Tales of Beatnik Glory, Band I (Deutsche Edition). Ed Sanders
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СКАЧАТЬ sie erinnern mich immer an Vogelscheuchen. Normalerweise besteht meine Nahrung aus Abfallresten. Aber manchmal gehe ich auch rüber ins Armenhaus und staube da was ab. Wenn ich mich hier beim Schreiben so umschaue, kann ich nichts entdecken, was auch nur einen Schimmer von Hoffnung ausstrahlt. Nur Dreck, nur Gangster, die sich auf Algenfarmen verkriechen und damit die Erde umkreisen, traurige Überbleibsel vergangener Zeiten. Meine Zeitungen beziehe ich gewöhnlich aus der nächsten Mülltonne. Meistens sind sie mit einer schleimigen Schicht oder Eigelbflecken überzogen, und wenn sie trocken sind, strecke ich mich auf dem Fußboden aus, um sie zu lesen. Und alles kotzt mich an. Alles ist so sinnlos. Keine Sprossen mehr auf der weißen Leiter der Reinheit — nur die zwei Pfosten links und rechts sind übrig geblieben, die Sprossen zerschlagen und in alle Winde zerstreut. Und diese Pfosten liegen schwer auf den Schultern der Trauernden, wenn sie die schlaffen Reste enttäuschter Hoffnungen zurückschleppen ins Elend.

      Mein Vermieter ist ein verlauster alter Gangster. Gnadenlos erhöht er in regelmäßigen Abständen die Miete für meinen Keller. Ich wünsch ihm nur, dass es ihn eines Tages mitten in der Rush Hour erwischt! Ach was, soll er leben. Was kümmert’s mich. Ist doch eh alles egal. Die Milchstraße bringt’s auch nicht. Und solange die KZ-Scheinwerfer nicht gerade in die Fenster meines feuchten Kellers strahlen, ist mir sowieso alles schnuppe. Grex ist das lateinische Wort für Pöbel. Grex Hex Sex Speck Fleck.

      Ich habe mir schon mal ausgemalt, wie es wäre, langsam auseinanderzufallen und mich nur noch kriechend fortzubewegen. Mir vielleicht Rollschuhe unter Arme und Beine zu schnallen und mich mit kleinen Holzpaddeln vom Pflaster abzustoßen. Aber sie würden mich garantiert einkassieren. Jedenfalls wäre das drin. Und ich kann mich noch gut erinnern, was Judith Malina mir schon vor vielen Jahren geraten hat: Machs’ nie allein, sondern such dir immer einen, mit dem du dich zusammentun kannst.

      Ich will euch eine Beschreibung meines Kellers geben. Ich habe ihn mir genau eingeprägt und das fotografisch getreue Abbild in der Vorstellung meiner Erinnerung ist so weit von der Realität entfernt, dass ich plötzlich mit Anflügen von Zärtlichkeit darüber erzählen kann. Er ist schmutzig, feucht und strotzt vor Kakerlaken. Die zwei Fensterritzen oben an der Wand zur Straße hin sind sehr schmal und sehen von außen genauso aus wie die kleinen Kanaldeckel aus Metall, die man auf den Bürgersteigen von New York findet. Schwere Füße stampfen über meine Metalltüren. Manchmal stelle ich mich auf einen Stuhl und kann sogar die Beine der Passanten beobachten. Wenn ich es wärmer haben will, brauche ich bloß die Tür vom Heizungskeller aufzumachen und schon erstickt ein heißer Luftstrom alle Kälte. Über den Fußboden gibt es eigentlich nichts zu berichten, außer dass man beim Betonieren offenbar vergessen hat, den Brei richtig platt zu walzen. Er steckt voller Blasen und Höcker, stinkt nach fünfzig Jahren Kohlestaub und hat überall Flecken von den schmierigen Überresten meiner Beutezüge.

      Früher galt ich mal als vielversprechender junger Schriftsteller. Die Kritiker pflegten dem Erscheinen meines »neuen Romans« mit Spannung entgegenzusehen. Heute verstauben diese Werke in meinen Kellerregalen. Aber ich hatte ja sowieso nicht viel zu sagen, außer dass ich die Rebellen aufforderte, aus ihren Löchern zu kriechen, sich zu stellen und zu kämpfen. Und nun halten vergammelte, mit Spinnweben überzogene Ringbücher die Seiten meiner Jugend zusammen. Was war es nur? Es war eine bittere Mischung, Brüder und Schwestern. Und die Zeit hilft dir keinen Deut weiter. Hoffnungslose Ruhe. Stille Verzweiflung. Ruhe! Ich schrie, bis sie sich auf die Straße knieten und durch die Ritzen in meinen Keller linsten. Dann lag ich still. Vielleicht wäre es doch besser, in die öffentliche Bibliothek von New York zurückzukehren und die Arbeit an meiner unersetzlichen zehnjährigen Untersuchung über diesen widerlichen Narko-Hypno-Robo-Schwindel unserer Zivilisation wieder aufzunehmen? Ach was, vorbei!

