Gut beraten im Nachbarschaftsrecht. Dr. Ulrich Janes
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gut beraten im Nachbarschaftsrecht - Dr. Ulrich Janes страница 5

Название: Gut beraten im Nachbarschaftsrecht

Автор: Dr. Ulrich Janes

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783747103609

isbn:

СКАЧАТЬ gefallen.

      Der BGH hat jedoch festgestellt, dass ein Notwegerecht für einen Gewerbebetrieb voraussetzt, dass das Grundstück nach seinen konkreten Verhältnissen eine gewerbliche Nutzung größeren Umfangs erlaubt, insbesondere unter anderem eine Wareneinlagerung erforderlich und nicht anderweitig möglich ist. Dies hängt vom jeweiligen Einzelfall ab, der geprüft werden muss.

      Inwieweit das Notwegerecht aber auch auf die privaten Garagen zutrifft, ist fraglich. Die Garagen sind nämlich, da ihnen eine Verbindung zur öffentlichen Straße fehlt, von Anfang an mangels korrekter Erschließung rechtswidrig errichtet worden, weswegen auch die Zufahrt zu diesen, wegen der rechtswidrigen Errichtung, nicht unbedingt erforderlich ist.

      Wenn das Gericht tatsächlich für den Gewerbebetrieb und die Garagen ein Notwegerecht bejaht, so natürlich wiederum nur gegen Bezahlung einer Notwegrente.

      Gemäß Urteil des OLKG Rostock vom 11.06.2020 besteht ein Notwegerecht nicht einmal, wenn im Bebauungsplan bereits Flächen für Geh-, Fahrt– oder Leitungsrechte vorgesehen sind.

      Maßgeblich für das Notwegerecht ist ausschließlich, dass der Eigentümer nicht selbst durch eine willkürliche Handlung die Notlage herbeigeführt hat, zum Beispiel durch eine entsprechende Bebauung. Das Hinterliegergrundstück muss von vornherein ohne direkten Straßenanschluss gewesen sein. Ihm kann auch nicht vorgeworfen werden, dass er angrenzende, in seinem Eigentum stehende Grundstücke so bebaut hat, dass nun auch über diese kein Anschluss des Hinterliegergrundstücks möglich ist, da er hier wie ein unbeteiligter Dritteigentümer zu behandeln ist, der dazu ebenfalls nicht verpflichtet wäre.

      image Rache ist zäh wie Kaugummi

      Hans und Rosi, beide um die 50 Jahre alt, beziehen ein Reihenhaus in der Kunststraße am Stadtrand von Neuhausen. Sie bewohnen das Eckhaus. Neben ihnen wohnt Gerda zusammen mit ihrem 18-jährigen Sohn Georg. Gerda ist verwitwet, Georg ist noch in der Ausbildung. Hans vermutet aber, dass er sich hauptberuflich mit Partys beschäftigt. Die Nachbarn wissen nicht viel voneinander, außer dass jede Familie über zwei Autos verfügt. Die Garagen der Häuser liegen direkt nebeneinander, sodass ein Auto in oder vor der Garage geparkt werden kann. Das andere Auto muss auf der Straße geparkt werden. Der Parkraum ist eng und wird durch Pflanzenkübel beschränkt, die der Kunststraße einen wohnlichen Charakter vermitteln.

      Eines Morgens möchte Hans sein Auto aus der Garage fahren. Die Zufahrt wird jedoch von Georgs Auto blockiert. Hans ist ärgerlich, denn er muss dringend zur Arbeit. Hans klingelt am Nachbarhaus. „Es gibt sicher eine bessere Möglichkeit sich kennenzulernen“, denkt er.

      Gerda erklärt, dass ihr Sohn noch im Bett liege. Hans bittet sie, ihn zu wecken. Als Georg erst nach 15 Minuten erscheint, um das Auto wegzufahren, kann Hans nicht anders, er muss die Situation kommentieren und sagt: „Junger Mann. Etwas mehr Fleiß, Anstand und Rücksichtnahme helfen Ihnen sicher, wenn Sie mal wollen, dass etwas Vernünftiges aus Ihnen wird!“

      Am nächsten Tag klebt ein Kaugummi an dem BMW von Hans. Natürlich vermutet Hans, dass Georg diesen Gruß hinterlassen hat. Er kann es aber nicht beweisen, beseitigt also ärgerlich den Kaugummi.

      Am Tag darauf klebt ein Kaugummi nicht nur an seinem BMW, sondern auch an dem Twingo von Rosi. Der Verdacht gegen Georg wächst. Hans und Rosi fühlen sich bedrängt, sie sind sicher, dass man sich so etwas nicht gefallen lassen muss. Deshalb schreibt Rosi mit Lippenstift eine Ermahnung auf die Windschutzscheibe des Autos von Georg. „Pass auf!“ sind ihre Worte. Sie hat sie so auf die Windschutzscheibe platziert, dass die Sicht beim Fahren beeinträchtigt wird. Die Situation eskaliert.

