Gut beraten im Nachbarschaftsrecht. Dr. Ulrich Janes
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Название: Gut beraten im Nachbarschaftsrecht

Автор: Dr. Ulrich Janes

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783747103609

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СКАЧАТЬ anderen Fall kann letztlich auch eine gerichtliche Entscheidung das gemeinsame Miteinander und Nebeneinander wieder befrieden, wenn die Entscheidung zum Anlass genommen wird, im Nachhinein über zukünftige Konflikte miteinander ins Gespräch zu kommen.

      image Der schöne Ausblick verbaut?

      Der Segelverein Sturmwind ist Eigentümer eines Grundstücks, das, direkt an einem großen See gelegen, mit einem viergeschossigen Vereinshaus sowie Wassersportanlagen bebaut ist und für Vereinszwecke genutzt wird.

      Investor Klotzen ist Eigentümer des etwa 6 500 Quadratmeter großen Nachbargrundstücks, das ebenfalls unmittelbar an den See grenzt und auf dem sich ursprünglich eine 1870 erbaute Villa befand, die etwa 1970 durch ein Gebäude mit vier Vollgeschossen und einem Kellergeschoss ersetzt worden ist, das zunächst zu Wohnzwecken, dann als Beherbergungsbetrieb und schließlich wieder zu Wohnzwecken genutzt wurde.

      Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans aus dem Jahr 1959, geändert im Jahr 1971, der das Gebiet als Sonderzweckfläche für den Wassersport ausweist. In den Planbestimmungen sind für diese Sonderzweckfläche unter anderem als Maß der baulichen Nutzung eine größte Baumasse von 1,0 Kubikmeter umbauten Raumes je Quadratmeter Baugrundstück, eine offene Bauweise und als zulässige Geschosszahl zwei Vollgeschosse festgesetzt.

      Klotzen beabsichtigt, auf seinem Grundstück ein Wohnhaus mit Gewerbeanteil und Tiefgarage zu errichten. Das geplante Gebäude soll insgesamt sieben Geschosse aufweisen mit einer maximalen Gebäudehöhe von 27,30 Meter und einer Baumasse von 4,30 Kubikmeter pro Quadratmeter Baufläche. Das Bauamt erteilt Herrn Klotzen einen Bauvorbescheid und kündigte darin die Zustimmung zu Befreiungen insbesondere von den Festsetzungen des Bebauungsplans in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzungen an.

      Der Segelverein Sturmwind ist damit nicht einverstanden und geht gegen den Vorbescheid vor, soweit darin Befreiungen der zulässigen Zahl der Vollgeschosse und der zulässigen Baumassenzahl von 1,0 angekündigt wurden.

      Gesetz und Recht: Ein Bebauungsplan, der als Satzung beschlossen wurde, enthält Normen, an die sich alle Eigentümer der im Geltungsbereich gelegenen Grundstücke halten müssen. Derartige Normen sind bindend und bestimmen Inhalt und Schranken des Eigentums, sodass grundsätzlich jeder gleichermaßen berechtigt und betroffen ist. Das bedeutet, dass sich jeder an die Festsetzungen halten muss, auch die Genehmigungsbehörde, die beabsichtigt, von den Festsetzungen über den Umfang der Bebauung in gravierender Weise Befreiung zu erteilen.

      Ob sich der einzelne Eigentümer, der mit den anderen Eigentümern eine Schicksalsgemeinschaft bildet, gegen gravierende Abweichungen von Festsetzungen wehren kann, muss im Zweifel durch Auslegung der Festsetzung, die verletzt sein soll, festgestellt werden. Während Festsetzungen über die Gebiets- und damit über die Nutzungsart alle Planbetroffenen gleichermaßen vor Abweichungen und Änderungen schützen, kommt es bei Festsetzung zum Umfang der einzelnen Vorhaben darauf an, ob die Gemeinde diese Festsetzung gerade auch zum Schutze der sonstigen Planbetroffenen beschlossen hat.

      Wie geht es weiter? Der Verein konnte die massiven Überschreitungen der Festsetzungen der Zahl der Vollgeschosse wie auch der Baumassenzahl im Bebauungsplan geltend machen, auch soweit der Verein selbst die Zahl der Vollgeschosse leicht überschritten hat.

