es Rodrigues, er behauptet, er sei Maler, aber niemand hat ihn je mit einem Pinsel in der Hand gesehen.«

      An genau diesem Tag saß Rodrigues im Café und zeichnete ganz konzentriert auf einen Block. »Was machen Sie da?«, fragte Amelia und nahm ihm das Blatt weg. Auch Ginia betrachtete es neugierig, aber sie sahen nur ein Gewirr von Linien, die den Bronchien eines Menschen ähnelten. »Was ist das? Ein Kopfsalat?«, fragte Amelia. Rodrigues antwortete weder Ja noch Nein, und darauf blätterten sie den Skizzenblock durch, der viele Zeichnungen enthielt: Einige glichen Pflanzenskeletten, und manchmal waren es Gesichter, aber ohne Augen, mit schwarz schraffierten Flecken; bei manchen begriff man nicht, ob es Gesichter oder Landschaften waren. »So sehen die Sachen nachts bei Gaslicht aus«, sagte Amelia. Rodrigues lachte spöttisch, aber Ginia ärgerte sich nicht, er tat ihr eher leid.

      »Da ist nichts Schönes dabei«, sagte Amelia, »wenn Sie mich so porträtieren würden, würde ich Sie nicht mehr grüßen.«

      Rodrigues sah sie wortlos an.

      »Ein schönes Modell ist zu schade für Sie«, fuhr Amelia fort. »Wo finden Sie Ihre Modelle? Auf dem Klo?«

      »Ich brauche keine Modelle«, sagte Rodrigues. »Ich achte das Papier.«

      Darauf sagte Ginia ihm, sie wolle Guidos Bilder noch einmal sehen. Rodrigues steckte den Skizzenblock in die Tasche und sagte: »Zu Ihren Diensten.«

      Schließlich gingen sie alle beide hin, am folgenden Sonntag, und Ginia schwänzte einen Teil der Messe, um rechtzeitig zu kommen. Sie hatten verabredet, sich am Haustor zu treffen, aber es war niemand da, und Ginia stieg allein hinauf. Erneut stand sie unsicher vor den vier Türen im Flur, konnte sich nicht entscheiden und ging die Treppe bis zur Hälfte wieder hinunter. Doch dann fand sie sich albern, kehrte um und lauschte an der letzten Tür. Da trat aus einer anderen eine ungekämmte Frau im Morgenrock, die einen Eimer trug. Ginia richtete sich gerade noch rechtzeitig auf und fragte sie, wo der Maler wohne. Die Frau würdigte sie keines Blickes und erwiderte nichts und verschwand über den Flur. Ginia, rot und zitternd, hielt den Atem an, bis alles still war, dann rannte sie die Treppe hinunter.

      Ab und zu betrat jemand das Haus oder kam heraus und betrachtete sie im Vorübergehen. Ginia begann, verzweifelt auf und ab zu laufen, vor allem auch, weil auf der Straßenseite gegenüber ein Metzgergeselle am Türrahmen lehnte und sie hämisch anstarrte. Sie überlegte, ob sie die Portiersfrau fragen sollte, wo das Atelier war, doch nun konnte sie ebenso gut auf Amelia warten. Es war beinahe Mittag.

      Am schlimmsten war, dass sie für diesen Nachmittag keine Verabredung mit Amelia hatte, sie würde ihn also allein herumbringen müssen. »Alles, alles geht mir schief«, dachte sie. In diesem Augenblick erschien Rodrigues im Haustor und winkte ihr.

      »Amelia ist oben«, sagte er unbekümmert, »sie sagt, Sie sollen raufkommen.«

      Wortlos stieg Ginia mit ihm hinauf. Es war tatsächlich die letzte Tür, hinter der kein Mucks zu hören gewesen war. Amelia, auf dem Sofa, rauchte, als säße sie im Café. »Warum bist du nicht raufgekommen?«, fragte sie sofort ganz ruhig. Ginia schimpfte sie eine blöde Gans, aber Amelia und Rodrigues sagten so überzeugt, sie hätte doch heraufkommen sollen, dass es unmöglich war zu streiten. Und sie konnte auch nicht herausschreien, dass sie an der Tür gelauscht hatte, denn das wäre noch schlimmer gewesen. Doch es genügte zu sehen, wie still die beiden waren, um zu begreifen, dass das Sofa bestimmt etwas zu erzählen gehabt hätte. »Sie halten mich wohl für blöd«, dachte Ginia und versuchte zu erkennen, ob Amelias Haar zerzaust war und was ihr Rodrigues’ Augen verrieten.