      Hans informiert das Ordnungsamt über den gesamten Vorfall. Hinsichtlich des Zuparkens wird ihm gesagt, dass man für die vergangenen Fälle nichts machen könne. In Zukunft könne man ja mal vorbeischauen, ob korrekt geparkt wird. Aber weil es nur eine Seitenstraße ist, seien die Chancen schlecht. Für mögliche Sachbeschädigungen sei das Ordnungsamt nicht zuständig. Hans fühlt sich von den Behörden im Stich gelassen. Die Situation wird von Tag zu Tag unerträglicher.

      Längst ist es nicht mehr nur der Kaugummi, der an der Windschutzscheibe klebt. Das Lebensgefühl in der Kunststraße wird beeinträchtigt. Hans und Rosi wissen nicht mehr weiter.

      Was ist die beste Lösung? Die erste Frage, die Sie sich stellen sollten, lautet: „Habe ich überhaupt einen Konflikt?“ Oder anders formuliert: „Was genau regt mich so daran auf, dass ein Rotzlöffel aus der Nachbarschaft einen Kaugummi auf meine Windschutzscheibe klebt?“

      Oft geht es gar nicht um den Kaugummi, sondern um die Frechheit und die damit einhergehende Zumutung. „Was nimmt der sich heraus?“ Man empfindet eine persönliche Zurückweisung.

      In einem solchen Fall mag man sich überlegen, wer darüber entscheidet. Ist es der Angreifer oder der, der angegriffen wird? Man mag sich auch fragen, warum man es dem Anderen überlässt zu entscheiden, was für einen selbst Respekt bedeutet und was nicht.

      Offenbar ist Hans Einschätzung und Reaktion dem Nachbarsjungen wichtig, sonst müsste er sich nicht so viel Mühe machen, Hans zu zeigen, dass er sich nicht einschüchtern lässt.

      Die Frage nach dem eigentlichen Konflikt wird im Kapitel „Den Konflikt lösen“ (siehe Seiten 35 ff.) ausführlicher besprochen.

      Versetzen Sie sich in die Situation von Hans hinein: Hier ist die erste Weichenstellung, die Sie zu treffen haben. Spielen Sie das Spiel des Nachbarsjungen mit oder spielen Sie Ihr eigenes Spiel? Geht es um die Sache (also darum, dass die Belästigung in Zukunft unterbunden wird oder um Schadenersatz) oder darum, Respekt einzufordern?

      Im ersten Fall sollten Sie überlegen, wie Sie den Nachbarn zu dem gewünschten Verhalten bewegen können. Suchen Sie das Gespräch. Wenn der Nachbarsjunge dafür nicht zur Verfügung steht, sprechen Sie mit Gerda und schildern Sie Ihre Not. Gerda hat sicherlich Einfluss auf ihren Sohn.

      Im letzteren Fall sollten Sie überlegen, warum dafür das Verhalten anderer wichtig ist.

      Bei jeder Vorgehensweise muss berücksichtigt und bedacht werden, dass eine Aktion eine Reaktion hervorruft und dass sich der Nachbar dann nicht als der agierende (= aggressive), sondern als der reagierende Teil (= Verteidiger) sehen mag.

      Bedenken Sie auch, dass Ihre Reaktion für den Nachbarn stimulierend ist. Überlegen Sie bitte, was der Nachbarsjunge wohl macht, wenn seine Angriffe ins Leere gehen und keine Reaktion bei Ihnen hervorrufen? Wer eine Eskalation vermeiden will, sollte also zunächst mit sich selbst im Reinen sein und dann – falls es überhaupt noch nötig ist – das Gespräch suchen.

      Gesetz und Recht: Juristisch betrachtet, besteht sowohl für das Ankleben des Kaugummis wie für die Beschriftung mit dem Lippenstift ein Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB, ein Schadenersatzanspruch nach § 823 BGB, wenn ein Schaden an dem Fahrzeug entstanden ist, oder ein Unterlassungsanspruch (§ 1004 Abs. 1 BGB), wenn Wiederholungen zu befürchten sind. Ob das Verhalten des Nachbarsjungen in diesem Fall bereits als eine Beleidigung angesehen werden kann, ist mehr als fraglich.

      Die Rechtslage ist schwierig. Es muss plausibel nachgewiesen werden können, wer den Kaugummi an die Scheibe klebt. Ein Schaden dürfte kaum entstehen, wenn der Kaugummi restlos beseitigt werden kann. Auch eine Wiederholungsgefahr ist darzulegen.

      Wie geht es weiter? Zu empfehlen wäre es, bei einer guten Gelegenheit das Thema in einem Gespräch СКАЧАТЬ