Schlangen, Guillotinen und ein elektrischer Stuhl. Dennis Dunaway
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СКАЧАТЬ die Straße hinunter und frohlockte: „So, wir werden jetzt im Wohnzimmer proben!“

      „Bis du wahnsinnig?“, versuchte ich einzuwerfen.

      „Und wie soll ich auf das Haus aufpassen, wenn ich in der Garage bin?“

      Wir marschierten also vorsichtig in das verbotene Paradies des von einer Klimaanlage gekühlten Wohnzimmers. John schnappte sich den Fußabtreter von der Haustür (mit einem aufgestickten „Welcome“) und legte ihn unter das Bass-Drum-Pedal, damit das Schmierfett nicht den hellblauen Teppich verschmutzte. Dann stöpselten wir die Instrumente in die Verstärker und legten los.

      In einer kurzen Spielpause riss ich gerade einen Witz, wie wir dem „bösen Blick“ Sand in die Augen gestreut hätten – als plötzlich gespenstische Ruhe herrschte. Ich drehte mich um und schaute Mrs. Buxton direkt ins Gesicht, die mit ihrem Ausdruck einen Satanisten in die Flucht geschlagen hätte. Niemals zuvor hatte ich einen so hochroten Kopf. Ich fühlte mich, als würde mir die Haut in Streifen abpellen. Entschuldigungen flogen durch den Raum, während wir eingeschüchtert wieder zum Hochofen zurückkehrten.

      Hatten seine Eltern womöglich etwas vergessen? Oder kannten sie Glen besser als gedacht? Eins war klar: Wieder einmal erwies er sich als eine große Enttäuschung.

      „Ich habe mich niemals so mies gefühlt. Dabei hat sie noch nicht mal geschrien“, meinte Vince kleinlaut. „Könnten wie doch diese unheimliche Energie nutzen!“

      Wir nahmen die Instrumente in die Hand und beschäftigten uns mit einigen Fassungen für den Werbeclip unseres neuen – imaginären – Produkts: die „Böser Blick“-Drops.

      Vince’ Vater hingegen war ein echt cooler Typ. Er stellte das unter Beweis, indem er den ersten ernsthaften – und bezahlten – Gig für die Earwigs buchte. Zwischenzeitlich hatten wir genügend Lunchtime-Konzerte in der Cortez High gegeben, und nun war es an der Zeit, berühmt zu werden.

      Die Dunes Lounge war ein halbwegs anerkannter Schuppen, der an der Straße zur Schule lag. Obwohl die Lehmziegel des Gebäudes eine Art Wüstenkarawanserei vermuten ließen, handelte es sich um eine stink­normale Kneipe, auf deren Bühne kaum mehr als fünf Musiker Platz fanden. Erstmalig spielten wir vor einem Publikum, das fliehen konnte.

      Merkwürdigerweise flohen sie auch.

      Der letzte übrig gebliebene Gast torkelte aus der mit „SCHEICHS“ markierten Herrentoilette. Während er sich die Hände an der Jeans trockenrieb, taumelte er Richtung Bühne, fischte fünf Dollar aus der Geldbörse und lallte ein kaum verständliches „Melancholy Baby“.

      Alle Blickte richteten sich hilfesuchend auf Glen. Er zuckte mit den Achseln. Der Gast ließ die fünf Dollar auf den Boden fallen und latschte unsicheren Ganges zum Ausgang. Durch die geöffnete Tür fiel ein Schwall Sonnenlicht in einen leeren Raum.

      Dann entdeckten wir den an der Bar sitzenden Mr. Furnier. Er hatte die ganze Zeit über hier gehockt und warf uns nun einen ermutigenden Blick zu.

      Nach Beendigung des Programms händigte er allen die Gage aus und lächelte aufmunternd. Wir sagten ihm offen heraus, dass er ein verdammt cooler Typ sei.

      Nur auf Vince’ Stirn zeigten sich Sorgenfalten: „Ich kann nicht glauben, dass es Menschen gibt, die sich tatsächlich ‚Melancholy Baby‘ wünschen. Ich dachte, dass passiert nur in Zeichentrickfilmen.“

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      Treten Sie ein: Das Rock-Theater beginnt …

      Wenige Jahre später, mittlerweile waren wir die erste Band, die als Pioniere eine neue Art Bühnenshow vertraten, machten sich einige Rockkritiker über uns lustig. Sie belächelten die Theater-Darbietung von Rockmusik, hauten uns einige befremdliche Artikel um die Ohren und stellten seltsame Interpretationen an.

