Wie Splitter aus fernen Träumen. Frank Westermann
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Название: Wie Splitter aus fernen Träumen

Автор: Frank Westermann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Andere Welten

isbn: 9783862871841

isbn:

СКАЧАТЬ und Zukünftiges zu erahnen. Doch irgendwann war mir auch die Freude daran vergangen, meine Phantasie war erloschen, der Funke verglüht.

      Und ausgerechnet in dieser Lage hatte ich eine Beziehung mit Julie angefangen, die ich kurz vor Ausbruch der Revolution in Neu-Ing kennengelernt hatte.

      Ich bildete mir ein, endlich einen Menschen gefunden zu haben, der sich voll und ganz auf mich einließ, so wie ich mich auf Julie einließ. Ich durchstieß alle meine Barrieren, wischte alles zur Vorsicht mahnende Geflüster in meinem Hinterkopf beiseite, ließ mich ganz tief fallen – und lief prompt in die Falle. Ich lernte Gefühle kennen, von denen ich nie für möglich gehalten hätte, dass sie in mir schlummerten – der Aufschlag auf den Granitboden der offiziellen Realität war umso härter.

      Und ich versank. Mein angeschlagenes Selbst hatte sich vollständig in Julie verloren, sich aufgelöst, der letzte Rest Selbstbewusstsein war erloschen. Ich hatte alle meine Sehnsüchte in sie hineinprojiziert, krallte mich an ihr fest, wollte alles von ihr und von niemand anders, nichts galt mir mehr etwas, alles andere wurde zusehends unwichtiger. Und das mir, wo ich doch feste Zweierbeziehungen immer abgelehnt hatte! Das war eben der Unterschied zwischen Theorie und Praxis.

      Ich versuchte anfangs, die Unterschiede wegzuwischen, die Zeichen zu übersehen, die mir eindeutig verrieten, dass Julie nicht in diese Art Liebe verfallen war. Natürlich nützte das Wegsehen und -hören nichts, die Realität holte mich schnell genug ein. Ich sah, was auf mich zukam, aber dieses Wissen nützte mir nichts, es änderte nichts, ich konnte nicht mehr zurück, weil mir nichts mehr etwas bedeutete. Rückkehr hieß Tod. Und so schob ich sie auf, die Rückkehr. Es kam zu verzweifelten Kämpfen und dauernden, angespannten Situationen. Wir versuchten beide mit aller Kraft, die Lage in den Griff zu bekommen, eine Ebene zu finden, die sowohl meine als auch ihre Gefühle berücksichtigte, und alles immer in der Ungewissheit, ob das alles überhaupt noch einen Sinn hatte und wie es am nächsten Tag weitergehen würde.

      Irgendwann fiel uns nichts mehr ein, und Julie löste es auf ihre Weise: sie beschloss aufs Land zu ziehen. Eine Entscheidung, die ich gut nachvollziehen konnte, denn ich wusste, dass das Landleben schon immer ein – früher unerfüllbarer – Wunsch für sie gewesen war. Sie wäre verrückt gewesen, hätte sie diese Chance nicht wahrgenommen, jetzt, wo sich Menschen fanden, die ebensolche Bedürfnisse äußerten, und die Möglichkeit bestand, dort auch leben zu können ohne entfremdete Arbeit und den Stress des Geldverdienen-Müssens. Auf den Südlichen Inseln gab es genug freies Land, auf dem es sich zu leben lohnte.

      Es war unausgesprochen klar, dass damit unsere Beziehung zu Ende war. Wir wussten ja auch beide nicht mehr, wie es weitergehen sollte.

      Und ich Idiot, warum blieb ich hier in dieser Riesenstadt, die so viele zerstörerische Erinnerungen barg? Aber ich konnte meiner Vergangenheit nicht davonlaufen, hatte kein Gespür für Natur, kein heimliches Bedürfnis nach einer Landidylle. Brauchte ich die Kaputtheit von Neu-Ing, die Kneipen, das Tri-Di und anderen Lebensersatz so sehr?

      Es entstand eine Zukunft, in der ich mich ebenso wenig zuhause fühlte wie in der Vergangenheit, und in der Gegenwart konnte ich schon gar nicht leben.

      Der Schock der Trennung von Julie, dieser Sturz in die absolute Leere hatte mir den Rest gegeben. Tagelang lief ich mit umnebelten Gehirn durch die Straßen, immer den Tränen nahe, mal volltrunken, mal apathisch irgendwo rumsitzend. Ich war leer, ausgebrannt, die Trauer, das Selbstmitleid hatten mich überwältigt, und es gab nichts und niemanden, auf den ich mich stützen konnte. Wie auch, wo ich mich selbst so vollständig verloren hatte?

      Und an diesem Punkt wurde mir das Angebot gemacht.

       3.

