Die Odyssee eines Outlaw-Journalisten. Hunter S. Thompson
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СКАЧАТЬ Juan, Puerto Rico

      Mr Hunter Thompson

      2437 Ransdell Avenue

      Louisville, Kentucky

      Freund Hunter:

      Sie sind vermutlich nicht so toll, wie Sie denken, und nur halb so verstiegen, wie Sie den Anschein erwecken.

      Der Punkt ist: Wir haben uns überlegt, Ihre Dienste vorübergehend in Anspruch zu nehmen – allein auf Grundlage Ihrer Entertainerqualitäten. Ein müde lächelnder Schreiberling wäre dafür sowieso nicht in Frage gekommen. Dann haben wir uns die Zeilen auf dieser Bronzetafel angesehen, und Sie wurden immer kleiner, Hunter. Immer kleiner.

      Allerdings nur als Angestellter.

      Wir sind immer noch bereit, Sie so zu sehen, wie Sie sich selbst sehen – als umtriebigen Experten in Sachen Niedergang des amerikanischen Journalismus’. Und deshalb machen wir Ihnen folgendes Angebot.

      Wenn Sie bereit sind, sich Zeit zu nehmen, um Ihren Unmut über den Journalismus in Amerika auf, sagen wir, drei doppelspaltigen Seiten darzulegen, bringen wir das in der ersten Ausgabe, die nach aktuellem Stand am 2. November erscheint. Wir bezahlen Sie nach regulärem Zeilenhonorar, das allerdings erst noch festgelegt werden muss.

      Um klar zu machen, was der Hintergrund für Ihren Beitrag ist, möchten wir Auszüge des Briefwechsels abdrucken, der dem Beitrag vorausgegangen ist; deshalb benötigen wir auch Ihre Einwilligung, Ihre Briefe verwenden zu dürfen.

      Sie können in dem Artikel so kontrovers sein, wie Sie es sonst normalerweise auch sind.

      Nur quatschen Sie keine Opern. Wir erscheinen im Tab­loid-Format.

      Es könnte nun der Gedanke aufkommen, dass Ihre Geringschätzung unserer noch nicht einmal erschienenen Publikation Sie von einer Zusammenarbeit abhält. Doch mir fiele auf Anhieb keine andere Zeitung ein, die Ihnen eine solche Gelegenheit bieten würde; wenn Sie es also ernst meinen mit dem Niedergang des Zeitungswesens, legen Sie los oder halten Sie die Schnauze.

      Mit därmlichen Grüßen

      William J. Kennedy

      Geschäftsführender Redakteur

      AN WILLIAM KENNEDY, SAN JUAN STAR:

       Das ist der Beginn einer Korrespondenz, die fast vierzig Jahre andauert.

      10. September 1959

      2437 Ransdell Ave.

      Louisville 4, Kentucky

      Mein Freundchen! Sie wollen also sagen, die Sache mit der Bronzetafel hat Sie genervt? Teufel, ich dachte, das wäre der beschwingteste Absatz, den ich seit Jahren geschrieben hätte. Mann, ich meine: Das war doch plas­tisch!

      So viel dazu. Ich kann es nicht anders sagen, Freund Kennedy, Ihr Brief hat mir Spaß gemacht. Das ist eine verrückte kleine Korrespondenz, die wir hier am Laufen haben, mein Lieber, und ich weiß nicht, ob ich lieber lachen oder weinen soll. Sogar Ihr erster Brief hat mir gefallen, und es war mir ein großes Vergnügen, eine Antwort darauf zu liefern. Es sind Verbindungen wie diese, die unser kurzes Leben ausmachen.

      Ihr arrogantes Angebot jedoch stimmt mich nachdenklich. Wenn Sie es ernst meinen – und das heißt ernst genug, um zu glauben, ich würde einen definitiven Essay zum Thema »Der Niedergang der amerikanischen Presse« auf drei doppelspaltigen Seiten in Angriff nehmen –, dann muss ich davon ausgehen, dass Ihr hoffnungsloser Optimismus nur noch übertroffen wird von der erschreckenden Unfähigkeit, den Umfang oder wahlweise die Tragweite des Themas zu erkennen, das ich abhandeln soll. Sie sind sich mit Sicherheit bewusst, dass der »Niedergang« der Presse seine Wurzeln in der psychopathisch anmutenden Selbstgefälligkeit der amerikanischen Öffentlichkeit hat … wofür nahezu ausnahmslos die unangemessenen Einrichtungen für Bildung und Erziehung die Schuld tragen … wofür wiederum maßgeblich die Presse verantwortlich ist … und worunter sie jetzt selbst leidet, da aus Zeitungsleuten eine Brut unbrauchbarer Schreiberlinge und Klatschreporter geworden ist … und immer so weiter in diesem allzu vertrauten Teufelskreis, der letztlich nur durchbrochen werden kann, wenn zugleich das größte und hoffnungsvollste politische Experiment in der Geschichte der Menschheit scheitert …

