Название: Wie Splitter aus fernen Träumen
Автор: Frank Westermann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Andere Welten
isbn: 9783862871841
isbn:
Das Molandos war eine Art Gemeinschaftswesen und gleichzeitig das einzige Lebewesen dieser Realität, mit dem eine Verständigung möglich war. Es hatte einen seiner Ausläufer zu einer Art Höhle verbreitert, die mit allen möglichen Utensilien ausgefüllt war, um es allen Abgesandten recht zu machen. Die Realitäts-Schnittstelle befand sich genau innerhalb dieser Höhle.
Die Wahl dieses Versammlungsortes war sehr glücklich gewesen, denn er war sowohl von fast allen bekannten Realitäten aus zu erreichen und andererseits war das Molandos dazu in der Lage, sich fast allen Gegebenheiten anzupassen. Das Molandos konnte sich selbst zwar nur sehr schwer verständlich machen, denn es unterschied sich zu sehr von allen bekannten Gemeinschaften, aber es verfolgte alles und konnte sich auf Wünsche und Bedürfnisse der Abgesandten einstellen.
Irrlicht huschte zu seinem gewohnten Platz hinüber. Er flackerte nun wieder rhythmisch und freudig, alle Anzeichen innerer Spannung waren von ihm abgefallen.
Der Platz neben ihm war schon besetzt, vielleicht schon länger, denn genaue Ankunftszeiten konnten nie eingehalten werden. Dort saß Hat-keine-Augen mit übergeschlagenen Beinen auf einem Kissen. Der Materie-Magier war der Abgesandte des Magischen Volkes. Er war einer der ersten gewesen, die damals angesichts der drohenden endgültigen Niederlage noch die Initiative ergriffen hatten. Er nickte Irrlicht freundlich zu, der aus den vorausgegangenen Begegnungen wusste, was diese Geste bedeutete.
Auch die meisten anderen der bereits Anwesenden erkannte er wieder. Es handelte sich fast immer um die gleichen Botschafter, und in der vergangenen Zeitspanne hatte sich eine Art Zusammengehörigkeitsgefühl unter ihnen entwickelt trotz der Vielfalt der Lebens- und Erscheinungsformen. Anfangs war eine Verständigung natürlich schwer gewesen, da alle aus höchst unterschiedlichen sozialen und kulturellen Zusammenhängen stammten, aber der Wille und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit hatte sie schließlich verbunden.
Die Prexter, ein hochtechnisiertes Volk, hatten schließlich, nachdem sich dieser Völkerzusammenschluss endgültig gebildet hatte, adäquate Übersetzungsgeräte geschaffen, die nun zumindest eine reibungslose verbale Verständigung erlaubten. Auch heute standen diese Geräte vor den Plätzen der Abgesandten, und der Bote der Prexter war dabei, die letzten Justierungen und Feinabstimmungen vorzunehmen.
Irrlicht sah, dass die Runde fast vollständig war. Er hatte heute den Vorsitz und war jetzt doch ziemlich aufgeregt, da abzusehen war, dass es diesmal zu weitreichenden Entscheidungen kommen würde.
Die Ankunft der restlichen Delegierten konnte sich noch lange hinauszögern, und so beschloss er nach kurzer Wartezeit die Diskussion zu eröffnen. Er erteilte zunächst Hat-keine-Augen das Wort, damit der Materie-Magier über die aktuellen Entwicklungen in der bedrohten Realitätsebene berichten konnte.
Wie er vermutet hatte, steuerte alles auf einen kritischen Punkt zu. Die Wissenschaftler der Slayn Dran machten sich daran, in die Funktionen der Kontrolltürme einzugreifen. Und damit waren endgültig auch alle anderen Realitäten, die von den Schnittstellen aus zu erreichen waren, bedroht. Die Gefahr beschränkte sich nicht mehr, wie vorauszusehen war, allein auf das Magische Volk.
