Der schöne Sommer. Cesare Pavese
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Название: Der schöne Sommer

Автор: Cesare Pavese

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: EDITION BLAU

isbn: 9783858699046

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СКАЧАТЬ die Hand, während er sie unverschämt lächelnd musterte.

      Ginia begriff, dass sie sich ganz unbefangen geben musste, und begann, über Amelias und Guidos Köpfe hinweg die Bilder an den Wänden zu betrachten. Es schienen Landschaften mit Bäumen und Bergen zu sein, und dazwischen erkannte sie undeutlich einige Porträts. Aber die Lampe, wie in noch nicht ganz fertigen Wohnungen ohne Schirm aufgehängt, blendete, ohne Licht zu geben. Ginia sah aber doch, dass es hier nicht so viele Vorhänge gab wie bei Barbetta, sondern nur einen – einen langen roten –, der das Zimmer hinten abschloss, und sie begriff, dass es dahinter noch einen Raum geben musste.

      Guido fragte, ob sie etwas trinken wollten. Auf dem großen Tisch in der Mitte des Zimmers standen Gläser und eine Flasche. »Wir sind gekommen, um uns aufzuwärmen«, sagte Amelia. »Wir sind nass bis zu den Knien.« Guido schenkte ein – einen dunklen Rotwein –, und Amelia brachte Rodrigues, der sich aufsetzte, ein Glas. Während sie tranken, sagte Amelia zu ihm: »Es tut mir leid für Guido, aber Sie stehen jetzt auf und überlassen mir das Bett, damit ich mir die Beine wärmen kann. Die Betten sind für die Frauen. Komm auch her, Ginia.« Doch Ginia wollte nicht, sie sagte, der Wein habe sie schon gewärmt, und setzte sich auf einen Stuhl. Da streifte Amelia die Schuhe ab, zog sich die Jacke aus und schlüpfte unter die Decke. Rodrigues blieb auf dem Sofarand sitzen.

      »Redet ruhig weiter«, sagte Amelia. »Mich stört nur das Licht.« Damit streckte sie den Arm zur Wand und knipste es aus. »So, das hätten wir. Gebt mir eine Zigarette.«

      Ginia saß entsetzt im Dunkeln. Aber sie merkte, dass Guido zum Sofa gegangen war, und hörte, wie er das Zündholz anstrich, und sah die beiden Gesichter in der Flamme zwischen tanzenden Schatten. Dann wurde es wieder dunkel, und einen Moment lang rührte sich niemand. Man hörte den Regen an die Fensterscheiben prasseln.

      Jemand sagte etwas, aber Ginia, die immer noch verstört war, erfasste die Worte nicht. Sie merkte, dass auch Guido rauchte, während er ruhig im Dunkeln auf und ab wanderte. Sie sah die Zigarettenglut und hörte die Schritte. Dann begriff sie, dass Amelia und Rodrigues wieder angefangen hatten zu streiten. Doch erst, als sie sich allmählich an die Dunkelheit gewöhnt hatte und den Tisch, die Schatten der anderen und sogar einige Bilder an der Wand zu unterscheiden begann, wurde sie ruhiger. Amelia sprach mit Guido über früher, als sie einmal krank hier auf dem Sofa geschlafen hatte. »Aber damals hattest du noch nicht diesen Partner«, sagte sie, »was machst du mit ihm? Ziehst du ihn nackt aus?«

      Alles war so seltsam, dass Ginia sagte: »Man kommt sich vor wie im Kino.«

      »Aber hier kostet es keinen Eintritt«, erwiderte Rodrigues aus seiner Ecke.

      Guido ging immer noch auf und ab, quer durch das ganze Zimmer, und brachte mit seinen Stiefeln den dünnen Boden zum Schwingen. Sie redeten alle durcheinander, doch plötzlich merkte Ginia, dass Amelia schwieg – man sah die Zigarette – und dass auch Rodrigues nichts mehr sagte. Nur Guidos Stimme erfüllte das Zimmer und erklärte etwas, das sie nicht verstand, weil sie mit einem Ohr zum Sofa hin horchte. Ein nächtliches Licht fiel durch die Scheiben, wie ein elektrischer Widerschein des Regens, und man hörte es von den Dächern und Regenrinnen tropfen, plätschern und gluckern. Jedes Mal, wenn der Regen und die Stimme zufällig gleichzeitig schwiegen, schien es kälter zu werden. Dann bemühte sich Ginia, im Dunkeln Amelias Zigarette zu erkennen.

      VI.

