Tales of Beatnik Glory, Band I (Deutsche Edition). Ed Sanders
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СКАЧАТЬ er wollte mit mir über seine zukünftigen schriftstellerischen Projekte sprechen.«

      1960 war Wahljahr und garantiert nicht die rechte Zeit, in der Öffentlichkeit Gnade an irgendeinem angeblichen Red Light Bandit walten zu lassen. Anfang April hatte beispielsweise der Verband der amerikanisch-hebräischen Gemeinden jene sieben Männer angeschrieben, die in der Presse am Häufigsten als mögliche Präsidentschaftskandidaten genannt wurden und nach ihrer Einstellung zur Todesstrafe befragt. Richard Nixon hatte geantwortet, dass er die Todesstrafe für Kidnapper befürworte: »Selbstverständlich machen wir uns Gedanken über das Schicksal von Kriminellen, die wir gefasst haben. Aber noch mehr liegt uns die Sicherheit der unschuldigen Bürger am Herzen, die derartigen Verbrechern schutzlos ausgeliefert wären, wenn wir dieses abschreckende Mittel nicht hätten.«

      Am nächsten Morgen wälzte Sam sich gerade noch rechtzeitig aus dem Bett und fuhr mit der U-Bahn bis zum Columbus Circle, dem Startort des Chessman-Marsches. Sam hätte es nie im Leben für möglich gehalten, dass ausgerechnet er sich jemals an einem Protestmarsch beteiligen würde. Aber nun wurde mit von dem unaussprechlichen Drang erfüllt, weiter zu marschieren, weiter zu singen und zu protestieren. Hier endlich bot sich eine Gelegenheit, es den Scheißkerlen heimzuzahlen, die alles kaputtgemacht hatten. Die Transparente waren deutlicher und klarer als alle anderen, die Sam je gesehen hatte. SCHAFFT DIE TODESSTRAFE AB, forderten sie, RETTET CHESSMAN und LEGALER MORD BLEIBT MORD.

      Ein Lastwagen mit der Pappmaché-Imitation einer Gaskammer führte den Zug der empörten und aufgebrachten Demonstranten an, die um zwei Uhr nachmittags die Neunundfünfzigste Straße entlang marschierten. Vorbei an den stinkvornehmen Hotels, wo im Plaza die feinen Herrschaften der Gesellschaft die Serviette zum Mund führten und sprachlos auf die Protestler hinunter gafften. Sie winkten ihnen zu: »Kommt runter und macht mit!« schrien sie. »Kommt mit uns!«

      An der Fünften Avenue bog der Zug nach rechts ab, und dann begann ein dreistündiger Trott die Avenue hinunter, einundfünfzig Blocks weit, bis zum Washington Square, wo Norman Thomas und Elaine de Kooning zu der Menschenmenge sprachen, die sich an der Judson Memorial Church versammelt hatte.

      Für den jungen Sam bedeutete dieser Marsch das erste Aufflackern von Solidarität. Zum ersten Mal erlebte er das Gefühl, seine Wut mit den anderen, die sich vor den Barrikaden aufgestellt hatten, zu teilen. Noch ahnte er nichts von den Schrecken der Barrikaden, die die sechziger Jahre für ihn bereithielten, diesen grauen Mauern, die er noch so oft verhöhnen und gegen die er noch so oft blindlings anrennen sollte.

      Der Samstagabend verflog für Sam in einer Orgie von Hasch und endlosen Diskussionen in den Kneipen und Bistros des Village. Am Sonntag, dem 1. Mai 1960, passierte nichts Besonderes. Die Berichterstattung über Chessman lief auf vollen Touren. Auf allen Frequenzen wurde Sam mit den neuesten Meldungen über ihn bombardiert. Sie hörten einfach nicht auf. Sam war nervös und spürte zum ersten Mal den stechenden Schmerz der Frustration, wenn man einsehen muss, dass aller Protest gegen die korrupte Gesellschaft zwecklos ist. Er fühlte sich so elend, als ob der gesamte Kontinent zur Gaskammer verurteilt wäre.

      Drüben in Kalifornien gab Chessman eine Pressekonferenz und meinte, seine Aussichten stünden Fifty-fifty. Und für den Fall, dass es schiefgehen sollte, kündigte er an: »Dann geh ich halt rein, hock mich auf meinen Stuhl und warte auf das Ende!«

      Ebenfalls am Sonntag fuhr der Bürgerrechts-Anwalt A. L. Wirin zu Kaliforniens Gouverneur Brown und verhandelte mit ihm über eine nochmalige Aussetzung der Urteilsvollstreckung. Er begründete seinen Antrag mit der bevorstehenden Wahl eines neuen Richters für das Bundesgericht von Kalifornien, der am ersten Juni vereidigt werden sollte — möglicherweise könnte ein neuer Richter an den Drei-zu-Vier-Abstimmungen was ändern, die nun schon dreimal Chessmans verschiedene Gnadengesuche abgeschmettert hatten.

      Auch Bischof James A. Pike sprach bei Gouverneur Brown vor und bat um Gnade für Chessman, aber Brown blieb ungerührt und ließ beide eiskalt abblitzen.