Dies war allen Zuhörern sofort einsichtig, denn es war einer der entscheidenden Gründe gewesen, warum es überhaupt zu dem Völkerzusammenschluss gekommen war. Es blieb nur noch die Frage offen, wie die Entscheidungen der betroffenen Völker, Einzel- und Gemeinschaftswesen ausgefallen waren. Lange Debatten waren nicht mehr nötig, die Wenns und Abers waren in früheren Sitzungen besprochen worden. Allen war einsichtig, dass es sich hier letzten Endes um eine reine Überlebensfrage handelte. Eine Manipulation der Realitätsstrukturen konnte schlimmstenfalls zum Untergang aller Lebewesen dieser Realitäten führen.
Wenn noch rechtzeitig gehandelt werden sollte, war es nötig, sofort zuzuschlagen. Auch diese Entscheidung erfolgte nahezu einstimmig, und die wenigen Zauderer schlossen sich bald an. Nur zwei Abgesandte hielten dies für einen grundsätzlich falschen Beschluss und verließen die Versammlung.
Weitaus umfassender wurde anschließend darüber diskutiert, wie sich dieses Zuschlagen am besten bewerkstelligen ließ. Doch auch darüber wurde schließlich in groben Zügen Einigkeit erzielt und so konnte sich Irrlicht mit einem fast euphorischen Gefühl auf den Heimweg begeben.
Standin’ by the window
Balance at the brink
Kiss another bottle
Sink another drink
Throw away the feeling
Throw away the pill
If the bottle doesn’t get me
the thinking will.
Lights shining bright
what’s it like in the light
It’s easy to believe lights in the night.
Flash and the Pan - »Lights In The Night«
2.
Flucht ohne Ausweg
War es wirklich nur die Angst, die mich trieb, diesen Weg zu gehen? War es wirklich so einfach, alles auf diese Formel zu reduzieren? Und was sagte das schon aus? Angst ... Angst vor dem Leben, Angst vor der Realität, Angst vor Menschen ... sich nichts mehr zutrauen, das Selbstbewusstsein oder das, was man dafür gehalten hat, schwindet, als ob mir die Lebenskraft ausgesaugt wird.
Ich weiß nicht mehr, wer ich bin – aber habe ich das jemals gewusst oder habe ich immer nur ein Abziehbild, eine Schablone von mir gesehen? Ein Bild, bei dem alle dunklen Flecken wegretuschiert waren, eine Folie zum handlichen Gebrauch für jede/n – vor allem für mich selbst.
Die Welt um mich herum war komplizierter geworden, schwieriger zu durchschauen, komplexer zu begreifen, weil ich mich selbst nicht mehr durchschaute, alles in Frage stellte und dazu neigte, bei jedem geringen Anlass in Melancholie oder Depression und Resignation zu versinken.
Plötzlich waren ein paar Eckpfeiler meines Wissens über mich selbst ins Wanken geraten, und in der Folge davon zweifelte ich an meiner gesamten Lebensweise und meinen Lebensinhalten. Sachen, die mir früher Spaß gemacht, mir einen Sinn gegeben hatten, wurden wertlos und hohl. Und obwohl es Neues im Überfluss zu entdecken gab, schaffte ich es nicht, dies in mein Mosaik einzubauen. Musste ich vielleicht erst das ganze Bild von mir radikal zerstören? Und dann? Würde sich dann wirklich eine neue Struktur herstellen oder nur ein schwarzes Loch, eine gähnende Leere Zurückbleiben?
Und das alles musste ausgerechnet zu einem Zeitpunkt passieren, wo alle anderen neuen Mut schöpften, die langen Anstrengungen endlich einen Lichtstreif am Horizont hervorgebracht hatten. Das Leben schien doch wieder einfacher, sinnvoller, die Belohnung für Mühsal und Aufopferung stand bevor. Die Menschen atmeten auf, mussten endlich nicht mehr tagtäglich um ihr Überleben bangen, eine neue Zukunft stand vor der Tür und versprach zumindest bessere Zeiten als früher. Hoffnungen und Wünsche, die längst begraben schienen, tauchten aus ihren Verließen empor, es wurde gelacht und gefeiert, wirkliches Leben war spürbar, СКАЧАТЬ