      Als sie sich auf der Straße vor der Haustür verabschiedeten, hatte es zu regnen aufgehört. Ginia sah noch das schmutzige, tropfende, von jener grellen Lampe erhellte Zimmer vor sich. Mehrmals hatte Guido das Licht angeknipst, um nachzuschenken oder etwas zu suchen, und Amelia hatte sich auf dem Sofa die Augen zugehalten und gerufen, er solle es wieder ausmachen, und man hatte sehen können, dass Rodrigues regungslos zu ihren Füßen an der Wand kauerte.

      »Haben die beiden niemanden, der ihnen das Zimmer fegt?«, fragte Ginia, während sie allein nach Hause gingen.

      Amelia sagte, Guido sei vertrauensselig, dass er Rodrigues den Atelierschlüssel überlasse.

      »Hat Guido diese Bilder gemalt?«

      »An seiner Stelle hätte ich Angst, dass dieser Portugiese sie verkauft und das Zimmer ohne Absprache untervermietet.«

      »Hast du für Guido Modell gestanden?«

      Im Gehen erzählte Amelia, wie sie Rodrigues kennengelernt hatte, als sie noch jünger war und für irgendwen Modell stand. Rodrigues kam, genau wie jetzt, ins Atelier hereingeschneit und setzte sich, als wäre er im Café; still hockte er da, sah von ihr zum Maler und sagte nie etwas. Schon damals trug er die weiße Krawatte. Ebenso machte er es bei einem anderen Modell, das sie kannte.

      »Malt er denn nicht auch?«

      »Da müsste eine schon sehr verzweifelt sein, um sich nackt vor ihn hinzustellen, glaubst du nicht?«

      Ginia hätte Guidos Bilder gern noch einmal angeschaut, denn sie wusste, dass man Farben nur bei Tag richtig sieht. Wäre sie sicher gewesen, Rodrigues nicht dort anzutreffen, hätte sie all ihren Mut zusammengenommen und wäre allein hingegangen. Sie stellte sich vor, wie sie hinaufstieg, klopfte, Guido in seinen Soldatenhosen vorfand und ihn anlachte, um das Eis zu brechen. Das Schöne an diesem Maler war, dass er gar nicht wie ein Maler wirkte. Ginia erinnerte sich daran, wie er ihr mit einem aufmunternden Lächeln die Hand gedrückt hatte, und an seine Stimme im dunklen Zimmer und an sein Gesicht, wenn er das Licht anknipste und sie ansah, als wären sie beide, unabhängig von Rodrigues und Amelia, ein Paar. Aber jetzt war Guido nicht da, und man musste mit dem anderen rechnen.

      Am nächsten Tag im Café fragte sie Amelia, ob Guido wenigstens am Sonntag freihabe. »Früher hätte ich es gewusst«, sagte Amelia. »Aber wir sehen uns schon länger nicht mehr.«

      »Rodrigues hat zu mir gesagt, ich dürfe in sein Atelier kommen, wann ich will.«

      »Sieh mal an«, erwiderte Amelia.

      Aber er ließ sich mehrere Tage lang nicht im Café blicken. »Ich wette, er wartet darauf, dass wir ihn besuchen, jetzt, wo er über ein Bett verfügt, um uns gebührend zu empfangen. Das sähe ihm ähnlich.«

      »Da kann er lange warten«, antwortete Ginia.

      Als sie noch einmal darüber nachdachte, kam Ginia zu dem Schluss, dass Amelias Verhalten, sich in Anwesenheit anderer ins Bett zu legen und das Licht auszumachen, doch nicht so frech war, denn auch Guido und Rodrigues hatten nichts dabei gefunden. Was sie quälte, war die Vorstellung, was Amelia zu anderen Zeiten auf diesem Bett getrieben haben mochte, als das Zimmer nur Guido allein gehörte.

      »Wie alt ist Guido?«, fragte sie.

      »Früher war er so alt wie ich.«

      Aber Rodrigues ließ sich nicht blicken, und eines Morgens kam Ginia, die einige Besorgungen erledigen musste, durch die Straße jener Nacht. Sie blickte hoch und erkannte die dreieckige Vorderfront des Ateliers. Ohne lange zu überlegen, stieg sie die Treppe hinauf, die kein Ende nahm, aber oben im letzten Flur gab es mehrere Türen, und sie konnte sich nicht entscheiden. Sie begriff, dass Guido nicht berühmt war, da er nicht einmal ein Namensschild hatte, und im Hinuntergehen dachte sie gerührt an die Lampe an jenem Abend, die für einen Maler tödlich sein musste. Als sie dann Amelia traf, sagte sie ihr nichts von dem Besuch.

      Eines Tages, als sie sich unterhielten, fragte sie Amelia, warum Männer Maler wurden. »Weil es Leute gibt, die Bilder kaufen«, erwiderte Amelia. »Aber nicht von allen«, sagte Ginia, »was ist mit den Malern, denen niemand was abkauft?«

      »Das СКАЧАТЬ