      Steve Allen, Marlon Brando, Shirley McLaine, Eugene Burdock und Richard Drinnon — sie alle fuhren an diesem Tag hinüber nach Sacramento und forderten Brown auf, die Aussetzung bis zum kommenden November zu verlängern, wenn die Nation selbst über die Frage der Todesstrafe entscheiden sollte. Brown antwortete, dass er mit einem solchen Aufschub nicht nur seine Amtsgewalt missbrauchen, sondern auch sein Gewissen vergewaltigen müsste. Nach seiner Absage machten Chessmans Anwälte eine kurze Verschnaufpause und schickten dann am Sonntagabend per Express ein allerletztes Gnadengesuch an den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington.

      In der Nacht von Sonntag auf Montag marschierten einhundert Collegestudenten von San Francisco nach San Rafael. Sie hielten Nachtwache für Chessman.

      Um fünf Uhr nachmittags holten sie Chessman aus seiner Todeszelle im sechsten Stock und führten ihn zum Aufzug. Seine Hände waren mit Handschellen an den Gürtel gefesselt. Sie sollten ihn in die sogenannte »Wartezelle« unten im Parterre bringen, wo er seine letzten siebzehn Stunden Sauerstoff atmen würde. »Bis morgen früh dann — «, rief er seinen Kumpels im Trakt zu, als sie ihn abführten — der traditionelle Abschiedsgruß der Todeskandidaten, wenn sie am letzten Abend nach unten verlegt werden.

      Ein paar Meter nur von der achteckigen Gaskammer entfernt lagen die zwei Wartezellen. Man versorgte Chessman mit einer neuen blauen Hose, einem blauen Hemd dazu und leichten Segeltuchschuhen. Als er zur Wartezelle hinüberging, konnte er die Gaskammer noch nicht sehen, so rücksichtsvoll war der Architekt wenigstens gewesen; sie lag rechter Hand am Ende eines schmalen Korridors.

      Die ganze Nacht und auch noch den frühen Morgen hindurch arbeitete Caryl Chessman an seinen Papieren und schrieb seine letzten Briefe. Als sie ihn dann kurz vor zehn abholten, legte er den Stift aus der Hand und bereitete sich aufs Sterben vor.

      Das Bundesgericht von Kalifornien hatte sich am frühen Morgen noch einmal versammelt, um über ein Gnadengesuch zu beraten, das am Samstagmorgen für eine nochmalige Urteilsüberprüfung eingegangen war, und kurz vor der offiziellen Urteilsvollstreckung, um neun Uhr zehn abermals mit drei zu vier Stimmen dagegen gestimmt.

      Um neun Uhr fünfundfünfzig forderten die Anwälte Gordon T. Davis und Rosalie Asher in den Amtsräumen des kalifornischen Bundesrichters Louis Goodwin einen kurzen Aufschub für die Hinrichtung. Zur gleichen Zeit erhielt in Washington Richter William O. Douglas die per Express zugestellten Unterlagen und gab bekannt, dass eine nochmalige Aussetzung der Urteilsvollstreckung nicht infrage komme.

      Richter Goodwin hatte jedoch in der Zwischenzeit zwei Kanzlisten zu seiner Sekretärin geschickt, mit dem Auftrag, den Direktor von San Quentin anzurufen und einen kurzen Aufschub anzuordnen. Es war zehn Uhr drei. Die Telefonnummer war mündlich weitergegeben und von der Sekretärin prompt verwechselt worden. In fieberhafter Eile brachte sie die richtige Nummer zusammen und wählte noch einmal, aber der stellvertretende Direktor von San Quentin konnte ihr nur noch mitteilen, dass die Zyankalikugeln soeben gefallen waren.

      Im Vorraum der Gaskammer drängelten sich mittlerweile die Zuschauer. Zwei Drittel der Anwesenden im Zeugenraum waren Fernseh-, Radio- und Zeitungsreporter. Die Exekutionskammer ragte etwa zur Hälfte in den Zuschauerraum hinein. Sie hatte längliche Fensterhöhlen, durch die man hineinlugen konnte. Über der Eingangstür zu dem grün ausgelegten Zeugenraum hing ein Schild mit der Aufschrift RAUCHEN STRENGSTENS VERBOTEN, und an der Außenwand der Gaskammer befand sich ein Geländer mit der Warnung: ÜBERSCHREITEN DES GELÄNDES WIRD STRAFRECHTLICH VERFOLGT.

      Alle Beteiligten bekamen Sonderzulagen. Der Vorschrift entsprechend erhielt der Direktor in seiner Eigenschaft als hauptverantwortlicher Leiter der Hinrichtung einhundertfünfundzwanzig Dollar. Sein amtierender Stellvertreter bekam fünfzig. Die Wachen, die dafür verantwortlich waren, dass das Opfer sich friedlich und ohne Scherereien auf seinen Sitz begab, jeweils fünfundsiebzig. Und der Kaplan ebenfalls fünfzig.

      Erst СКАЧАТЬ