      So, nachdem ich das losgeworden bin und davon ausgehe, dass die Presse von heute mit »abstrakten Verallgemeinerungen« nichts anzufangen weiß, kann ich es noch einmal anders versuchen und nehme an, dass Ihr Angebot auf Ihren nicht zu leugnenden Sinn für Humor gründet; und dass Sie in der ersten Ausgabe nur einen plappernden Beatnik in die Mangel nehmen wollen, der die lächerliche Frechheit besitzt, vor allem nach einer Arbeit zu suchen, bei einem ganz heißen neuen Blatt wie dem San Juan Star.

      Glücklicherweise spielen in diesem Fall Ihre Motive für mich keine große Rolle. Ich würde diesen Artikel gerne schreiben, egal ob Sie ihn nehmen oder nicht, und ich würde es auf einen Versuch ankommen lassen. Wenn ich Zeit finde und ich die Geschichte zu meinem eigenen Vergnügen schreiben kann, schick ich Ihnen den Artikel noch vor dem 1. Oktober. Was Sie dann damit machen, ist Ihre Sache. Und wegen meiner Briefe – ich habe, sollte ich den Artikel schreiben, keine Einwände, dass sie erscheinen. Auf jeden Fall werde ich mich in naher Zukunft wieder bei Ihnen melden, entweder um den Artikel zu schicken oder Ihnen mitzuteilen, warum ich es nicht tue.

      Bis dahin verbleibe ich

      kontrovers,

      Hunter S. Thompson

      AN WILLIAM KENNEDY, SAN JUAN STAR:

      Während er sich in seinem alten Zimmer verschanzt, um an Prince Jellyfish zu feilen, nimmt sich Thompson die Zeit, für Kennedy einen Einakter zur Publikation im San Juan Star zu schreiben.

      1. Oktober 1959

      2437 Ransdell Ave.

      Louisville 4, Kentucky

      Mein lieber Schreiberling,

      hier ist Ihr Stück, Kumpel, und ich bin der Erste, der seine Beat-Generation-Kappe ablegt, wenn Sie den Mumm haben, es zu veröffentlichen.

      Es ist nicht exakt das – so hoffe ich –, worum Sie mich gebeten, was Sie erwartet hatten. Sie wissen genau wie ich, dass dieses Thema nicht auf »ungefähr drei zweispaltigen Seiten« abgehandelt werden kann. Und deshalb habe ich mir überlegt, dass dies die beste Form dafür ist: ein grobschlächtiges Drama der niederen Art. Natürlich ist es eine Farce, wenn auch eine, die es in sich hat; und ich denke, der Text spricht für sich. Sie sagten mir, ich könne so kontrovers sein wie ich möchte, und ich habe Sie beim Wort genommen.

      Sie könnten die Ironie, die da drinsteckt, noch befördern, indem Sie mein Drama verhackstücken, damit es in eine Raumkapsel passt. Es würde mich kein bisschen wundern, wenn Sie das täten, also sage ich Ihnen hiermit: Wenn Sie es nicht so bringen wollen, wie es ist, dann schicken Sie es mir wieder. Und seien Sie sich darüber im Klaren, dass Sie mich in diesem Fall nicht nur in meiner Skepsis, sondern auch in meiner Kritik bestärken würden.

      Wenn Sie sich aber entscheiden, es zu veröffentlichen, würde ich mich sehr freuen, wenn Sie mir fünf Belegexemplare zusenden. Die Kosten können Sie mit dem Scheck für das Drama verrechnen. Machen Sie das ruhig so, die Unkosten nehme ich gerne in Kauf.

      Sie СКАЧАТЬ