      Was wussten wir über das Rock-Theater? Nach unserer Auffassung waren wir die Ersten, die so ein Konzept vertraten. Wir kannten die Platten (nur die Platten) von Screamin’ Jay Hawkins, dem gruseligen und mysteriösen Sänger von „I Put A Spell On You“, ahnten aber nichts von seiner Show. Auf der Bühne saß er nämlich in einem Sarg, umgeben von Voodoo-Krimskrams.

      Der Ansatz des „Rock-Theaters“ (Hair, Godspell und so weiter) lag noch in der weit entfernten Zukunft, doch wir entwickelten schon eine zunehmende Tendenz, ein Spektakulum aus unseren Auftritten zu machen. Es gab drei Ereignisse, die uns etwas über die Bühnenkunst lehrten.

      Inspirierender Event Nummer 1: In der Nacht des 23. Oktober 1964 spielten die Earwigs an der Cortez High bei der Halloween-Tanzveranstaltung Das Pendel des Todes!. Jemand hatte sich ganz offensichtlich von dem B-Movie-Horrorstreifen mit Vincent Price anregen lassen.

      Zu diesem Anlass baute der Vater unseres Freundes Scott Ward – wir kannten ihn von der Fotografie – eine funktionierende Guillotine. Allerdings bestand das Fallbeil nicht aus Metall, sondern aus mit silbernem Lack verziertem Holz. Mr. Ward versicherte uns, dass er einige Sicherungen eingebaut habe, damit sie uns nicht die Köpfe absäble.

      Die Mädels aus dem Journalismus-Kurs beauftragten wir mit dem Weben gigantischer Spinnennetze aus Wäscheleinen, die man an den Bühnenseiten anbrachte. Vince und ich bastelten einen Sarg aus Hartpappe und malten ihn in der Farbe alten Holzes an.

      Inspirierender Event Nummer 2: Fernsehauftritte. Die meisten glauben, dass in den USA der frühen Sechziger alles sauber, rein und geregelt war, doch schon damals fanden sich in der Popkultur allerlei „geschmackvolle“ Absurditäten. Comedians wie Peter Sellers, Ernie Kovacs und sogar Steve Allen arbeiteten an der Grenze zum Surrealen. Auf der lokalen Ebene ging es sogar noch freakiger zu. Bevor man die Fernsehindustrie unter einem großen Hut vereinte und dabei homogenisierte, gab es im ganzen Land regionale Programme bei Lokalsendern. In Arizona war eine winzige TV-Show namens The Wallace and Ladmo Show besonders angesagt, in der sie Sketche und Zeichentrickfilme brachten. Meine Güte, sie fütterten uns täglich aus einem riesigen Kessel des Wahnsinns.

      Wallace, der Normale, trug eine Beanie-Mütze mit einem Propeller. Ladmo spielte den blöden Sidekick, trug einen viel zu großen Hut und eine gepunktete Krawatte. Wallace’ und Ladmos Sketche waren überirdisch gut. Natürlich passierten einige unglaubliche Pannen – Requisiten funktionierten nicht, oder Schauspieler vergaßen den Text –, doch was mich anbelangte, konnte es bei der Show gar kein Malheur geben. Die beiden machten sich eine Katastrophe zunutze und blieben letztendlich Sieger. Im Grunde genommen wurde es noch witziger, je mehr Missgeschicke vorkamen!

      Eines Tages nahm Vince seinen ganzen Mut zusammen und wählte die Nummer des Senders KPHO. Wallace nahm den Anruf höchstpersönlich entgegen. Vince erzählte ihm von den Earwigs und dass wir gerne in der Show auftreten würden.

      „Na klar“, meine Wallace großzügig. „Ich werde euch mit einbeziehen.“

      Während der nächsten Wochen beschäftigten wir uns nur noch mit der Vorbereitung der uns zugestandenen zwei Songs. Vince bemalte das Fell von Johns Bass-Drum. Wir trugen schwarze Rollkragenpullover und dazu passend goldene Cordsamt-Jacketts ohne Kragen. Trotzdem gelang es uns, noch gammelig auszusehen.

      An dem Tag, an dem die Band das Fernsehstudio betrat, sahen wir voller Überraschung Wayne Newton. Er war ein junger Sänger aus der Gegend, der sich auf alte Standards spezialisiert hatte und uns beim Aufbau beobachtete.

      „Stellt euch eng zueinander“, riet uns der zukünftige Mr. Las Vegas mit seiner samtweichen hohen Stimme. „Das СКАЧАТЬ