       Schlüssel zur Macht

      Er war der Kommandant. Diese Bezeichnung drückte alles Notwendige aus. Sie machte ihn zum Herrscher über 370 Einzelwesen, zum absoluten Befehlshaber, zum Richter und Henker, Förderer, Kriegsherrn und Priester – und zum einzigen, der befugt und in der Lage war, die Tresor-Kammer zu öffnen.

      Es war kein langes Ritual erforderlich, seine Anwesenheit genügte, sein Wunsch ließ den Energievorhang, der die Kammer von der tristen Umgebung des kahlen Korridors abtrennte, in sich zusammenfallen.

      Der Kommandant dirigierte seinen glänzenden, faserigen Körper bis in die Mitte des Raumes und ließ von dort den Anblick auf sich einwirken. Er hatte nicht gezählt, wie oft er diesen Platz in den letzten Spannen seiner Zeitrechnung aufgesucht hatte, aber jedes Mal erfasste ihn wieder eine Woge von Triumph, wenn er in dem mattschimmernden Licht schwebte.

      Er bildete sich auch nicht ein, die Funktionen der einzelnen Teilstücke der Apparatur zu durchschauen, und er wusste nicht auf welche Weise sie sich eines Tages, wenn sie vollständig war, zusammensetzen würde. Aber dass sie es tun würde, war ihm so klar wie seine eigene Position an Bord des Flaggschiffes der 14. Invasionsflotte des Slayn Dran Imperiums.

      Die Teile waren von unterschiedlichster Konsistenz, Größe, Farbe und Aussehen. Vor ihm drehte sich langsam ein zylindrischer, langgezogener Körper, der ein helles Zirpen von sich gab. Daneben hatte sich ein kleiner, weicher Ball mit stacheligen Auswüchsen platziert, der sich so langsam bewegte, dass es kaum wahrzunehmen war.

      Insgesamt handelte es sich um 18 Teilstücke, und der Kommandant erinnerte sich an die Geschichte jedes einzelnen, denn er hatte sie alle selbst aufgespürt. Manche waren leicht zu entdecken und einzufangen gewesen, andere hatten seinen Bemühungen lange Zeit getrotzt, und, wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass er einige Male nahe daran gewesen war, die Suche aufzugeben.

      Aber schließlich hatte er es doch immer geschafft, und die Jagd nach den Teilen war zum Sinn seines Lebens geworden. Alle seine Gedanken kreisten um dieses Thema und um die Belohnung, die ihm winkte, wenn die Apparatur jemals vollständig sein würde. Der Preis war die totale Hingabe, ja Aufopferung für diese Sache, wobei der Verlust von Lebewesen und Material nur eine nebensächliche Randerscheinung für ihn darstellte. Er war gern bereit gewesen, diesen Preis zu zahlen. Doch dann, in dem Moment als ihm nur noch ein Teilstück fehlte, ein Teil zum Gewinn unglaublicher Macht, hatte ihn das Jagdglück verlassen.

      Sein zentrales Sinnesorgan verdunkelte sich bei diesem Gedanken. Er hatte gehofft, hier am Ort seiner Siege neuen Mut zu finden. Das Gegenteil war eingetreten. Die Tresor-Kammer erinnerte ihn an seine einzige, aber entscheidende Niederlage: es war in den letzten Zeitabläufen nicht gelungen, das Signal des letzten Teilstücks aufzuspüren.

      Wie lange hatte er gewartet, vor den Geräten geschwebt und in den unendlichen Weltraum gehorcht. Nichts. Das Signal war nicht eingetroffen, egal welche Frequenzen sie abgehört hatten.

      Ewigkeiten schien ihm das jetzt her, Ewigkeiten des Wartens, des Nichtstuns, der Frustration.

      Aber ich habe nicht aufgegeben, dachte er, und sein Körpergespinst krampfte sich zusammen. Ich habe einen anderen Weg gefunden. Und dieser Weg wird es mir schließlich auch ermöglichen, andere Realitäten zu erreichen und zu manipulieren. Auf diesem Planeten würden seine Träume auch ohne die Apparatur wahr werden, auch wenn es ein Umweg war, den zu beschreiten wieder so lange Zeit gedauert hatte. Es war schwer für die Spezialisten gewesen, sich auf die neuen Bedingungen einzustellen, doch nun standen sie kurz vor dem Durchbruch.

      Planet der roten Sonne, so wurde die Welt von ihren Bewohnern, dem sogenannten Magischen Volk genannt. Ein Planet als Schnittstelle für Realitätsebenen, eine letzte Chance für ihn.

      Aber trotz des bevorstehenden Erfolges musste er sich, mehr als er wollte, beeilen, denn seine Vorgesetzten waren misstrauisch geworden. Und das mit Recht, СКАЧАТЬ