      Amelias Hut – der mit dem Schleier – lag hingeworfen auf dem Tisch, und Rodrigues stand mit dem Rücken zum Fenster und fixierte ihn mit ironischem Blick.

      »Wer weiß, ob Ginia der Schleier steht«, sagte Amelia aus heiterem Himmel.

      Ginia schnitt eine Grimasse, und ohne sich zu rühren, begann sie, die kleinen Bilder über Amelias Kopf zu betrachten. Aber diese armseligen Farben interessierten sie nicht mehr. Sie schnupperte und erkannte in dem kalten Mief Amelias Parfüm. Sie konnte sich nicht erinnern, wonach das Zimmer beim letzten Mal gerochen hatte.

      Dann ging sie durchs Zimmer und sah sich die Bilder an den Wänden an. Eingehend betrachtete sie eine Landschaft oder einen Obstteller, blieb stehen, konnte sich nicht entschließen, die Augen abzuwenden; niemand sprach. Es gab auch einige Frauenporträts: Sie kannte keines dieser Gesichter. Am Ende des Zimmers angekommen, stand sie vor dem langen Vorhang aus schwerem, ausgefranstem Stoff, der die ganze Wand bedeckte. Ihr fiel ein, dass Guido dahinter die Gläser hervorgeholt hatte, und halblaut fragte sie: »Ist es gestattet?«, aber die beiden hörten es nicht, weil Rodrigues gerade sprach, also öffnete sie einen Spalt, um einen Blick hineinzuwerfen, sah aber nur ein zerwühltes Bett und ein Waschbecken. Auch dort drinnen roch es nach Amelia, und Ginia merkte es, als sie dachte, dass es schön sein müsse, allein in diesem Eckchen zu schlafen.

      VII.

      »Rodrigues ist ganz gierig drauf, dass du ihm Modell stehst«, sagte Ginia, während sie heimgingen.

      »Wieso?«

      »Hast du nicht bemerkt, wie er um uns herumsprang und deine Beine anstarrte?«

      »Soll er doch«, sagte Amelia.

      »Für Guido hast du nie Modell gestanden?«

      »Nein, nie«, sagte Amelia.

      Als sie die Piazza überquerten, sahen sie Rosa am Arm eines jungen Mannes vorbeikommen, aber es war nicht Pino. Sie hing an ihm, als könne sie nicht alleine gehen, und Ginia sagte: »Schau nur. Sie haben Angst, sich zu verlieren.« – »Sonntags ist alles erlaubt«, sagte Amelia. »Aber nicht in der Öffentlichkeit. Sie machen sich lächerlich.« – »Kommt ganz darauf an«, erwiderte Amelia, »wenn eine dumm ist und es darauf anlegt, macht sie alles Mögliche.«

      Ginia hatte von Rodrigues erfahren, dass Guido oft am Nachmittag, wenn er Ausgang hatte, ins Atelier kam, um zu malen. »Er würde auch nachts malen«, hatte Rodrigues gesagt. »Vor einer Leinwand wird er wild wie ein Stier und muss einfach loslegen.« Dabei hatte er auf seine heisere Art gelacht.

      Ohne etwas zu sagen, wartete Ginia einen Nachmittag ab, an dem Rodrigues im Café saß, und ging allein ins Atelier. Diesmal hatte sie aus anderen Gründen Herzklopfen, als sie die Treppe hinaufstieg. Doch vor der Tür zögerte sie nicht. Sie fand sie offen.

      »Herein«, sagte Guido.

      Vor Verlegenheit schlug sie die Tür hinter sich zu. Keuchend blieb sie unter Guidos Blicken stehen. Vielleicht lag es an der Uhrzeit, jedenfalls tauchte der große Samtvorhang, auf den ein wenig Sonne fiel, das ganze Zimmer in ein rötliches Licht. Mit gesenktem Kopf trat Guido auf sie zu und fragte: »Was ist?«

      »Kennen Sie mich nicht mehr?«

      Guido war wie üblich in Hemdsärmeln und trug seine graugrünen Hosen.

      »Ist die andere auch da?«, fragte er.

      Da erklärte Ginia ihm, dass sie allein war und dass Amelia im Café saß. »Rodrigues hat mir gesagt, ich könne kommen und mir die Bilder ansehen. Wir haben es schon einmal am Morgen probiert, aber da waren Sie nicht da.«

      »Dann setz dich«, sagte Guido. »Ich mache eben eine Arbeit fertig.«

      Er СКАЧАТЬ