Tales of Beatnik Glory, Band I (Deutsche Edition). Ed Sanders
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СКАЧАТЬ sozusagen mitten rein. Zu der Zeit arbeitete ich grade aushilfsweise als Zeitungsreporter bei einem schnieken uptown-Nachrichtenmagazin — Stringer nennen sie solche Typen. Ich kassierte hundert Dollar für jeden Bericht, den ich ablieferte, und damals war das noch mehr als genug, um genügend Zeit zu haben, meinen »neuen Roman« fertig zu schreiben. Schließlich hatten die Kritiker mir in ihren Rezensionen ja mehr als einmal versichert, dass sie ganz wild darauf waren, ihn zu lesen. Na ja, jedenfalls war ich eines Nachts unterwegs und streunte in der Post-Hippie-Desaster-Gegend der Lower East Side herum — für eine dieser »Wo-sind-all-die-Blumen-hin«-Stories, ihr wisst schon. Tja, ich war also schon ganz schön wacklig auf den Beinen von meinen ausgiebigen Recherchen in der Pee Wee’s Bar und stolperte um zwei Uhr morgens die Avenue A entlang und auch an der alten Total Assault Cantina vorbei. John hatte mir erst kürzlich erzählt, dass im Keller immer noch ein paar Heuballen von dem Gras-Deal herumliegen müssten; also liftete ich die Metalldeckel, zündete ein Streichholz an und wankte die Treppe hinunter. Und das war’s dann auch schon. Nachdem ich erst mal die ganzen Wanzen und Ratten erledigt hatte, liebte ich diesen anheimelnden Keller gradezu. Ich beschwatzte den Vermieter, der mich für total übergeschnappt hielt und mir das Loch für neunundvierzig Dollar pro Monat überließ.

      Und ich wohne immer noch hier, möglicherweise sogar jetzt noch, wenn ihr die Story lest. Ich schreibe sie auf meiner uralten Schreibmaschine, die auf einem der vergangenheitsträchtigen Heuballen balanciert. Aber allmählich wird es Zeit für mein Abendessen. Und ich zieh los, drücke den scheppernden Eisendeckel auf und klettere hinaus auf die Straße. Dann geht’s rüber zur Pizzeria am St. Marks Place, und die Wühlerei in der Quelle aller Quellen beginnt: Es ist eine weiße Mülltonne aus Metall, mit einem runden Deckel obendrauf und einer glänzenden Aluminiumklappe. DRÜCKEN steht da drauf. Die Tonne steckt immer bis zum Rand voll mit vergammelten Resten von Pizzavierteln, die drüben in der Pizzeria in viereckige Fetzen Wachspapier eingeschlagen werden. Nicht zu vergessen ein gelegentlicher Schluck Traubensaft, der in einem zerquetschten Plastikbecher übriggeblieben ist.

      Im Allgemeinen ist es so, dass ich jeden Abend gegen sechs an der Pizza-Tonne zu Abend esse — falls es unter euch einen gibt, der früher auch in der Total Assault Cantina rumgehangen hat und vielleicht Lust drauf hat, mal vorbeizuschauen und in der Vergangenheit zu wühlen.

       CHESSMAN

      Er stellte das Radio an. Scheiße, die Nachrichten. Es war ein verbeultes Kofferradio, das er in einem leeren Schuhkarton aufbewahrte, und er brauchte sich gar keine Hoffnung zu machen, irgendwo auf den Frequenzen das zu finden, worauf er jetzt am meisten Bock hatte: ein bisschen Jazz nämlich oder ein paar Bläser.

       Caryl Chessman, der am 22. Mai 1948 in siebzehn von achtzehn Anklagepunkten überführt und der Entführung mit schwerer Körperverletzung, des Raubes, der Notzucht in zwei Fällen und des Autodiebstahls für schuldig befunden worden ist, wird am kommenden Montag um zehn Uhr morgens in der Gaskammer des San-Quentin-Zuchthauses in San Rafael, Kalifornien, ein paar Meilen nördlich von San Francisco, hingerichtet.

       Chessman ist unter dem Spitznamen Red Light Bandit bekannt geworden. Auf dunklen Landstraßen lauerte er im Umkreis von Los Angeles Liebespärchen auf, die er dann mit einem roten Scheinwerfer stoppte und überwältigte. Seine Opfer hielten ihn für eine Polizeistreife. In den zwölf Jahren, die er in der Todeszelle von San Quentin verbrachte, hat Chessman beharrlich seine Unschuld beteuert. Hier in San Quentin entstand auch sein Bestseller. Gouverneur Brown hatte kürzlich die Urteilsvollstreckung noch einmal um sechzig Tage ausgesetzt, um damit der Legislative von Kalifornien die Chance zu geben, ein Gesetz gegen die Todesstrafe zu erlassen. Diese Frist läuft jedoch in diesen Tagen ab, ohne dass ein neues Gesetz in Kraft getreten ist.

       Es sieht also ganz so aus, als ob Chessman am nächsten Montag tatsächlich eine Ladung Pfirsichduft in die Lunge geblasen kriegt ...