      Ich gehe grade meine Aufzeichnungen durch. Und sobald ich sie einigermaßen in Ordnung gebracht habe, suche ich mir eine Universität, die sie annimmt, und dann werde ich vielleicht Gras fressen und auf den Landstraßen von Amerika herumziehen — hier eine Plastikdose mit einem verschimmelten Rest Kartoffelsalat auflesen und dort eine Blechdose mit einem übrig gebliebenen Zwiebelring oder einen kleinen Beutel Tomatenketchup, den jemand vergessen hat. Und dann werden wir tanzen, Brüder und Schwestern, dann erklingen von Neuem die Trompeten und Saxofone.

      Eine purpurne Traube glänzt zwischen Daumen und Zeigefinger von Dionysos. Und eine Olive in der Hand von Demeter. Aber was die Faust des Monsters hier auf der Titelseite umklammert, ist das Siegel des Roboterkriegs. Und dieses Monster lässt mich nicht mehr los und verfolgt mich bis in meine Träume.

      Da drüben liegt übrigens auch noch ein alter Heuballen, mit einer schwarzen schmierigen Rußschicht überzogen, aber der Packdraht hält ihn immer noch zusammen. Zwölf Jahre liegt das Ding jetzt schon hier rum, genauer gesagt seit 1961. Immer wenn ich mich draufsetze und lesen will, muss ich lachen. Denn er erinnert mich an die Total Assault Cantina und wie wir vor zwölf Jahren eine ganze Ladung Gewehre in den East River geschmissen haben, die eine Bande von rechtsradikalen Kanaken in die USA geschmuggelt hatte. Hahaha. Tja, das waren noch Zeiten.

      Also, passt auf, die Kneipe lag genau über dem Keller, in dem ich jetzt wohne, mit anderen Worten auf der Ecke Avenue A und Elfter Straße. Aber fangt jetzt bloß nicht an, hier nach irgendwelchen Resten der Total Assault Cantina zu buddeln, das Gebäude ist nämlich schon vor Jahren völlig ausgebrannt. Als die Kneipe dichtmachte, benutzte die Mafia die Räume ein paar Jahre als Lager für Jukeboxen. Eines Tages ließen sie alles in Flammen aufgehen und kassierten von ihrer Versicherung ein Schweinegeld.

      Wir flippten völlig aus an der unverständlichen Freiheit, die die Zivilisation uns in den frühen sechziger Jahren zugestand. LSD lag noch in weiter Ferne, doch schon damals steckten wir voller Energie und Begeisterung. Wir waren wandelndes Mutterkorn. Und keinen hatte es in diesen Tagen so wild gepackt wie die beiden Manager der Total Assault Cantina. Sie hatten einen Riecher für das, was uns fehlte. Sie brannten geradezu darauf, für die sozialistische Revolution zu kämpfen. Sie schlugen die Fäuste auf den Tisch und machten alle möglichen Pläne, wie man den gewaltlosen Kampf am besten unterstützen konnte. Beide waren zu der Zeit Anfang zwanzig und beide waren in New York aufgewachsen. John McBride war ein nervöser drahtiger Bursche mit einem dicken roten Schnurrbart und kurz geschorenem rotbraunen Haar. Paul Stillmann war ruhiger, nachdenklicher; er trug sein Haar nach hinten gekämmt und im Nacken zusammengebunden.

      Gemeinsam betrieben John und Paul das Total Assault, ein Nonprofitunternehmen, das sich voll und ganz der Aufgabe verschrieben hatte, wie Piranhas im Dschungel die Leichen von J. P. Morgans Neo-Anhängern durch einen Sumpf von Speed zu hetzen. Ihre Begeisterung stürzte sie in immer neue Abenteuer, in waghalsige Tänze auf einem gefährlich dünnen Seil aus Jointclips — und so war ihr Weg auf der einen Seite gesäumt von Ghandis Ahimsa und auf der anderen von erbitterten Straßenkämpfen und der gewaltigen Revolte einer potenziellen New Yorker Kommune. Denn im intellektuellen Zweikampf um die Frage der Taktik prallten die Persönlichkeiten der beiden Manager vom Total Assault voll aufeinander. Beide kämpften zwar für die Zertrümmerung des Fernsehturms da oben auf dem Empire State Building, nur ihre Methoden deckten sich nicht ganz. Es war so was wie ein Duell zwischen Anarcho-Mao und Anarcho-Tao. Der Budda-budda-budda-Sound von Johns Maschinengewehren verwandelte sich bei Paul in den Buddha-Buddha-Gesang friedlich demonstrierender Rebellen. So wie es im Moment stand, waren allerdings beide davon überzeugt, dass unmittelbare, spontane Straßenaktionen der einzig richtige Schritt auf dem Weg zur Revolution sein würden.

      Sie hatten schon mal ein Café gehabt, ein winziges Ding auf der Neunten Straße zwischen Avenue B und C. Es hieß Cantina de las Revoluciones. Etwa ein Jahr schafften sie es, sich damit über Wasser zu halten, mussten am Ende aber doch zumachen, weil sie total pleite waren und überall Schulden hatten. Dann entdeckten sie ein größeres Lokal auf der Ecke Elfte Straße und Avenue A, ein ganzes Erdgeschoss, und ein Hinterhof gehörte auch noch dazu. Die Miete: hundert Dollar im Monat. Es war der Himmel auf Erden.

      Aber es dauerte nicht lange und die Lizenzinspektoren tauchten auf. Und das bedeutete unweigerlich Stunk, denn John und Paul scherten sich einen СКАЧАТЬ