      Zwar ist in dem Bebauungsplan nirgends der Wille der Gemeinde erkennbar, dass die Maßfestsetzungen auch zugunsten des Nachbarn, insbesondere also zugunsten vom Segelverein Sturmwind, erfolgten. Jedoch ergibt sich aus dem Planungskonzept und der dadurch begründeten Schicksalsgemeinschaft, dass der Festsetzung über die Vollgeschosse und die Baumassenzahl auch eine Schutzfunktion zugunsten der übrigen Planbetroffenen, also auch für den Verein Sturmwind, zukommt. Der vom Bezirksamt erteilte Bauvorbescheid für den beantragten Neubau war damit nicht mehr gültig.

      image Lärm durch das Volksfest

      Herr Feucht besitzt zwei Grundstücke, wovon das eine mit einem Wohnhaus, das andere mit einem Ladengeschäft bebaut ist. Beide Grundstücke werden im Westen durch eine Straße begrenzt. Im Osten steht die Dorfkirche. Frau Zank ist Eigentümerin des südlich davon gelegenen Grundstücks, das mit ihrem Wohnhaus bebaut ist.

      In der Gemeinde findet jährlich Anfang Mai ein Weinfest statt. Am ersten Septemberwochenende veranstaltet die Gemeinde auch jährlich ihre „Woi- und Quetschekuche-Kerwe“. Während der beiden Veranstaltungen werden auf der etwa 850 Meter langen „Kerwemeile“ an verschiedenen Plätzen Musik und Spezialitäten angeboten.

      Herr Feucht beteiligt sich an den beiden Festen mit einer Bewirtung auf seinen Grundstücken mit mehreren Bierzeltgarnituren, vereinzelten Stehtischen und der Ausschankstelle. Er bringt auch Lautsprecher an, die vom Wohnhaus der Frau Zank etwa 35 Meter entfernt sind.

      Für das Weinfest im Mai 2015 erteilte die Gemeinde Herrn Feucht neben der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs nach dem Gaststättengesetz (GastG) auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für das Abspielen von CD-Musik sowie Live-Musik bis maximal 24.00 Uhr. Gestattet wurde die Benutzung von Lautsprechern, Tonwiedergabegeräten und ähnlichen Geräten.

      Da sich Frau Zank in der Vergangenheit bei der Gemeinde bereits mehrfach über von der Ausschankstelle des Herrn Feucht ausgehende starke Lärmbelästigungen beschwert hatte, vereinbarte die Gemeinde mit Frau Zank die Durchführung von Lärmmessungen während des Weinfests. Diese ergaben am Anwesen von Frau Zank an unterschiedlichen Tagen und Zeiten Werte zwischen 59 dB(A) und 67 dB(A).

      Mit neuem Bescheid erteilt die Gemeinde Herrn Feucht anlässlich des Weinfests im Rahmen der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs die Erlaubnis, bis auf Widerruf alkoholische Getränke auf dem Platz vor der Kirche zu verabreichen. Die Erlaubnis hat die Auflage, die Außenbewirtschaftung nachts um 1.00 Uhr beziehungsweise um 2.00 Uhr zu beenden. Ab 22.00 Uhr – Beginn der Nachtruhe – muss darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten.

      Zur Begründung führt die Gemeinde aus, die „Woi- und Quetschekuchekerwe“ sei von besonderer kommunaler Bedeutung und durch den örtlichen Bezug sowie die Standortgebundenheit und zahlenmäßig eng begrenzte Durchführung solcher Ereignisse als seltene Veranstaltung privilegiert.

      Frau Zank sieht sich in ihrer Ruhe und ihrem Schlaf gestört und wendet sich gegen die erteilte gaststättenrechtliche und immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigungen.

      Gesetz und Recht: Nach dem Gaststättengesetz (GastG) kann die Behörde zunächst eine vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung und nach dem Landesimmissionsschutzgesetz eine Ausnahmegenehmigung erteilen. Entscheidend ist, ob Frau Zank dadurch materiell-rechtlich beschwert ist. Die Ausnahmegenehmigung erfordert eine Abwägung der widerstreitenden Interessen der Teilnehmer am Volksfest und der betroffenen Nachbarin, die sich auf die Regelungen des Landesimmissionsschutzgesetzes in Verbindung mit der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) berufen kann. Die TA Lärm gestattet für seltene Ausnahmefälle Abweichungen von den festgelegten gebietsverträglichen Lärmbelastungen. In der Sache selbst war eine Abwägung zwischen dem Interesse der Bürger an dem traditionellen Volksfest für wenige Tage im Jahr und dem Ruhebedürfnis der Anwohnerin vorzunehmen.

      Hier war das Volksfest bereits zu Ende, als die Entscheidung erging. Da eine Wiederholung im nächsten Jahr droht, besteht daher die Möglichkeit, nach Erledigung des Verfahrens durch das Gericht eine Feststellung treffen zu lassen, was für die Zukunft gelten muss (Fortsetzungsfeststellungsklage).

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