      Er stellte das Radio ab. Plötzlich setzten die Halluzinationen ein. Er phantasierte von Zyankalikugeln und Todesgas und kalte Schauer liefen ihm über den Rücken. »Armer Chessman«, brummte er. Er war immer noch leicht benebelt von der Meskalindosis, die er sich in der Nacht zuvor genehmigt hatte, und von dem schlaflosen Morgen danach mit den plötzlichen Energieausbrüchen, die er dazu benutzt hatte, endlich die Anfangszeilen von »Out of the Cradle Endlessly Rocking« auswendig zu lernen. Das Beste wäre wohl, rauszugehen und ein wenig frische Luft zu schnappen. Kurz darauf schlenderte er die Vierte Straße entlang in Richtung Tompkins Square Park. Irgendwo unterwegs lief ihm dann Scoobie über den Weg und überredete ihn, mit rüber zur West Side zu kommen, wo sie bei J. A. was zu futtern abstauben könnten. Das J. A. am Sheridan Square war damals eine ziemlich populäre Schnorrerkneipe, da, wo heute die Prudential Savings Bank steht. Beide hatten den weitausholenden, eiligen Hipstergang ihrer Epoche drauf; es war schon fast im Laufschritt, wie sie jetzt nebeneinander über die kurzgeschorene Wiese marschierten, die East und West Side voneinander trennte.

      Als sie am Sheridan Square an einer Buchhandlung vorbeikamen, drückte jemand Sam ein Flugblatt in die Hand, das zu einem Protestmarsch gegen Chessmans Hinrichtung aufrief. Er sollte am nächsten Tag stattfinden, vom Columbus Circle bis hinunter zum Washington Park führen und schließlich mit einer Massenkundgebung an der Judson Memorial Church enden.

      Sam ließ das Flugblatt sinken. Scoobie stand dicht neben ihm und blies ihm auf dem Trichter einer eng zusammengerollten Zeitung ein kompliziertes Solo ins Ohr. »Also weißt du, Scoob — ich glaube, wir sollten morgen für Chessman mitmarschieren.« Und damit stopfte er sich das Flugblatt in die Tasche.

      Jahrelang hatte er über den Fall Chessman gelesen. Und nach Hunderten von Zeitungsartikeln und Radioreportagen war es immer noch ziemlich schwierig rauszukriegen, was Chessman denn nun eigentlich verbrochen hatte und warum man ihm mit aller Macht diesen letzten Atemzug verpassen wollte. Es war ungefähr so, als wenn man in den fünfziger Jahren versuchen wollte, durch das Studium des Arizona Republic rauszufinden, was Robert Oppenheimer denn nun exakt getan hatte, um seine politische Glaubwürdigkeit zu verlieren.

      In Chessmans Fall steckten die Zeitungen voller mysteriöser Contra-naturam-Andeutungen, lauter Geschwafel über die »unmenschlichen Akte«, zu denen der Red Light Bandit seine Opfer gezwungen haben sollte. Eine ganze Menge hatte mit dieser Tante zu tun, die später in der Irrenanstalt landete, angeblich weil Chessmans Perversionen sie in geistige Umnachtung gestürzt hatten.

      Chessman war nach einem Gesetz zum Tode verurteilt worden, das während der zwölf Jahre, die er in der Todeszelle verbracht hatte, abgeschafft worden war, und deshalb, so folgerte Sam, sollte er jetzt im Namen einer reinen Halluzination vergast werden. War es denn tatsächlich möglich, dass der Staat Kalifornien Hunderte und Tausende von Dollar zum Fenster rauswarf, um ein Todesurteil zu vollstrecken, das man ihm damals verpasst hatte, bloß weil er dieses durchgedrehte Weibsbild gezwungen hatte, ihm einen abzukauen?

      Ein weltweiter Sturm der Entrüstung erhob sich gegen die bevorstehende Hinrichtung. Der Papst war außer sich. Die ausländische Presse tobte. Tausende von Briefen und Petitionen setzten die kalifornische Regierung unter Druck und protestierten gegen diese kleine achteckige Gaskammer aus Metall. Andererseits war die Meinung von Sams Schwager wiederum typisch für die meisten Pseudoliberalen von New York: »Tja ... sicher sollte die Todesstrafe abgeschafft werden. Das steht ganz außer Frage. Allerdings muss man sich aber auch mal klar darüber werden, dass Chessman nicht zum Testfall für die Abschaffung werden darf. Chessman ist ein Atheist. Ein Unhold!«

      Aber die Hoffnung lässt sich nicht so leicht unterkriegen. Am selben Nachmittag, als Sam und Scoobie von der Lower East Side zum Sheridan Square rübergingen, um sich was zu essen zu besorgen, hatte drüben an der Westküste Stuart L. Daniels in der Todeszelle eine Unterredung mit dem Autor. Daniels war der Verleger von Prentice Hall, wo Chessman seine erfolgreichen Bücher publiziert hatte. Als die Reporter den Verleger СКАЧАТЬ